Lebensmittelindustrie : Traditionsreiches Sekthaus Schlumberger verlässt Wien

Ein weiterer Produktionsbetrieb verlässt den Wiener Standort. Das Sekthaus Schlumberger wird seine fast 170 Jahre alte Produktionsstätte in Wien Heiligenstadt ab Mitte 2019 schrittweise auflassen und nach Müllendorf ins Burgenland verlagern.

Das zweite Werk in Bad Vöslau bleibt vorerst bestehen, doch auch dieses dürfte nach Müllendorf wandern. Die Kellerwelten sowie die Firmenzentrale bleiben hingegen in Wien.

Eine Produktionsabwanderung aus Wien ist bei Schlumberger schon länger ein Thema. Es sei nicht wirtschaftlich, an zwei Standorten zu produzieren, eine Zusammenlegung beider Werke in Bad Vöslau wäre sinnvoll, hatte Schlumberger argumentiert. In Niederösterreich hatten sich bereits zahlreiche Politiker in Stellung gebracht, um Schlumberger zu einem Ausbau am Standort Bad Vöslau zu ermuntern.

Nun ist die Wahl auf das Burgenland gefallen. "Wegen der Größe und natürlich des Preises", räumte Schlumberger-Chef Eduard Kranebitter am Montag im Gespräch mit der APA ein. Schlumberger hat das 122.000 Quadratmeter große Grundstück auf der Grünen Wiese dem Land Burgenland abgekauft. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, das gesamte Investment liege bei über 50 Mio. Euro, so Kranebitter.

Die gesamte Fläche wird Schlumberger zu Beginn gar nicht brauchen. "Es ist genug Platz. Wir evaluieren daher mittelfristig eine Verlagerung von Bad Vöslau nach Müllendorf", kündigte der Schlumberger-Chef an.

Baubeginn des neuen Werkes ist Mitte 2018. Die Fertigstellung sei "vor dem Sommer 2020" geplant. Die Übersiedlung von Wien nach Müllendorf nahe der burgenländisch-niederösterreichischen Grenze beginnt Mitte 2019. Die 25 bis 30 Wiener Produktionsmitarbeiter müssen dann pendeln. Für die tägliche An- und Rückreise sei ein Shuttlebus geplant.

Immobilienspekulationen treiben die Hersteller aus den Städten

Das Sekthaus ist mit der Stadt Wien in Gesprächen, was mit der aufgelassenen Produktion passiert. Neben dem Ausbau der Kellerwelten als Touristenattraktion sei auch ein Umbau in Wohnungen ein Thema. Die Umwidmung für den Wohnbau hat sich auch für andere Produktionsbetriebe schon bezahlt gemacht. Der Durchschnittspreis für neue Eigentumswohnungen in Wien ist laut OeNB-Wohnimmobilienpreisindex in den vergangenen zehn Jahren um rund zwei Drittel gestiegen.

Der entscheidende Faktor, den auch die Politik nur begrenzt beeinflussen kann, ist die Explosion der Grundstückspreise in Wien - getrieben durch massive Kapitalüberschüsse bei Finanzfirmen und die Nullzinspolitik der Zentralbanken, was wiederum eine Reaktion auf die Finanzkrise seit 2008 zu sehen ist.

Entsprechend lukrativ ist für die Betriebe in Wien der Verkauf von Gewerbeimmobilien geworden. Der Durchschnittspreis für neue Eigentumswohnungen in Wien ist laut OeNB-Wohnimmobilienpreisindex in den vergangenen zehn Jahren um rund zwei Drittel gestiegen.

Mehr dazu hier:

Lebensmittelhersteller kehren Wien den Rücken >>

Hersteller: "Bei Kapazitäten in Wien an unsere Grenzen gestoßen"

Das lässt Schlumberger allerdings nicht gelten und macht statt dessen die Wiener Politik für die Abwanderung verantwortlich. "Die haben uns immer unterstützt", meinte Kranebitter zwar, fügt aber hinzu. "Wir sind in Wien an unsere Grenzen gestoßen - sowohl bei der Produktionskapazität als auch bei der Verkehrssituation. Das ist nicht wirtschaftlich."

Die städtische Wiener Wirtschaftsagentur stand mit dem Sektproduzenten in Kontakt und half bei der Suche nach einem geeigneten Grundstück in der Bundeshauptstadt, wie eine Sprecherin der APA berichtete. Die Vorstellungen, was Größe und Preis betreffe, seien für einen hoch entwickelten Standort wie Wien jedoch nicht umsetzbar gewesen. Man sei jedoch erfreut, dass die Zentrale in Wien bleibe.

INDUSTRIEMAGAZIN-Eckdaten zum Unternehmen:

Schlumberger Aktiengesellschaft >>

Schlumberger hat im vergangenen Jahr 177,5 Mio. Euro umgesetzt und ein Betriebsergebnis (EBIT) von 4,7 Mio. Euro gemacht. Das Jahresergebnis belief sich auf 2,5 Mio. Euro. Das Unternehmen produziert im Jahr zwischen 6 und 7 Millionen Flaschen Sekt. (apa/red)