Fusion : Thyssenkrupp und Tata schmieden neuen europäischen Stahlriesen

Sie ist erstellt, die lang besprochene Grundsatzvereinbarung: Thyssenkrupp und Tata Steel schließen ihre europäischen Stahlaktivitäten in einem 50/50-Joint Venture zusammen, und wollen damit eine „starke neue Nummer Zwei im europäischen Stahlmarkt schaffen“. Der endgültige Vertrag soll Anfang 2018 unterzeichnet werden, so Thyssenkrupp, Ende 2018 soll die Fusion endgültig vollzogen sein.

Dieser Zusammenschluss kostet allerdings tausenden Menschen ihre Jobs: Bei beiden Konzernen sollen je 2000 Stellen wegfallen. Die insgesamt 4000 Jobs betreffen zur Hälfte den Verwaltungsbereich, die andere Hälfte wird in der Produktion abgebaut werden müssen, so die Unternehmen.

Die neue Gesellschaft, die "thyssenkrupp Tata Steel" heißen wird, soll ihren Sitz in den Niederlanden haben. Thyssenkrupp und Tata beabsichtigen je 50 Prozent der Anteile zu halten. Nach dem Zusammenschluss kommt das Unternehmen erst einmal auf rund 48.000 Mitarbeiter an 34 Standorten - wovon 27.000 von Thyssenkrupp kommen. Die Versandmengen des Joint Ventures würden bei etwa 21 Mio Tonnen pro Jahr liegen. Dem Zusammenschluss muss der Aufsichtsrat des deutschen Konzerns noch zustimmen.

Thyssenkrupp soll dabei den Geschäftsbereich Steel Europe in das geplante Joint Venture einbringen, außerdem ist im Gespräch, den Bereich BThyssenkrupp MillServices & Systems GmbH, die stahlwerksnahe Dienstleistungen erbringt und zum Geschäftsbereich Materials Services gehört, in das Gemeinschaftsunternehmen zu überführen. Tata würde sämtliche Flachstahlaktivitäten in Europa einbringen.

So soll die Fusion aussehen

In den ersten Jahren wollen sich die Joint-Venture-Partner darauf konzentrieren, das Gemeinschaftsunternehmen aufzubauen und Synergien zu realisieren: Diese kämen unter anderem aus einer Integration von Vertrieb, Verwaltung, Forschung und Entwicklung, einer gemeinsamen Optimierung von Einkauf, Logistik und Servicecentern sowie einer verbesserten Auslastung der Weiterverarbeitung zustande. Die Joint-Venture-Partner erwarten dabei Synergien von 400 bis 600 Mio Euro jährlich.

Ab dem Jahr 2020 soll zudem das Produktionsnetzwerk mit dem Ziel einer Integration und Optimierung der Fertigungsstrategie für das gesamte Joint Venture überprüft werden. Die Optimierung wäre auch von zahlreichen externen Faktoren abhängig, unter anderem dem Ausgang der Brexit-Verhandlungen. Weitere externe Parameter wären die Entwicklung regulatorischer Rahmenbedingungen, etwa beim Emissionsrechtehandel oder in der internationalen Handelspolitik.

Fusion ruft Proteste hervor, die es zuvor noch nicht gegeben hat

Arbeitnehmervertreter warnen dabei seit Beginn der Verhandlungen vor den „erheblichen Risiken“, die eine Fusion der Stahlsparten mit sich bringen würde. Nun warnen sie vor der "drohenden vollständigen Filetierung des Konzerns mit noch dramatischeren Konsequenzen für die Arbeitsplätze in allen Bereichen“. Betriebsrat und IG Metall hatten vor dem Hintergrund möglicherweise drohender massiver Einschnitte bei Standorten und Beschäftigten bereits heftigen Widerstand gegen den Plan angekündigt. Für diesen Freitag haben die Arbeitnehmervertreter zu einer Protestkundgebung in Bochum aufgerufen, zu der mindestens 5.000 Stahlkocher erwartet werden. Die Arbeitnehmervertreter hatten zudem angekündigt, bei einer möglichen Abstimmung im Aufsichtsrat geschlossen gegen ein Zusammengehen mit dem indischen Konkurrenten stimmen zu wollen. Ein solches Votum wäre ein Novum in der Konzerngeschichte.

Thyssenkrupp-Konzernchef Heinrich Hiesinger hatte in der Vergangenheit vor dem Hintergrund weltweiter Überkapazitäten jedoch immer wieder die Notwendigkeit einer weiteren Konsolidierung betont. „Wir gehen nun die strukturellen Herausforderungen der europäischen Stahlindustrie an und schaffen eine starke Nummer Zwei“, so Hiesinger. Auch ohne einen solchen Zusammenschluss seien Einschnitte notwendig. Eine von dem Betriebsrat genannte Zahl von 4.000 von der Streichung bedrohten Stellen hatte das Unternehmen zurückgewiesen, ohne jedoch eigene Angaben zu machen. (apa/dpa/red)