Deutschland : Teilprivatisierung von Autobahnen: SPD blockt Schäubles Pläne ab

Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) blockiert die Privatisierungsvorschläge seines Finanzminister-Kollegen Wolfgang Schäuble (CDU) für die Autobahnverwaltung. Gabriels Ministerium habe sich "in der Ressortabstimmung vorbehalten, weitere Stellungnahmen abzugeben", zitierte die "Süddeutsche Zeitung" eine Sprecherin.

Damit sind die ursprünglichen Pläne gescheitert, nach denen bis Ende vergangener Woche eine Einigung in der Regierung über die Pläne zu einer entsprechenden Grundgesetzänderung erzielt werden sollte. Dem Bericht zufolge sollen nun in der laufenden Woche "hochrangige" Treffen laufen, um die Streitigkeiten auszuräumen.

Infrastrukturgesellschaft ähnlich der Asfinag

Bund und Länder hatten Mitte Oktober vereinbart, eine Infrastrukturgesellschaft zu gründen, die sich um Bau, Planung und Betrieb der deutschen Autobahnen und einiger Fernstraßen kümmern soll. Während die Autobahnen selbst nach den vorgelegten Gesetzesplänen "unveräußerlich" im Besitz des Bundes bleiben sollen, ist umstritten, ob und wenn ja in welchem Maße sich private Investoren an der Autobahngesellschaft beteiligen können sollen.

Wirtschaftsminister Gabriel sagt dazu bisher Nein und auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt will die Gesellschaft im Besitz des Bundes halten. (APA/Reuters/red)

Bund und Länder in Deutschland sind sich einig, dass eine zentrale Gesellschaft künftig Deutschlands Fernstraßen finanzieren, planen und bauen soll. Doch der CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble setzt dabei auch auf private Investoren - davon will SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel nichts wissen.

Der deutsche Finanzminister Schäuble treibt seine Pläne voran, das Autobahnnetz in Deutschland teilweise zu privatisieren. Nach "Spiegel"-Informationen warb er jetzt im Haushaltsausschuss des Bundestags für die Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft, die den Bau und Betrieb der Autobahnen übernehmen und private Investoren daran beteiligen soll.

Schäuble: Finanziers sollen mitverdienen

Eine knappe Mehrheit der neuen Gesellschaft will der CDU-Mann aber beim Bund belassen. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur in Berlin bestätigt. Der Koalitionspartner SPD sowie die Opposition lehnten die Pläne ab. Ohne die SPD bekommt Schäuble keine Grundgesetzänderung für die Pläne.

Die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, Beate Baron, sagte der dpa, die Position von Minister Sigmar Gabriel (SPD) sei ganz klar: "Es wird weder eine Privatisierung von Straßen noch der Bundesfernstraßengesellschaft geben."

Bundesregierung und Länder hätten sich am 14. Oktober darauf geeinigt, dass das bestehende System der Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen reformiert werden soll "und Autobahnen und Straßen im unveräußerlichen Besitz des Bundes verbleiben". Das werde auch im Grundgesetz so festgeschrieben.

Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte der dpa, die Gespräche von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) mit den Staats- und Senatskanzleien der Länder liefen noch. Er könne dazu nichts sagen.

Unionssprecher: "Keine Notwendigkeit für Beteiligung privater Unternehmen"

Zurückhaltend äußerte sich der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU). "Ich persönlich sehe keine Notwendigkeit, private Unternehmen an der Bundesautobahngesellschaft zu beteiligen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er wies aber darauf hin, dass es in der Unions-Fraktion dazu noch keinen Konsens gebe.

Derzeit gibt der Bund das Geld für Autobahnen und Bundesstraßen, während die Länder fürs Planen und Bauen zuständig sind. Die Länder hatten sich Mitte Oktober bereit erklärt, dass eine zentrale Gesellschaft künftig Deutschlands Fernstraßen finanzieren, planen und bauen soll. Dafür muss Artikel 90 des Grundgesetzes geändert werden.

SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: "Eine Änderung des Grundgesetzes wird es nur mit einer doppelten Privatisierungsbremse geben. Das hundertprozentige unveräußerliche Eigentum des Bundes muss für die Infrastruktur wie auch für die Gesellschaft im Grundgesetz festgeschrieben werden."

Schäubles Pläne sähen die Option vor, bis zu 49,9 Prozent der Gesellschaft an private Investoren zu veräußern, schreibt der "Spiegel" unter Berufung auf ein vertrauliches Papier vom 19. Oktober. Das käme der Banken- und Versicherungsbranche entgegen, die einen besseren Zugang zu Infrastrukturprojekten fordert. Denn wegen der niedrigen Zinsen suchten die Finanzinstitute langfristige Anlageformen mit sicherer Rendite.

"Ein Milliardengeschenk für Banken und Versicherungen"

Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler, sagte dem Magazin: "Schäuble will Banken und Versicherungen ein Milliardengeschenk machen." Der Frankfurter Verfassungsrechtler Georg Hermes sprach von einer "schleichenden Privatisierung" des Fernstraßennetzes.

Das von CSU-Minister Alexander Dobrindt geführte Verkehrsministerium erklärte, der vom "Spiegel" zitierte Entwurf vom 19. Oktober entspreche keinem aktuellen Stand. "Derzeit werden Inhalte zur Autobahngesellschaft/Infrastrukturgesellschaft erarbeitet. Mit einem Entwurf für die Besprechung mit den Ländern kann voraussichtlich nächste Woche gerechnet werden."

"Privatisierungswahn" versus "Wahrung des öffentlichen Eigentums"

Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Sontowski beklagte sich schriftlich über zu langsame Arbeit des Verkehrsministeriums und den Bruch von Verabredungen. Der Brief ging an Altmaier, Verkehrs-, Finanz-, Innen- und Justizministerium.

Linksfraktionsvize Jan Korte kritisierte, wenn die Autobahnen in die Privatwirtschaft überführt würden, wäre der "Privatisierungswahn" auf die Spitze getrieben. "Hier sollen Milliardengeschenke für Banken und Versicherungskonzerne organisiert werden, Bürger und Bürgerinnen zahlen dafür." Es gehe um die Wahrung öffentlichen Eigentums. (dpa/apa/red)