Powerfrauen : Technik-Managerinnen bei Siemens, Infineon und Kapsch: Die Berufenen

Kapsch Components Szabo Martina
© Kapsch Components

Ihre Viten sind gespickt von beruflichen Erfolgen. Als Techniker (oder Ökonomen mit Technikschlagseite) sind sie - wichtig in der Industrie - mehr nüchterne Analytiker als esoterische Sphäriker. Dazu kommt eine gehörige Portion Mut: Dem digitalen Wandel verpflichtet, brechen sie in ihren Organisationen mit so manchem Tabu. INDUSTRIEMAGAZIN hat nach den besonders disruptiven Kräften in der heimischen Industrie gesucht - und wurde fündig.

Die Agile: Noémi Fenyövári

Sie hat im Siemens-Konzern bereits eine steile Karriere hingelegt. Als Verantwortliche der CEE-Kraftwerksleittechnik macht sie jetzt bei der Digitalisierung Tempo.

Keine Frage, der Enthusiasmus für akademische Bildung war ihr von den Eltern in die Wiege gelegt: "Eine gute Ausbildung war ein Stück weit die Erwartungshaltung in der Familie", erzählt Noémi Fenyövári. In ihrer Heimatstadt Budapest studierte sie Finanzwissenschaft, es folgte ein Job im ungarischen Finanzministerium. Eine höchst spannende Zeit, "der ungarische Beitritt zur EU stand damals am Tapet", sagt Fenyövári. Ein wenig später startete bereits ihre Laufbahn bei Siemens, wo ihr in jungen Jahren schon leitende Funktionen zugedacht wurden: Beim Aufbau des neuen Geschäftsfeldes Labscreen Diagnostic im Siemens-Konzern war sie mitten im Geschehen, 2006 nahm sie bei Siemens in Ungarn die Position der kaufmännischen Leiterin der medizinischen Business Unit an. Heute arbeitet sie in einem gänzlich anderen Geschäftsfeld - und abermals ein paar Hierarchieetagen höher: Von Wien aus leitet sie - nach jahrelanger Verantwortung im Business Controlling der Organisation - das CEE-Geschäft für Kraftwerksleittechnik. Ein "sehr technisches, internationales Thema", sagt sie, bei dem ihr "interkulturelle Sensibilität" und Fingerspitzengefühl in strategischen Fragen als Tugenden zugute kommen. Gesellschaft, Klima, Digitalisierung seien die großen bestimmenden Themen dieser Zeit. Dass sie bei Kundenmeetings als einzige Frau am Tisch sitze, komme mitunter vor - ihr Brötchengeber setze auf Diversität. Wie auch Fenyövári selbst, die in ihrer Kindheit auf Wettkampflevel schwomm und heute noch gern frühmorgens ein paar Längen zurücklegt: Sie ist aktuell eine der Teilnehmerinnen im Siemens-Europe-eigenen Frauen-Leadership-Programm, das heuer in die zweite Runde geht.

Die Qualitätsbewusste: Daniela Pinczolits

Ab April Leiterin des Qualitätsmanagement Frontend bei Infineon, stellt sie die Fertigungsstabilität in Villach sicher - in zunehmend größerem Ausmaß auch mit KI.

Labors, in denen es raucht und brodelt, fand Daniela Pinczolits schon als Gymnasiastin anziehend. Nicht überraschend fiel dann ihre Studienwahl aus: Technische Chemie in Wien, nach dem Abschluss Einstieg bei Infineon als Einzelprozesstechnikerin, wo sich ihre Sorge, fortan weniger mit Menschen als mit Reagenzgläsern zu tun haben, gleich nachhaltig zerstreute: "Von Beginn an war ich mittendrin im Wafer-Produktionsumfeld", sagt Pinczolits. Später verlagerte sie mit ihrem Gatten - ebenfalls Infineon-Mitarbeiter - ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt für vier Jahre nach Malaysia. Zu den zwei Kindern kamen zwei weitere hinzu. Zurück in in Villach, bezog Pinczolits die Position des Site Koordinators für Statistische Prozesskontrolle. Ein wertvoller Perspektivenwechsel, wie sie einräumt: "Ich bin nicht sicher, ob ich ohne den Wechsel in die Statistik je eine Managementfunktion in Betracht gezogen hätte", sagt sie. Seit 2015 leitet sie den Bereich, heuer, im April, übernimmt Pinczolits die Leitung des gesamten Qualitätsmanagement Frontend am Standort Villach. Der Fertigungsstabilität, aber auch dem weiten Feld der Künstlichen Intelligenz gilt das Augenmerk. "Qualitätsingenieure leben von Daten", so Pinczolits. Tendenziell sei die Halbleiterei schon eher eine Männerdomäne, dass Frauen in der Technik aufrücken, ist ihr ein Anliegen, wenn die Leistung stimmt. Ihr Credo: "Wenn nun mein Job in der Prozesskontrolle nachbesetzt wird, soll der oder die fähigere ihn bekommen", sagt sie.

Die Taktgeberin: Martina Szabo

Sie arbeitet seit 2003 im Wiener Kapsch-Components-Werk - und hat seither einige Effizienzsprünge in die Wege geleitet.

Der Januar im Leben eines Fertigungsleiters fällt in der Regel arbeitsreich aus. Das ist bei Martina Szabo nicht anders, Budget- und Auslastungplanung stehen zum Jahresbeginn auf dem Programm, dazu der Takt der Produktion, man verfügt über einen recht lückenlos gefüllten Kalender. Die Entscheidung vor fünf Jahren, im Kapsch-Components-Werk in Wien-Liesing die Stelle der Fertigungsleiterin anzutreten, hat sich die gebürtige Burgenländerin, die nach dem Besuch der Höheren Lehranstalt für Wirtschaft einen FH-Studiengang für Produktions- und Automatisierungstechnik absolvierte, nach eigener Aussage "nicht leicht gemacht". Doch das Unternehmen und dessen Werte haben sie überzeugt, nach ihrer Arbeit in der technischen Arbeitsvorbereitung und später als Abteilungsleiterin noch mehr Verantwortung zu übernehmen: Das Betätigungsfeld erachtet die Prokuristin als höchst spannend, der Zusammenhalt im Wiener Werk sei "toll" und auch in Sachen Diversität habe der Konzern einiges vorzuweisen - Stichwort Frauenförderunginitiative der Konzernmutter Kapsch TrafficCom. Zu ihren Leibthemen in der Produktion zählt KVP und die Steigerung der Ressourceneffizienz - und natürlich ist beim Elektronikbaugruppenfertiger der Grad digitaler Reife dank MES und echtzeitfähigen Systemen in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt und wird es weiter tun. Ausgleich sucht Szabo vom Stress des Alltags im familiären Umfeld - "es zieht mich dann in die Natur", sagt sie.

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