Oberösterreich : Tausende Menschen gehen wegen MAN Steyr auf die Straße

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© FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Kämpferisch haben sich die von der Schließung ihres Werks bedrohten MAN-Beschäftigten und die Gewerkschaft in Steyr gezeigt. Laut Betriebsrat nahmen über 4.000 Leute an dem öffentlichen Warnstreik teil, der Tenor: "Steyr hat das nicht verdient." Wut über die Vorgehensweise des Konzerns, Unverständnis, dass man einen profitablen Standort schließe, und Kritik, dass man Unterstützung des Bundes vermisse, prägten die Kundgebung.

Die Belegschaft marschierte zunächst vom Werksgelände in Richtung Stadtplatz, wo sie unter dem Applaus u. a. von Kollegen der voestalpine und von BMW empfangen wurde. Dort machte man dem Zorn angesichts des drohenden Verlusts von 2.300 Jobs mit kämpferischen Parolen Luft, laute Hupen und Tröten unterstützten die Demonstranten akustisch.

"Die Deutschen wollen uns an den Pelz, da werden wir dagegenhalten", gab sich der Vorsitzende der Gewerkschaft PRO-GE, Rainer Wimmer, entschlossen. Man werde nicht zulassen, dass "6.000 Familien in der Region, da sind die MAN-Zulieferer mit eingerechnet, um ihre Existenz gebracht werden."

Den Gewerkschaften gefallen Pläne der Ministerin Schramböck nicht

Derzeit führt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) Gespräche über ein mögliches Konsortium aus österreichischen Unternehmen, das den Standort übernehmen und dort etwas anderes produzieren könnte. Details: MAN Steyr: Ministerin Schramböck wünscht "österreichische Lösung" >>

Den Gewerkschaftern gefällt der Plan der ÖVP-Ministerin gar nicht. Rainer Wimmer sagt: "Wir wollen keine Schüsserln, Gummiringerl und Kochlöffel produzieren, sondern Lkw." Auch GPA-djp-Vorsitzende Barbara Teiber kritisierte die Vorgehensweise der Ministerin. Schramböck habe sich bisher noch nicht beim Betriebsrat gemeldet.

ÖVP-Landesrat: "Warum fängt MAN dort an, wo Gewinne erwirtschaftet werden?"

Der oberösterreichische Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) betonte: "Wir haben alle miteinander dasselbe Ziel: eure Arbeitsplätze in Oberösterreich abzusichern." Er rief den Mutterkonzern VW auf, "nicht den nächsten großen Fehler nach dem Dieselskandal zu machen". Er habe in einer Videokonferenz mit MAN-Vorstandschef Andreas Tostmann in dieser Woche immer noch keine Antwort bekommen, "warum man, um gegen Verluste anzukämpfen, dort anfängt, wo man Gewinne macht", so Achleitner. Der oberösterreichische AK- und ÖGB-Präsident Johann Kalliauer schlug in eine ähnliche Kerbe und verwies darauf, dass "VW einst ein Flaggschiff gewesen ist" und nun seine Reputation verspiele.

MAN Steyr droht Ende 2023 die Schließung

Der Steyrer Bürgermeister Gerald Hackl (SPÖ) unterstrich die Bedeutung des Standorts für die ganze Region und übte harsche Kritik am Management. "Diktatorische Abgehobenheit" habe es bisher noch nicht bei MAN gegeben, das habe die Belegschaft nicht verdient, so der Stadtchef. 25 Bürgermeister der Region hätten sich solidarisiert, die MAN-Belegschaft führe den Kampf nicht allein, versicherte Hackl.

Im September hatte das Management des MAN-Konzerns die Standort-und Beschäftigungsgarantie für Steyr mit seinen 2.300 Mitarbeitern aufgekündigt. Ende 2023 droht damit die Schließung. Betriebsrat und Gewerkschaft wollen gegen die Kündigung des Vertrags klagen - mit unklaren Erfolgsaussichten. In der Belegschaftsvertretung setzt man aber nach wie vor auf Dialog: "Wir hoffen, dass wir im November in die Verhandlungen einsteigen", so Kutsam. "Wir werden unsere Kräfte bündeln, und um jeden Arbeitsplatz kämpfen", versprach Arbeiter-Betriebsrat Erich Schwarz der Belegschaft.

Die drohende MAN-Schließung war auch Thema im Oberösterreichischen Landtag. Die SPÖ-Abgeordneten haben einen Initiativantrag gestellt, in dem sie die Landesregierung auffordern, Verhandlungen mit den Eigentümervertretern, dem Management und der Personalvertretung von MAN-Volkswagen aufzunehmen, um das Werk zu erhalten. Zudem solle die Bundesregierung auf EU-Ebene darauf hinarbeiten, dass der "Missbrauch der Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union durch das Verlagern profitabler Standorte wie MAN-Steyr in europäische Billiglohnländer" unterbunden wird, heißt es in dem Antrag.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Vida, Roman Hebenstreit, hatte schon vorab in einer Aussendung kritisiert, dass es die Bundesregierung verabsäumt habe, mit der Kurzarbeit Standortgarantien zu vereinbaren. "Wir haben jetzt den Schaden, und müssen mitansehen, wie unser Steuergeld als Boni ins Ausland fließt", so der Gewerkschafter.

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Ähnlich SPÖ-Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner, die sich ob "4.000-mal geballter Kraft" am Steyrer Stadtplatz beeindruckt zeigte. "Wir kämpfen, wir lassen uns nicht unterkriegen", versprach sie "Seite an Seite mit den Betroffenen" zu stehen, und monierte, es laufe etwas falsch, "wenn mit Staatshilfen und Förderungen Werksschließungen" passierten. Voraussetzung für staatliche Förderungen müsse eine Arbeitsplatzgarantie sein. Wenn Betriebe absiedelten, müssten sie jeden Cent zurückzahlen, forderte sie. Angestellten-Betriebsrat Thomas Kutsam kritisierte, dass er bis dato keine Unterstützung vom Bund erhalten habe. (apa/red)