Elektroautos : Streit im größten Komponentenwerk von Daimler

Der Streit über die Umstellung von Daimlers größtem Komponentenwerk Untertürkheim auf Elektroautos könnte ab Juli die Pkw-Produktion von Mercedes-Benz bremsen. Ohne weitere Zusagen an die Belegschaft zu Perspektiven für Entwicklung und Produktion von alternativen Antrieben werde der Betriebsrat ab 1. Juli keine Überstunden mehr zulassen, erklärte Betriebsratschef Wolfgang Nieke.

Dies könne auch zu Ausfällen in den Fahrzeugwerken führen, sagte Nieke nach einer außerordentlichen Betriebsversammlung. "Das Unternehmen muss merken, dass es jetzt ernst wird", ergänzte er. Beide Seiten seien noch auf Konfrontationskurs. Werksleiter Frank Deiß erklärte nach der Versammlung von rund 5200 Beschäftigten in der Stuttgarter Schleyer-Halle, das Management wolle die Verhandlungen mit dem Betriebsrat konstruktiv fortsetzen.

In Stuttgart-Untertürkheim, wo auch die Konzernleitung sitzt, arbeiten mehr als 19.000 Beschäftigte. Dort werden Motoren, Getriebe und Achsen produziert. Hintergrund des schon länger schwelenden Streits ist die Umstellung der Produktion auf den beschlossenen raschen Ausbau von Elektroautos bei dem Premiumhersteller. Bis 2025 soll rund ein Viertel des Absatzes auf Pkw mit Batterieantrieb entfallen. Da die Elektromotoren aus viel weniger Teilen bestehen als Verbrennungsmotoren, könnte das Komponentenwerk auf längere Sicht weniger Arbeit bieten.

Besonders wichtig für die Beschäftigung sei es, dass in Untertürkheim künftig das elektrische Antriebssystem entwickelt und produziert werde, erklärte Nieke. Die Werkleitung sei von ihrer ursprünglichen Zusage, das System in Untertürkheim zu fertigen, abgerückt.

Wie bei Daimler bei Entscheidungen über Investitionen und Produktionsstandorte üblich, verlangt das Management Zugeständnisse der Belegschaft, um Kosten zu dämpfen. Werksleiter Deiß pochte auf "wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen", damit das Werk den Einstieg in die Elektromobilität schaffe. So sollen die Beschäftigten laut Betriebsrat jährlich drei Qualifizierungstage von den Zeitkonten abziehen, was bei Auszahlung einem Verzicht von 650 Euro pro Mitarbeiter entspreche. Der Betriebsrat nannte das unakzeptabel. "Wir halten unser Angebot für fair und ausgewogen", erklärte Deiß dagegen. Zum Ausmaß eines möglichen Produktionsausfalls wollte sich das Unternehmen nicht äußern. (reuters/apa/red)