Manager-Autotest : Stefan Bergsmann testet den BMW X3 M: "Daran könnte man sich gewöhnen"

Manager Autotest BMW X3 M Stefan Bergsmann Horváth und Partner

Es war ein Freitag Mittag. Kein seltener, dem der Zauber des Unerwarteten und Expeditiven anheim liegt, sondern eher einer der Häufigen, wie sie in normalen Jahren wohl mindestens 40mal vorkommen. Nach einer Woche, vollgerammelt mit Terminen wie Omas Dachboden, treffen sich zwei bisher einander unbekannte Menschen für eine gemeinsame Ausfahrt mit einem Testwagen. Zumindest für österreichische Gepflogenheiten sind sie schon in der Komfortzone des Outlook-Kalenders, in der man auch mal ein bisschen Ineffizienz in Fortbewegung und Nahrungsaufnahme in Kauf nimmt. Ohne Mundschutz, ohne Helm mit Plexiglasscheibe und zur Wahrung der Infektionsdistanz muss nicht einmal einer von beiden im Kofferraum sitzen. An eben diesem 24. Jänner holt der Autor Stefan Bergsmann in der Praterstraße 31 ab, drückt ihm den Schlüssel eines unfassbar übermotorisierten BMWs in die Hand und sagt: „Fahren wir?“. Bergsmann kontert: „Gerne, aber wohin?“. Das Navi beantwortete die Frage: in die Amundsenstraße 10. Dort sind die Tische mit weißem Tuch und die Straßen dorthin mit jenem Kopfsteinpflaster gedeckt, das schon Generationen von Autofahrern neckte, einmal herauszufinden, was wahr an den Werbeversprechen der PKW-Hersteller ist.

https://www.youtube.com/watch?v=0Dlowd5D7vU|Soundprobe: So klingt er von außen - ganz leugnen kann der X3 seine rasanten Gene auch akustisch nicht... ]

Also, zuerst einmal zur „Freude am Fahren“: Testobjekt ist ein BMW X3 M. Für eilige Leser: an diesem Akronym kommt es auf den nachgestellten Buchstaben „M“ an. Der ist für Bayern wie Wiesn, Weihnachten und Ostern in einem, also ein ohnehin nicht fader BMW auf Dauerparty. In diesem Fall als „Competition“, angetrieben durch einen 3-Liter-Reihensechszylinder mit 510 PS, 600 Newtonmetern und Drehmoment und so ziemlich allem, was jemals zur automobilen Fortbewegung an Technik erfunden wurde.

Sichere Leistung

Der Wagen entspricht den Neigungen des Testers: „Ich fahre sehr wenig Auto, aber wenn ich fahre, dann möchte ich eigentlich auch ein bisschen Spaß dabei haben“, sagt Bergsmann, der im Alltag die Geschäfte der Unternehmensberatung Horváth und Partner in Österreich leitet. Die Vergnüglichkeit in der Fortbewerbung bringt dem Geschäftsführer ein BMX X6, der größere und gestümere Bruder des Testboliden. In der privaten Garage steht ein MG, Baujahr 1961. Der erfüllt auch das wichtigste Kriterium für die Motorisierung: „Ein Auto muss gut wegziehen und es muss Sicherheit beim Überholen geben.“ Das kann der Testwagen zweifelsohne. BMW ist zufällig auch ein guter Kunde von Horváth & Partners in Deutschland, aber das tut hier nichts zur Sache.

https://www.youtube.com/watch?v=CM3-y-RVsPw|...und so klingt der X3 von Innen.]

Wir setzen uns im Freitag-Mittags-Verkehr in Bewegung und Bergsmann erzählt, was ihn bewegt: „Wir kommen ursprünglich aus dem Bereich Controlling & Finance, aber mittlerweile machen wir zu 50% Prozessoptierung.“ Seine Kunden stammen zu 75 Prozent aus der Industrie. Der beraterische Dauerbrenner Kostensenkung füllt ebenso die Bücher von Horváth & Partners, wie die Digitalisierung oder die Umstellung auf SAP S/4. Derzeit beschäftigt man 35 Mitarbeiter in Österreich vorwiegend für den heimischen Markt, bei Bedarf wird Expertise und Kapazität eingeflogen – so war es zumindest noch bis im Februar. An der Strategie hat sich nichts geändert, zeitweilig ist nur das Verkehrsmittel ebenfalls digitalisiert. In fünf Jahren sollen es um die 50 MitarbeiterInnen sein, die Betonung liegt auf den Innen: „Wir haben wie alle großen Beratungshäuser das Thema, dass wir mehr Frauen für unsere Tätigkeit gewinnen wollen.“

Bei unserer Ausfahrt war das Thema noch ungelöst, die Herren waren vorerst noch unter sich und damals noch legal einnehmbare Mittagessen in einem Restaurant an der Höhenstraße regt Bergsmann an: „Vermutlich wird man in fünf Jahren nur mehr mit Elektrofahrzeugen in die Städte fahren dürfen. Wenn autonomes Fahren tatsächlich marktreif ist, wird eine der spannendsten Fragen für die Hersteller sein, was mache ich dann mit der Zeit des Fahrers?“ Das ist vor allem bei einem so unvernünftigen Fahrzeug wie dem X3M eine gute Frage. Der schicke SUV kann das Fahrprogramm „bieder“ genau so gut wie „outlaw“. Von Null auf hundert braucht er 4,1 Sekunden und bleibt man am Gas, geht es munter weiter bis 285 Km/h. Vorwiegend kleine Buben zeigen mit dem Finger auf den Wagen, denn sie haben den Kennerblick für die großen Lufteinlässe an der Front, die den M von einem gewöhnlichen Einkaufs-SUV unterscheiden.

Extremes X

Ganz so extrem leistungsfähig hätte der Testwagen nicht gleich ausfallen müssen, gibt Bergsmann zu verstehen. Seine Fahrweise passt zu der Zurückhaltung, die der Manager auch im Gespräch an den Tag legt. „Was dieser Wagen kann, ist ohnehin jenseits dessen, was hier erlaubt ist“, sagt er. Die Karriere des gebürtigen Oberösterreicher belehrt die Kritiker von vermeintlich brotlosen geisteswissenschaftlichen Studien übrigens eines Besseren: ausgerechnet ein Kommilitone hat Bergsmann in die Unternehmensberatung gebracht. Seit 2004 arbeitet der heute 48jährige Doktor der Politikwissenschaft bei Horváth. Was das Anstrengendste im Leben eines Beraters ist? „Jedes Jahr wird der Zähler wieder zurückgestellt. Es gibt keine Daueraufträge und keine Abos für unsere Leistung. Das macht die Tätigkeit zwar immer spannend, aber zuweilen auch anstrengend“, sagt Bergsmann.

Wieder im Wagen studiert er interessiert die Fahrprogramme und digitalen Helfer im X3 und befindet, dass letztlich das Head-Up-Display eine der Errungenschaften ist, für die sich der Fortschritt wirklich gelohnt hat. Und die Sitze, über BMW selbst interessante Details zu vermitteln vermag: „Die Lehnenneigung kann elektrisch, die Lehnenbreite pneumatisch justiert werden“. Wer hätte das gedacht. Bergsmann bringt es auf den Punkt: „Die Sitze sind perfekt, sie geben eine gute Führung und sind trotzdem bequem.“

Rückfahrt

Der X3 M beschleunigt und bremst, beides mit beachtlicher Vehemenz und im Stil eines Sportwagens, der sich mit einem SUV-Gehäuse verkleidet hat. „Das ist alles sehr effektiv, man könnte sich daran gewöhnen“, sagt Bergsmann lächelnd. Stellt sich die Frage, was bedarf es, um in diese Gewöhnungsphase zu kommen? Man braucht etwa 130.000 Euro für unseren wohlausgestatteten Testwagen, ohne Competition-Paket rund 113.000 Euro für den normalen X3 M. Mit 10,5 Litern kombiniertem Normverbrauch lässt es sich tankbar fahren, die 239 g/km CO2-Ausstoss werden wohl eher schlecht mit den Firmenwagen-Policies der meisten Unternehmen in Einklang zu bringen sein. Aber sein M-BMW ist ja auch kein gewöhnlicher Wagen. Das hatten wir schon beim Einsteigen bemerkt. Wie besonders der Freitag Nachmittag war, das wissen wir jetzt.