Wirtschaftspolitik : Spitzentreffen der Autobranche in Berlin - CDU: Nicht nur Elektro

Deutschland muss beim Klimaschutz erheblich nachlegen - das gilt gerade für den Verkehr. Die Debatte darüber nimmt Fahrt auf und kann Folgen für Millionen Passagiere und Fahrzeugbesitzer haben. Montagabend lädt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Spitzentreffen zur Zukunft der wichtigen deutschen Autoindustrie, auf die es beim Kampf gegen Treibhausgase ebenfalls ankommt.

Die Spitze der CDU will sich mit Klimalösungen ohne "Bevormundung" positionieren. Die Linke im Deutschen Bundestag fordert, Milliardeneinnahmen aus der Lkw-Maut in Bahnstrecken und Wasserwege umzuschichten.

Bei dem Treffen zur Zukunft der Autoindustrie im Kanzleramt werden mehrere Minister, die Spitzen von Union und SPD sowie Vertreter der Branche und Gewerkschafter erwartet. Es geht um einen "informellen fachlichen Austausch", wie die Regierung vorab signalisierte.

Die Koalition hatte schon im März regelmäßige Spitzentreffen angekündigt, um die Branche fit für die Zukunft zu machen. Ziel der "Konzertierten Aktion Mobilität" soll sein, angesichts großer Veränderungen zu neuen Antrieben und computergesteuertem Fahren politischen Handlungsbedarf zu bestimmen. Dieser Wandel berührt auch die Arbeitswelt.

Der CDU-Bundesvorstand berät über ein Konzept, das auf neue Antriebsformen und einen besseren Mix von Mobilitätsangeboten zielt. "Wir lehnen es ab, Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen oder Verkehrsteilnehmer mittels Verboten zu bevormunden", heißt es in einem Papier von CDU-Bundesvize Thomas Strobl und Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann. Nicht zum Klimaschutzziel führe auch "staatlicher Dirigismus, der glaubt, detailliert festlegen zu können, wie, wo und mit welcher Technologie dies erfolgt".

Konkret solle der Staat nicht vorgeben, ob künftig mit synthetischen Kraftstoffen, Elektrobatterien oder Wasserstoff gefahren werde. "Selbst die Nutzung fossiler Ausgangsstoffe scheint mit neueren Verfahren zur Emissionsvermeidung weiterhin möglich", heißt es in dem CDU-Papier, das der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt. Zuerst berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag) darüber. Allein auf Elektromobilität könne man sich nicht konzentrieren.

Eine wichtigere Rolle soll die Schiene spielen. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) aus Sachsen sprach sich dafür aus, die Bahn von der Ökosteuer zu befreien, die rund 110 Mio. Euro im Jahr ausmache. Sie sei das umweltfreundlichste Verkehrsmittel und leiste "einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz", sagte er der dpa.

Der der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will eine Senkung der Mehrwertsteuer der Fahrkarten für ICE und Intercity von 19 auf 7 Prozent - als Teil eines Katalogs mit Klimaschutzvorschlägen. Um stärker auf die Bahn setzen zu können, mahnte jedoch am Wochenende die Konkurrenz Verbesserungen an. Die Fluggesellschaft Lufthansa dringe seit Jahren darauf, Kurzstreckenflüge innerhalb Deutschlands auf die Bahn zu verlagern, sagte Vorstandschef Carsten Spohr dem "Spiegel". Doch bisher gebe es "viel zu wenige zuverlässige und wettbewerbsfähige Angebote der Bahn".

Die Linke im Bundestag fordert eine "radikale Abkehr von der jahrzehntelang sehr betonlastigen Verkehrsfinanzierung", wie der Fachpolitiker Jörg Cezanne der dpa sagte. "Dem Klimawandel kann man nicht mit kosmetischen Korrekturen und ein paar Elektroautos begegnen." In einem Gesetzentwurf schlägt die Fraktion vor, die bisherige Zweckbindung der Lkw-Maut-Einnahmen von jährlich rund 7 Mrd. Euro allein für Verbesserungen der Autobahnen und Bundesstraßen grundlegend zu ändern.

Künftig solle das Geld nach Abzug von Kosten nur noch für "reine Erhaltungsmaßnahmen" der Fernstraßen verwendet werden - und daneben für den Neu- und Ausbau von Schienenwegen, Binnenwasserstraßen und Anlagen für kombinierte Gütertransporte per Schiff, Bahn und Lkw. Der Neu- und Ausbau von Fernstraßen würde so deutlich eingeschränkt, da er nur noch aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren wäre. Umstrittene private Finanzierungsmodelle von Autobahnen über öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) will die Linke demnach ebenfalls ausschließen. (dpa/apa/red)