Künstliche Intelligenz in der Produktion : So will Magna Steyr Maschinenausfälle vorhersagen

Titanilla Komenda von Fraunhofer Austria
© Fraunhofer Austria

Die Automobilproduktion ist ein hochgradig optimierter Industriezweig, in dem verschiedenste Fertigungsschritte nahtlos und in enger zeitlicher Abfolge aneinander anschließen. Jede Verzögerung einer Maschine wirkt sich unmittelbar auf alle folgenden und vorhergehenden Arbeitsschritte aus – entsprechend weitreichenden Schaden richten Stillstände durch Fehlfunktionen von Maschinen im Betrieb an. Solche Fehlfunktionen in Zukunft vorherzusehen und Stillstände zu verhindern, ist das Ziel des Projekts „Suspicion“. Projektleiter Fraunhofer Austria und die Projektpartner Joanneum Research und Craftworks werden Daten von Robotern des Automobilherstellers Magna Steyr analysieren und mittels KI mögliche Zusammenhänge zwischen Maschinenparametern und Ausfällen ermitteln. Gefördert wird das Forschungsprojekt durch das Horizon 2020 Programm der Europäischen Union.

Verdacht auf Maschinenausfall durch Sensordaten

Magna Steyr hat für das Projekt schon Vorarbeiten geleistet und in den vergangenen Monaten etliche Roboter mit den nötigen Sensoren zur Datenerfassung ausgestattet. „Wir haben schon angefangen, in diese Richtung zu arbeiten, aber ohne das ergänzende Know-How im Prozessmanagement, das Fraunhofer Austria einbringt, und ohne das zusätzliche technische Robotik-Wissen von Joanneum Research sowie das Wissen um KI von Craftworks würden wir bei weitem nicht so schnell vorankommen“, sagt Andreas Huber, Group Leader Automation Technology bei Magna Steyr. "Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und in Zeiten von strengen Zugangsbeschränkungen aufgrund von Covid-19 ist es essenziell, Robotik vermehrt in die Produktion zu integrieren und noch ausfallsicherer zu gestalten."

Suspicion – Verdacht – nennen Forscher unter der Leitung von Titanilla Komenda von Fraunhofer Austria das Projekt. Den Verdacht, dass ein Maschinenausfall unmittelbar bevorstehen könnte, erhalten die Projektpartner aus ihren Analysen von Sensordaten, die im Werk von Magna Steyr zehn Mal pro Sekunde alle wesentlichen Informationen über den Zustand des Roboters festhalten. Wie die Sensordaten genau mit der Ausfallswahrscheinlichkeit und der Art der Fehlfunktion zusammenhängen, welche Daten die meiste Aussagekraft besitzen, und welche Änderungen man im Betrieb und bei der Wartung der Maschinen vornehmen kann, um Fehlfunktionen zu verhindern, ist Gegenstand ihrer laufenden Forschungen. Schlussendlich soll eine Künstliche Intelligenz die Produktionsmitarbeiter vorwarnen, wenn die Sensordaten einen bevorstehenden Ausfall befürchten lassen.

Empfehlungen für die richtige Roboter-Einstellung

Doch auch im regulären Betrieb kann die Software wertvolle Hilfestellung bieten. "Wir sehen in unserer Arbeit mit Robotern, dass es den Menschen oft nicht leichtfällt, die geeigneten Parameter zu finden, unter denen der Roboter optimal funktioniert. Auch hier kann man ansetzen, um Fehlfunktionen im Vorhinein zu vermeiden", erklärt Projektleiterin Titanilla Komenda. "So wie ein modernes Auto dem Menschen vorschlägt, in den nächsthöheren Gang zu schalten um den Motor im richtigen Tourenbereich zu fahren, so wird unsere Software auf Basis unserer Ergebnisse Empfehlungen zu den richtigen Einstellungen für den Roboter abgeben. Denn oft sehen wir, dass zum Beispiel eine winzige Änderung in der Beschleunigung des Greifarms schon große Verbesserungen in der Lebensdauer bringen und Ausfälle vermeiden kann. Die KI wird ermitteln, wenn die Belastung zu groß und eine Fehlfunktion riskiert wird“, fügt sie hinzu.

Für Big Data braucht es Künstliche Intelligenz

Die Zusammenhänge sind komplex, und die zur Analyse benötigten Datenmengen groß. 5000 verschiedene Fehlerarten können bei einem typischen Punktschweiß-Roboter auftreten, zur Analyse müssen die Position aller Achsen des Geräts, sowie Beschleunigungen, Stromaufnahme und viele weitere Parameter aufgezeichnet werden. Etwa 80 Millionen Datenpunkte hat Magna Steyr bereits gesammelt. Für die Auswertung und Interpretation ist die Expertise der verschiedenen Projektpartner, sowie die Analysefähigkeit einer KI unverzichtbar.

Im Jänner 2021 sollen erste Ergebnisse vorliegen. In einer etwaigen zweiten Projektphase soll ein Demonstrator entwickelt werden, der in realen Umgebungsbedingungen arbeitet. Das Forscherteam rechnet damit, dass durch das Projekt am Ende seiner zweiten Phase eine um ein bis drei Prozent höhere Systemverfügbarkeit erzielt werden kann. Gleichzeitig können sich die Wartungskosten um 10-15 Prozent reduzieren.

Projektleiterin ist Speakerin bei "Future of Manufacturing"

Die Leiterin des Projekts von Fraunhofer Austria, Titanilla Komenda, wird am 13. Oktober auf der Future of Manufacturing über dieses und andere Projekte berichten.