Maßnahmen gegen die Coronakrise : So viel soll Österreich aus dem Wiederaufbaufonds der EU erhalten

EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
© Europäische Kommission

Es wurde viel gemunkelt und gerätselt rund um den EU-Weideraufbaufonds, nun hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen einen konkreten Rahmen vorgegeben: 750 Milliarden Euro sollen den EU-Mitgliedsstaaten für den Wiederaufbau nach der Coronakrise zur Verfügung stehen. Den Großteil davon sollen Spanien und Italien erhalten. Parallel dazu sieht die EU-Behörde angesichts der Coronakrise für die Jahre 2021 bis 2027 ein EU-Budget in Höhe von 1,1 Billionen Euro vor.

500 Milliarden Euro der Wiederaufbauhilfen werden als Zuschüsse verteilt, 250 Milliarden Euro als Kredite. Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark hatten auf rückzahlbaren Krediten bestanden. Bundeskanzler Sebastian Kurz sieht in dem Vorschlag der EU-Kommission einen "Startpunkt für die Verhandlungen". "Positiv ist anzumerken, dass die Zahlungen aus dem Wiederaufbaufonds zeitlich befristet sein sollen und sichergestellt ist, dass es dadurch keinen Einstieg in eine dauerhafte Schuldenunion gibt", erklärte Kurz. Was aber noch verhandelt werden müsse sei die Höhe sowie das Verhältnis zwischen Zuschüssen und Krediten, gab Kurz in einer schriftlichen Stellungnahme bekannt.

"Es ist naheliegend, dass die Südländer möglichst viel einfordern, dass die Visegrad-Staaten darauf schauen, dass Geld auch in den Osten Europas fließt. Genauso gibt es die Länder, die zahlen müssen, wie die Niederlande, die Schweden, die Dänen und wir. Wir sprechen uns daher aus Verantwortung gegenüber unseren Steuerzahlern klar für Kredite aus", erklärte Kurz.

Neue Einnahmequellen sollen Finanzierung gewährleisten

"Diese Zuschüsse sind eine gemeinsame Investition in unsere Zukunft" und hätten mit den Schulden der Vergangenheit nichts zu tun, sagte die EU-Kommissionschefin bei der Präsentation des Wiederaufbaufonds. Der EU-Haushalt habe immer aus Zuschüssen bestanden. Die EU-Kommission werde auch eine Ausweitung des Emissionshandels, eine CO2-Grenzsteuer und eine Digitalsteuer als neue Einnahmequelle für die EU vorschlagen. Die Kosten des Nicht-Handelns würden die EU viel teurer zu stehen kommen, so von der Leyen. Sie sieht den Wiederaufbau gleichzeitig als Schritt in Richtung eine "Union der Nachhaltigkeit" an. "Wir müssen das so angehen, dass die nächste Generation morgen davon profitiert", sagte Von der Leyen.

Der Aufbauplan verwandle die Herausforderungen der Coronakrise in eine Chance, sagte von der Leyen nach Angaben der EU-Kommission. "Dies ist Europas Moment." Insgesamt soll damit der EU eine "Feuerkraft" von 1,85 Billionen Euro zur Verfügung stehen, um den Motor der europäischen Wirtschaft wieder anzuwerfen. Über den Plan und das Mehrjahresbudget müssen sich die EU-Staaten einstimmig und mit dem Europaparlament einigen.

Österreich erhält vier Milliarden Euro an Zuwendungen

Der Großteil der Hilfen aus dem EU-Wiederaufbauplan der EU-Kommission soll an die beiden Corona-Krisenländer Italien und Spanien gehen. Wie aus internen Berechnungen der EU-Kommission hervorgeht, erhält nach dem Plan der EU-Behörde auch Österreich Zuwendungen in Höhe von 4,043 Mrd. Euro.

Von dem insgesamt 750 Mrd. Euro schweren "Nächste Generation EU" (eng. Next Generation EU) genannten Wiederaufbaufonds erhalten demnach Italien 172,745 Mrd. Euro und Spanien 140,446 Mrd. Euro. Dabei seien 81,807 Mrd. Euro als Zuschüsse an Italien und 77,324 Mrd. Euro als Zuschüsse an Spanien vorgesehen, der Rest sind als Kredite reserviert - im Falle Italiens 90,938 Mrd. Euro und bei Spanien 63,122 Mrd. Euro. Dazu würden noch nicht zugeteilte Programme kommen. Für Polen sind Hilfen im Umfang von 63,838 Mrd. Euro vorgesehen, für Frankreich 38,772 Mrd. Euro, für Deutschland 28,806 Mrd. Euro.

EU-Budgetkommissar Hahn will mit neuen Einnahmen Aufbauplan finanzieren

Laut dem Vorschlag der EU-Kommission sollen mit neuen EU-Eigenmittel die für den Corona-Aufbaufonds auf dem Kapitalmarkt aufgenommenen Gelder in Höhe von 750 Mrd. Euro zurückgezahlt werden. Innerhalb von dreißig Jahren könnten damit "mühelos" die Kredite bedient werden, sagte EU-Budgetkommissar Johannes Hahn am Mittwoch in Brüssel.

Die EU-Kommission will die zusätzlich für die Bewältigung der Coronakrise aufgenommenen Schulden ab 2028 und bis 2058 tilgen, wie Kommissionschefin Ursula von der Leyen erklärte. Das EU-Budget besteht aus den Beiträgen der EU-Mitgliedsländern und den sogenannten "Eigenmitteln", den direkten Finanzierungsquellen der EU.

Eigenmittel zielen nicht auf die Steuerzahler in der EU ab

Die neu von der EU-Kommission vorgeschlagenen Eigenmittel wie eine Digitalsteuer zielen laut EU-Kommissar Hahn nicht auf die Steuerzahler in der EU ab. "Sie stehen in Einklang mit unseren politischen Prioritäten und sollen der Steuergerechtigkeit dienen", beruhigte er. Die Einführung neuer Eigenmittel sei auch im Interesse der EU-Länder.

Laut Hahn könnte eine Ausweitung des Emissionshandelssystems auf Luft- und Seefahrt der Europäischen Union pro Jahr 10 Mrd. Euro einbringen. Geplant ist auch eine CO2-Grenzsteuer, die fünf und 14 Mrd. Euro jährlich lukrieren soll, bei einer Binnenmarktsteuer für große Unternehmen könnten in Abhängigkeit von ihrer Ausgestaltung rund 10 Mrd. Euro dazukommen. Werden Internetkonzerne mit einem globalen jährlichen Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro besteuert, könnten bis zu 1,3 Mrd. Euro pro Jahr von der EU eingenommen werden, hieß es am Mittwoch.

Die Abgabe auf nicht-wiederverwertete Plastikabfälle findet sich nicht in dem Vorschlag der EU-Kommission. Dies erklärte der Budgetkommissar Hahn damit, dass die sogenannte Plastikabgabe bereits im Entwurf für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021 bis 2027 enthalten sei.

"Sehr bekannte österreichische Position"

Die EU-Kommission hält ein überarbeitetes EU-Budget für die Jahre 2021 bis 2027 in Höhe von 1,1 Billionen Euro für notwendig, um die wirtschaftlichen Folgen des EU-Budgets zu bewältigen. Dazu kommen 750 Mrd. Euro des "Next Generation EU" genannten Wiederaufbauinstruments. Ermöglicht wird dies durch eine Anhebung des EU-Eigenmittelplafonds. Dabei handelt es sich um die Obergrenze für die Aufnahme von Geldern, die von den EU-Ländern besichert werden.

Hahn forderte dabei in einem Interview eine "mutige, schnelle und zukunftsorientierte Entscheidung" der EU-Staats- und Regierungschefs. Die von seinem Parteivorsitzenden Bundeskanzler Sebastian Kurz vertretene Ablehnung von nicht rückzahlbaren Zuschüssen im Rahmen des Corona-Hilfspakets nannte Hahn eine "sehr bekannte österreichische Position". Allerdings müsse es etwa "im ureigensten Interesse Österreichs sein, dass die italienische Wirtschaft schnell zu alter Stärke wiederfindet", weil dadurch nicht nur italienische, sondern letztlich auch österreichische Arbeitsplätze gesichert würden - "und so könnten wir das Land für Land durchgehen", meinte Hahn.

Für ihn und seine Kommissionskollegen wiederum sei es "unser tägliches Brot, am Ende einen vernünftigen Kompromiss zu finden", meinte der österreichische Kommissar. Letztlich handle es sich beim dem nun vorliegenden Kommissionsvorschlag um eine "gemeinsame Anstrengung, von der alle gemeinsam profitieren". (apa)