Fortbildung : So stemmen Sie mehr!

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Es war ein selbstbewusster Auftritt. Der IT-Manager des mittelständischen Maschinenbauers dachte gar nicht daran, sich berieseln zu lassen. Von Beginn an diskutierte er mit dem Vortragenden – zumindest auf Augenhöhe. Und was zunächst zu leichten atmosphärischen Irritationen führte, erwies sich bald als Segen für den Seminar-Ablauf: Es zeigte sich, dass die gesamte Gruppe aus ausgewiesenen Experten bestand, die einen für alle hochprofitablen Dialog führten.

„Ich erlebe immer häufiger, dass die Teilnehmer an Weiterbildungs-Angeboten durchaus auf dem Niveau der Vortragenden sind“, erzählt Christian Bayer, der Geschäftsführer der TÜV Austria Akademie. „Es geht also nicht nur um Lernen im engeren Sinn: Viele Mitarbeiter von Industriebetrieben kommen auch zu uns, um hier Gleichgesinnte zu treffen – Kollegen wie auch Mitbewerber.“ Für diese Teilnehmer sind dann möglicherweise nur drei oder vier der Botschaften wirklich entscheidend.“

Fokus versus Breite

Christian Bayer ist nicht der einzige Fortbildungsspezialist, der einen deutlichen Trend in Richtung Spezialisierung konstatiert. Um der Sparsamkeit ihrer Kunden in den vergangenen Krisenjahren zu begegnen, haben eine Reihe von Anbietern immer speziellere Fortbildungs-Formate entwickelt. Die meisten anderen Anbieter setzen seither verstärkt auf umfassendere Ausbildungen, die mit anerkannten Zertifikaten auch einen formalen Abschluss offerieren. Christian Faymann etwa, Teamleiter Bildungsmanagement im Wifi Österreich, meint: „Bei uns geht der Trend eindeutig in Richtung Lehrgänge und zertifizierte Abschlüsse – also in Richtung längerer Unterrichtseinheiten.“

Moderation statt Lehre – oder doch eher zweiter Bildungsweg? Welches der beiden Modelle macht letztlich zukunftsfit? Woran lässt sich erkennen, welche Fortbildungsangebote ihr Geld wert sind? Tipps mit denen auch Sie in Zukunft beruflich mehr stemmen!

Definieren Sie ihr Ziel!

Stellen Sie sich folgende Fragen: Was soll mit der Fortbildung erreicht werden? Und: Welche fachliche oder persönliche Schwachpunkte beseitigt werden?

Die Anweisung klingt banal, ist aber die oft vernachlässigte Grundlage für alle folgenden Überlegungen. Angesichts des nahezu unüberschaubaren Angebots steht vor der Wahl des richtigen Anbieters die Frage, was die Ausbildung überhaupt bringen soll. Michael Sturm, der Geschäftsführer des bfi, rät potenziellen Kunden dringend, diese Frage zunächst offen und ehrlich für sich selbst zu klären – „erst danach kommt meines Erachtens die Frage, welchen beruflichen Nutzen die Ausbildung haben soll. Und erst im dritten Schritt kommt der Anbieter ins Spiel.“

Klare Zieldefinition ist nicht nur auf der persönlichen Ebene entscheidend – sie ist vor allem auch eine Anforderung der Unternehmen. Manfred Hämmerle, der Geschäftsführer des Institute for International Research (IIR), beobachtet aufseiten der Firmen immer klarere Vorgaben: „Investiert wird, wenn ein deutlicher und sofort realisierbarer Nutzen glaubhaft gemacht werden kann. Dabei spielt die Dauer der Seminare eine geringere Rolle, als man vielleicht denkt.“ Ob Eintages-Seminar oder umfassender Kurs: Gebucht wird, wenn Mitarbeiter und Unternehmen davon profitieren.

Fokus oder Breite?

Je nach Karriereziel stehen grundverschiedene Fortbildungsformate zur Auswahl.

Die Schere öffnet sich also. Auf der einen Seite stehen immer fokussiertere Angebote, auf der anderen Seite längere Einheiten, die in anerkannte Abschlüsse münden. Die richtige Wahl zu treffen, spart mehr als Zeit und Nerven – es kann die berufliche Laufbahn beeinflussen. Wer in seine Position im Unternehmen stärken will, sollte über kürzere Formate nachdenken. „Zusatzqualifikationen werden immer wichtiger“, beobachtet Christian Bayer vom TÜV. Nachgefragt würden vor allem zusätzliche Weiterbildungskurse und Intensiv-Tage. „Die Menschen spüren immer stärker, dass sie nicht stehenbleiben dürfen. Sonst werden die Experten von heute die Historiker von morgen.“

Wer über einen Firmen- oder sogar Branchenwechsel nachdenkt, wird sich eher auf der anderen Seite wiederfinden. „Die Vermittlung von Grundlagen – in Form von Basisseminaren – wird ebenfalls vermehrt nachgefragt, da heute immer mehr Mitarbeiter ,Umsteiger ́ sind“, erzählt Elisabeth Vogl-Pillhofer, die Gründerin und Geschäftsführerin der Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft (ARS). Wer über einen Umstieg nachdenkt, sollte auch unbedingt darauf achten, ob die erworbene Qualifikation auch in anderen Branchen anrechenbar ist.

Die Anbieter scheinen auf intensives Nachfragen übrigens vorbereitet zu sein. „Bei neuen Kunden stellen wir durchaus fest, dass sie sich sehr gezielt nach dem Nutzen der Seminare und nach Referenzen erkundigen“, sagt ÖPWZ-Chefin Barbara Halapier.

Finanzierung klären!

Wer nicht signalisiert am Sprung zu sein, stößt zumeist auf überraschend offene Ohren.

Nicht alle Unternehmen kürzen ihre Budgets. „Manche sehen tatsächlich gerade jetzt den richtigen Zeitpunkt gekommen, in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren, vor allem die größeren Player“, bestätigt Christian Bayer das Klischee vom antizyklischen Agieren. Die Möglichkeiten der Finanzierung mögen sich verschoben haben – aber es gibt sie. Viele Firmen wüssten etwa immer noch zu wenig über die zahlreichen Fördermöglichkeiten. Und den Mitarbeitern raten die Experten, ihre Scheu abzulegen, im Unternehmen nach Finanzierungsmöglichkeiten zu fragen: Wer nicht signalisiert, dass er seinen Absprung vorbereitet, könnte auf überraschend offene Ohren stoßen.

Qualitätscheck

Die Qualität der Referenten, die Aktualität der Inhalte und der Gehalt der Seminarunterlagen lassen sich schon vorab recherchieren.

Die Richtige Fortbildung ist identifiziert? Der nächste Schritt, meint ARS-Chefin Elisabeth Vogl-Pillhofer, werde besonders häufig ausgelassen: Die eingehende Recherche über den Anbieter. „Wie sieht es etwa tatsächlich mit der Kompetenz und Erfahrung der Referenten aus?“ Wer sich in seinem Fachbereich Meriten verdient hat, wird auch im Internet seine Spuren hinterlassen haben. „Ich rate auch dazu, die Qualität der Seminarunterlagen zu überprüfen.“ Sofern diese nicht (zumindest auszugs- weise) online verfügbar sind, sollte man sich unbedingt Unterlagen zusenden lassen, rät die Expertin.

Ein wesentlicher Aspekt ist die Frage, mit wem man die Ausbildungsbank drücken wird. Handelt es sich um Menschen, die dem eigenen fachlichen Niveau entsprechen, oder trifft man auf Kollegen, die mit ganz anderen Erwartungen kommen? Und last but not least: Zumindest die großen Anbieter haben schon viele Absolventen hervorgebracht – sie zu finden und über ihre Erfahrungen zu sprechen, lohnt sich in jedem Fall.

Nehmen Sie Kontakt auf!

„Wie gut ist die Qualität der Beratung? Und wie ansprechend das Ambiente?“

Ein einziger Anruf kann sehr erhellend wirken. „Man sollte unbedingt eruieren, ob eine gute Bildungsberatung stattfindet“, betont Christian Bayer. Kippt das Beratungsgespräch ansatzlos in ein Verkaufsgespräch, weiß man schnell, wo man gelandet ist.

Noch besser sei allerdings, den potenziellen Anbieter vor einer Anmeldung zu besuchen und sich die Räumlichkeiten anzusehen, rät bfi-Chef Michael Sturm: „Dann sehen Sie etwa, welche Gruppen-Größe Sie erwartet, mit welcher Lern-Atmosphäre Sie zu rechnen haben. Und dann werden Sie merken: Behagt mir das oder nicht?“

Hier finden Sie alle Ergebnisse des aktuellen Seminaranbieter-Rankings 2014.