Automobilindustrie : So geht es nach der Verhaftung von Konzernchef Carlos Ghosn bei Renault weiter

Nach der Verhaftung von Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn in Japan bekommt der französische Autokonzern Renault vorläufig eine neue Führung. Vize-Generaldirektor Thierry Bollore - bisher nach Ghosn die Nummer zwei im Konzern - soll vorläufig die gleichen Befugnisse wie Ghosn haben. Ghosn bleibe Vorsitzender und CEO.

Bollore wurde vorübergehend zu seinem Stellvertreter ernannt. Die Weichen wurden bei einer Verwaltungsratssitzung gestellt. "Herr Ghosn ist heute nicht in der Lage, das Unternehmen zu führen", sagte Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire dem Radionachrichtensender Franceinfo. Der französische Staat hält 15 Prozent der Anteile bei Renault.

Ghosn war wegen mutmaßlicher Verstöße gegen Börsenauflagen verhaftet worden. Internen Ermittlungen zufolge sollen er und ein weiterer Manager ihre Geldbezüge in offiziellen Berichten an die japanische Börse falsch dargestellt und in Ghosns Fall zu niedrig beziffert haben. Medien hatten berichtet, Ghosn habe seit 2011 über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt fünf Milliarden Yen (rund 40 Mio Euro) Einkommen zu wenig angegeben.

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Zehn Tage Haft

Ein japanisches Gericht behält Renault-Chef Carlos Ghosn einem Bericht zufolge zehn Tage in Haft. Auch Nissan-Direktor Greg Kelly müsse für diese Zeit ins Gefängnis, berichtete die Nachrichtenagentur "Kyodo".

Das Unternehmen äußerte sich nicht weiter zu den Vorwürfen. Die jetzigen Maßnahmen sollen die Interessen der Gruppe wahren und Kontinuität sicherstellen. An der Börse in Japan gerieten die Aktien von Nissan und Mitsubishi Motors im Zuge der Affäre unter Druck. Dem Vernehmen nach kann Ghosn nicht an der Spitze des Unternehmens bleiben, wenn sich die Vorwürfe gegen ihn bestätigen sollten.

Seines Postens bei Nissan soll Ghosn am Donnerstag enthoben werden

Der französische Finanzminister forderte rasches Handeln, denn die derzeitige Lage schwäche die globale Auto-Allianz und Renault. Paris betreibe aber nicht die förmliche Ablösung des Topmanagers: "Wir haben keine Beweise. Wir sind in einem Rechtsstaat." Mit Blick auf die steuerliche Lage von Ghosn in Frankreich sagte der Minister, dazu seien keine Besonderheiten festgestellt worden. Ghosn ist auch Verwaltungsratsvorsitzender von Nissan und Mitsubishi Motors. Seines Postens bei Nissan soll er am Donnerstag enthoben werden.

In einer gemeinsamen Erklärung mit dem japanischen Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Hiroshige Seko, stellte sich Le Maire demonstrativ hinter die französisch-japanische Auto-Allianz, die bewahrt werden müsse. Auch Renault selbst will laut einer Mitteilung das Auto-Bündnis stärken. Der japanische Wirtschaftsminister wird nun in Paris für weitere Gespräche erwartet.

"Zu viel Machtkonzentration"

Der gebürtige Brasilianer Ghosn, der auch über die libanesische und französische Staatsbürgerschaft verfügt, ist bei Nissan derzeit Verwaltungsratschef und bei Renault in Frankreich Vorstandschef. Außerdem führt er die gemeinsame weitreichende Allianz der beiden Autobauer, die überkreuz aneinander beteiligt sind. Nissan zufolge soll Ghosn ferner Firmeneigentum privat genutzt haben. Zu viel Machtkonzentration habe zu dem Fehlverhalten beigetragen, sagte Vorstandschef Hiroto Saikawa in Tokio.

Libanons Außenminister Gebran Bassil wies den Botschafter seines Landes in Tokio, Nidal Yahya, an, sich um den Fall Ghosn zu kümmern. Der Renault-Nissan-Chef solle die Möglichkeit erhalten, seine Sicht der Dinge darzustellen und sich zu verteidigen. "Ghosn ist ein libanesischer Staatsbürger und einer der libanesischen Erfolge im Ausland. Das libanesische Außenministerium wird ihm in dieser harten Prüfung zur Seite stehen und sicherstellen, dass er einen fairen Prozess bekommt", hieß es in einer Mitteilung, die von der staatlichen Nachrichtenagentur NNA veröffentlicht wurde.

Japans Regierungssprecher Yoshihide Suga nannte die Festnahme des Nissan-Verwaltungsratschefs "sehr bedauerlich". "Wir werden genau beobachten, wie sie sich auf die Wirtschaft auswirkt", sagte Suga. (apa/dpa/Reuters)