Energiewirtschaft : Siemens: Die vielleicht letzte große Bilanz unter Joe Kaeser

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Es könnte das letzte Mal sein, dass Joe Kaeser Rechenschaft über ein Siemens-Geschäftsjahr ablegt. Spätestens im nächsten Sommer soll klar sein, ob und wann der Führungswechsel auf Roland Busch stattfindet.

Es werden schon wieder 10.000 Arbeitsplätze gestrichen

Doch bis dahin bleibt jede Menge zu tun für Kaeser und seine Kollegen im Vorstand: Die Ausgliederung der Energie-Sparte muss vollzogen und Siemens Energy an die Börse gebracht werden. Zudem steht der Abbau von mehr als 10.000 Stellen an, die Verhandlungen darüber laufen noch. Bei der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa, die diese Woche in Madrid über das Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) berichtet, halten sich Spekulationen über einen weiteren Jobabbau.

Und Bernd Montag, der Vorstandschef von Siemens Healthineers, hat angekündigt, bis zur Bilanzvorlage die Strategie der börsennotierten Medizintechnik-Tochter nachzujustieren.

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Die Geschäftszahlen rücken angesichts dieses Parforce-Ritts - wieder einmal - beinahe in den Hintergrund. Im August hatte Siemens die Erwartungen gedrosselt: Zwölf Prozent Umsatzrendite seien 2018/19 nicht mehr drin, maximal 11,5 Prozent realistisch. Die Analysten erwarten nach einem Schlussspurt im Durchschnitt 11,2 Prozent. Auch hinter das Ziel, den Konzernumsatz moderat zu steigern, hatte Kaeser ein Fragezeichen gesetzt. Der beginnende Abschwung und der abermalige Konzernumbau - im April wurden die Sparten neu sortiert - hatten das Kerngeschäft mit der Industrieautomatisierung (Digital Industries) im dritten Quartal gebeutelt.

Nur ein Ausrutscher oder schon ein Trend?

Analysten glauben eher an eine Delle, die sich rasch wieder wettmachen lässt. "Das ist Jammern auf hohem Niveau", sagt ein Fondsmanager, der nicht genannt werden will, mit Blick auf die Zahlen. "Wenn man von Gas & Power absieht, hat Siemens gut geliefert", sagt Ingo Schachel von der Commerzbank. Und an der margenschwachen Kraftwerks-Sparte - dem Kern von Siemens Energy - wird Siemens in einem Jahr nur noch einen Minderheitsanteil halten. Schachel hält die Abspaltung der Energie-Töchter für einen richtigen Schritt. "Die Strukturen sind zu komplex."

Lob von Finanzfirmen

Auch der Fondsmanager lobt Kaesers letzten Coup: "Siemens erfindet sich als Industriekonglomerat neu. Die neuen Kern-Sparten haben mehr Wachstumspotenzial." Doch die Entwicklung des Aktienkurses, seit Kaeser die Abspaltung im Mai verkündet hat, spiegelt das nicht wider. Siemens hat keine Vorschusslorbeeren bekommen.

Aber JPMorgan-Analyst Andreas Willi glaubt, dass die Strategie aufgeht. "Die herausfordernden Aussichten, geringere Renditen und höhere Risiken von Gas & Power verstellen Investoren den Blick auf den starken industriellen Kern von Siemens", schrieb er in dieser Woche in einer Studie. Zugleich werde Siemens Energy als eigenständiges Unternehmen an der Börse höher bewertet werden als als Teil des Konzerns.

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Das zu beweisen, wird die Sache von Michael Sen sein. Der künftige Chef von Siemens Energy darf neben Kaeser und Finanzvorstand Ralf Thomas Platz auf dem Podium nehmen - anders als Busch. Während Sen den Umgang mit der Öffentlichkeit als ehemaliger Eon-Finanzvorstand kennt, soll der bisher eher einem Fachpublikum bekannte Busch langsam an die Investoren und Analysten herangeführt werden. Knapp ein Jahr hat er Zeit, sich als offizieller Stellvertreter Kaesers zu bewähren.

Doch der wird die Brücke nicht leichtfertig verlassen. Dem "Manager Magazin" ließ er kürzlich ausrichten, dass sich "große und wichtige Investoren für eine Verlängerung des heutigen Mandats bis zur Umsetzung der 'Vision 2020+' aussprechen". Der Vertrag Kaesers läuft noch bis Januar 2021. "Das klingt nach einer Verlängerung um zwei weitere Jahre", meint Commerzbank-Analyst Schachel. "Ganz fertig ist man nie." (reuters/apa/red)