Restrukturierung : Semperit: 
Das Aufräumen beginnt

Der neue Semperit-Chef Martin Füllenbach macht, was man von ihm erwartet. Er stellt die gesamte Gruppe auf den Prüfstand. Und seine vorläufige Diagnose ist hart: „Das Unternehmen ist im Heute nicht angekommen und für morgen nicht richtig aufgestellt“, meinte er kürzlich gegenüber Journalisten. Die Quartalszahlen sprechen ein deutliches Bild: Bis September fiel ein Nettoverlust von 16,4 Millionen Euro an. Jetzt gibt es bereits Hinweise, wie die ersten Sanierungsmaßnahmen des ehemaligen Bundeswehr-Offiziers aussehen. Die von Füllenbach in einer Aussendung als „Sondereffekte“ bezeichneten Maßnahmen betreffen unter anderem die Aufwendungen für die Schließung der Produktionsstätte in Argenteuil/Frankreich. Für die Abwicklung des seit Jahren als Verlustbringer geltenden Werkes werden Kosten von 11,6 Millionen Euro veranschlagt. Ein Sozialplan für die 64 französischen Mitarbeiter wurde den französischen Behörden und der Belegschaft vorgelegt. Die vorgeschlagenen Abfindungszahlungen bewegen sich je nach Dienstalter zwischen 20.000 und 50.000 Euro. Zusätzlich wird ein Wiedereingliederungsprogramm auf 12 Monate verlängert, während dessen die Mitarbeiter 80 Prozent ihres Bruttogehalts erhalten. Die Streiks und Demonstrationen in der nordwestlich von Paris gelegenen Seine-Stadt (110.000 Ew.) haben in Frankreich für große Aufregung gesorgt. Füllenbach bleibt davon unbeeindruckt. Im Quartalsbericht „schließt er weitere erhebliche Einmalbelastungen zur Erhöhung der Rentabilität und Stärkung der Bilanzstruktur nicht aus“.

Kernaktionär drängt auf Maßnahmen

Die Emsigkeit der Restrukturierungsbemühungen entsprechen den Erwartungen des Kernaktionärs. „Ich will wirksame Maßnahmen sehen, sonst kriegen wir bei Semperit nicht die Kurve“, hatte der Aufsichtsratsvorsitzende der B&C-Industrieholding, Wolfgang Hofer, den Semperit-Vorstand unter Druck gesetzt. Hofer hatte in der Oktoberausgabe des INDUSTRIEMAGAZIN erklärt, dass bei Semperit wichtige Entscheidungen immer weiter aufgeschoben worden sind: „Auch die IT ist nicht auf dem Stand der Zeit.“ Die IT- Systeme von Semperit würden maximal an der Schwelle zu Industrie 2.0 stehen. Von Industrie 4.0 sei keine Rede.

Vertrieb auf neuen Beinen

Auch im Vertrieb will Semperit-Boss Füllenbach neue Wege gehen, vor allem am wichtigen US-Markt. Ein seit 2016 bestehender Kooperationsvertrag mit dem US-Partner Shaw Almex Industries Ltd. in Atlanta wurde aufgelöst. Gemeinsam hat man am nordamerikanischen Markt für Fördergurte kooperiert. „Mit der Beendigung der Kooperation sind keine signifikanten finanziellen Auswirkungen verbunden“, heißt es aus dem Unternehmen.

Dass mit der Restrukturierung von Semperit jedoch keineswegs ein Downsizing gemeint ist, zeigt der Ausbau am tschechischen Standort Semperflex Optimit. Mit der 20 Millionen Euro Investition sollen rund 80 Jobs in der Hydraulikschlauchproduktion geschaffen werden und die Kapazität um ein Drittel erhöht werden.

Semperit-Bilanz: Schlechter als erwartet

Der Gummi- und Kautschukkonzern Semperit hat das dritte Quartal mit einem Nettoverlust von 16,4 Millionen Euro abgeschlossen. Das Ergebnis fiel damit noch schlechter aus als erwartet – Kapitalmarktanalysten hatten nach einer verschärften Gewinnwarnung im Oktober mit einem Verlust von 11,25 Mio. Euro nach Steuern gerechnet. Zwar blieb der Umsatz der Gruppe im dritten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal nahezu unverändert, doch Sondereffekte wie der Rückzug aus dem Joint-Venture in Thaliand (Wertminderung 26 Millionen Euro), die Schließung der Produktionsstätte in Frankreich (11,6 Millionen Euro) sowie Wertanpassungen für die IT drücken stärker auf den Ertrag als angenommen.

Mitte Dezember hat Semperit einen Vertrag über eine Hybridkapital-Linie in Höhe von bis zu 150 Millionen Euro mit der B&C Holding geschlossen, die das Eigenkapital stärken und die Bilanzkennzahlen auf einem „soliden Niveau“ halten soll. Vor allem der oben beschriebene Transformationsprozess soll damit gesichert werden.