Stahlindustrie : Schmutziger Stahl: Berlin will Hersteller zur Kontrolle der Lieferkette zwingen

Der deutsche Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) will auch die deutsche Autoindustrie zwingen, bei Lieferanten auf Umweltschutz und Menschenrechtsstandards zu achten.

"Jeder Autohersteller sollte wissen, unter welchen Bedingungen sein Stahl produziert wird." Das sagte Entwicklungsminister Müller der "Wirtschaftswoche" unter Bezug auf den verheerenden Dammbruch an einer Eisenerzmine in Brasilien, bei dem es im Jänner fast 200 Tote gegeben hatte.

Dammbruch im Jänner mit über 300 Todesopfern

Der Damm an der Mine Corrego do Feijao des Vale-Konzers war am 25. Jänner geborsten. Rund zwölf Millionen Kubikmeter rötlichen Schlamms ergossen sich über die Stadt Brumadinho und Teile angrenzender Siedlungen im Südosten des Landes. Der Zivilschutz erhöhte die Zahl der offiziell bestätigten Toten zuletzt auf 186, weitere 122 Menschen galten mehr als einen Monat nach der Tragödie als vermisst.

Zu diesem Fall:

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Weiteres Unglück vor drei Jahren

Dabei leidet Brasilien bis heute von einer weiteren Umweltkatastrophe vor drei Jahren, ebenfalls von einem Dammbruch beim Eisenerzabbau ausgelöst. Bei dem Unglück in dem Ort Minas Gerais ging ein Damm zu Bruch, die giftige Schlammlawine ergoss sich in den Fluss Rio Doce und später in den 650 Kilometer entfernten Atlantik. Bis heute zahlen Vale und BHP Entschädigungen für diesen Vorfall.

Deutscher Minister: Letzter Weckruf an die Industrie

Nun überprüft die deutsche Bundesregierung nach den Worten des Entwicklungsministers Müller, "wie die größeren Unternehmen in Deutschland mit mehr als 500 Mitarbeitern ihrer Sorgfaltspflicht in den Lieferketten nachkommen. Sollten wir feststellen, dass Freiwilligkeit nicht zum Ziel führt, werden wir das gesetzlich regeln." Dies sei als "letzter Weckruf" an die deutschen Unternehmen zu verstehen. Der Minister fordere bereits seit einiger Zeit die Beachtung der Lieferkette unabhängig von der Branche, sagte eine Sprecherin des Ministeriums der dpa.

Ein großer Teil des Eisens stammt aus Minen in Brasilien

Weil große Teile des von Volkswagen, Daimler und BMW verarbeiteten Stahls aus brasilianischen Minen stamme, sehe die deutsche Regierung die Autobauer in der Verantwortung, schrieb die "Wirtschaftswoche".

Ebenso beziehen Europas Stahlkonzerne einen großen Teil des Eisenerzes aus Brasilien - auch der Linzer Stahlkonzern Voestalpine, der unter anderem seine riesige Direktreduktionsanlage am Standort Texas mit Eisenerz aus Brasilien beliefern lässt, das wiederum an die Standorte in Linz und Donawitz weitertransportiert wird.

Eckdaten zum Standort:

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BMW überprüft seine Zulieferer bereits

BMW teilte auf Anfrage mit, das Unternehmen sei nach dem Unglück "aus eigenem Antrieb aktiv geworden" und überprüfe derzeit die Stahl-Lieferketten. Seit Jahren bestehe BMW in den Lieferantenbeziehungen auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltgesetzen.

Daimler: Ein Gesetz könnte "hilfreich sein"

Daimler äußerte sich nicht zum konkreten Fall in Brasilien. Eine gesetzliche Regelung zur Verantwortung bei Lieferketten könnte "hilfreich sein, um einheitlich akzeptierte Standards zu schaffen", hieß es. "Wichtig ist jedoch bei jeder Art von Regulierung, dass diese angemessen ist und für Unternehmen auch umsetzbar", fügte Daimler hinzu. (dpa/apa/red)