Entsorgung : Saubermacher-Gründer Hans Roth: Warum das Kreislaufwirtschafts-Paket auch für Produzenten eine Chance ist

INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Roth, das produzierende Gewerbe ist über mögliche Eingriffe ins Produktdesign nicht eben erbaut.

Hans Roth: Grundsätzlich finde ich es gut und wichtig, dass das Thema Produktdesign kommen wird. Die Hersteller haben eine sehr wesentliche Verantwortung für die Entsorgung und können auf diesem Weg auch entsprechend Einfluss nehmen. Jedoch sollten die Forderungen nicht überzogen sein.

Was halten Sie grundsätzlich vom Paket?

Roth: Ich bin zufrieden. Für die österreichische Entsorgungswirtschaft und auch für die Industrie ist das Paket eine riesige Chance, unsere Erfahrung in Geschäftsmodellen umzusetzen. Ganz wesentlich wird es jedoch sein, ob die Umsetzung bis 2025 bzw. 2029 auch so passiert. Siehe Italien: bis 2029 hätten alle Deponien geschlossen werden sollen. Derzeit sieht der Weg aber ganz und gar nicht so aus. Wird der Abfall denn nun doch wieder vergraben? Meine Forderung an die Politik ist ganz klar folgende: Wir müssen nicht nur die organisatorischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, sondern uns vor allem auch um die Prüfung kümmern. Voraussetzung dafür sind entsprechende budgetäre Mittel für die getrennte Sammlung.

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Entsorger stoßen sich an der Streichung des Mengenbegriffs....

Roth: Da wird es aus meiner Sicht zu Problemen bei der Auslegung der Zuständigkeiten kommen. Denn Unternehmen können für den anfallenden Gewerbe- und Industrieabfall ihren Entsorgungsbetrieb nicht frei wählen, sondern sind gezwungen, ihren Müll den Kommunen anzudienen. Damit nimmt man vor allem kleineren Betrieben die Möglichkeit, ihren Entsorger zu wählen. Ein deutlicher Rückschritt.

Das Bekenntnis zum Deponierveto und die EU-weite Erhöhung der Reyclingquoten wertet der VÖEB als positiv....

Roth: Zwar sind die Recyclingquoten in Österreich bereits im EU-Spitzenfeld, doch es gibt es immer noch Potenzial nach oben. Eine Angleichung der Quoten für alle EU-Mitgliedsstaaten kombiniert mit einer verbindlichen Überwachung und einer richtungssteuernden Kontrolle der Fördervergabe innerhalb der EU ist jedenfalls sehr begrüßenswert.

Wie groß ist die Herausforderung, die Partikularinteressen der 28 Nationen unter einen Hut zu kriegen? Wo gibt es Ihrer Meinung nach die größten noch zu überwindenden Hürden?

Roth: In Europa gibt es unterschiedliche Geschwindigkeiten der nationalen Politikformulierung und –implementierung – auch beim Umweltschutz. Es gibt Vorreiter, Sitzenbleiber und Nachzügler. Eine große Hürde gibt es nach wie vor bei der Deponierung von Abfällen, denn hier liegen die meisten EU-Länder hinter den Zielsetzungen. In Österreich, Belgien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden und Schweden wurden 2014 praktisch keine Siedlungsabfälle deponiert. Auf Zypern, Malta, in Griechenland, Kroatien und Lettland aber landen drei Viertel der Siedlungsabfälle auf Deponien.