Güterverkehr : Russland plant eine Sperre des Schwarzen Meeres für die Schifffahrt

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Der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine spitzt sich gefährlich zu, angesichts der russischen Truppenaufmärsche an der ukrainischen Grenze befürchten manche Beobachter sogar einen offenen Krieg zwischen den Nachbarstaaten. Zu den russischen Drohgebärden an Land kommen noch Pläne Moskaus, vom kommenden Samstag an den Schiffsverkehr im Schwarzen Meer teilweise zu sperren.

Die Nato zeigte sich angesichts der Entwicklung höchst besorgt. Warum das betroffene Seegebiet für die Ukraine so wichtig ist:

Die Pläne Russlands

Russland will laut russischen Staatsmedien von Ende April bis Ende Oktober Teile des Schwarzen Meers nahe der annektierten Halbinsel Krim für ausländische Kriegsschiffe und andere staatliche Schiffe sperren. Betroffen wäre den Berichten zufolge der südliche Küstenstreifen der Krim von Sewastopol bis Hursuf, aber auch ein "Rechteck" vor der Küste der Halbinsel Kertsch. Unmittelbare Auswirkungen hätte die Sperrung des Seegebiets deshalb auch auf die ukrainischen Häfen am Asowschen Meer, das durch die Straße von Kertsch mit dem Schwarzen Meer verbunden ist.

Die US-Regierung warnte Russland vor einer solchen "grundlosen Eskalation" im Ukraine-Konflikt. Die "anhaltende Militarisierung der Krim, des Schwarzen Meers und des Asowschen Meers" durch Russland seien eine "Bedrohung der ukrainischen Unabhängigkeit" und würden die Stabilität in der "breiteren Region" untergraben, erklärte in der vergangenen Woche eine Nato-Sprecherin. Ein ranghoher EU-Vertreter sprach von einer "hochgradig besorgniserregenden Entwicklung".

Strategische Bedeutung der Straße von Kertsch

Die Straße von Kertsch vor der von Russland annektierten Krim ist sowohl für Moskau als auch für Kiew von größter strategischer Bedeutung. Die Meerenge zwischen der Krim und Russland ist die einzige Verbindung zwischen dem Schwarzen Meer und dem nördlich gelegenen Asowschen Meer. Über diese wichtige Passage wickelt die Ukraine ihre Stahl- und Getreide-Exporte ab. Am Asowschen Meer liegt unter anderem die Hafenstadt Mariupol - die letzte noch von Kiew kontrollierte große Stadt im Osten der Ukraine und ein wichtiger Industriestandort.

Seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 war die Straße von Kertsch immer wieder Schauplatz ukrainisch-russischer Konfrontationen. 2018 eröffnete Russland die hochumstrittene 19 Kilometer lange Krim-Brücke über die Straße von Kertsch, die das russische Festland mit der völkerrechtswidrig besetzten Halbinsel verbindet. Im selben Jahr kam es in der Meerenge zu einer Eskalation, als Russland drei ukrainische Schiffe beschoss und beschlagnahmte, die angeblich in russische Gewässer eingedrungen waren.

Kiew verurteilte die russischen Pläne zur Einschränkung der Schifffahrt als "widerrechtliche Aneignung der souveränen Rechte der Ukraine" und verwies auf die UN-Konvention zum Seerecht, derzufolge "Russland den Transit durch die internationale Straße (von Kertsch) zu Häfen im Asowschen Meer weder behindern noch stoppen" dürfe.

Die Rolle der Krim im aktuellen Konflikt zwischen Moskau und Kiew

Trotz einer Waffenstillstandsvereinbarung für die Ostukraine vom Juli vergangenen Jahres spitzt sich die Lage zwischen Moskau und Kiew seit Wochen zu. Kiew und seinen westlichen Verbündeten bereitet vor allem die Verlegung zehntausender russischer Soldaten auf die Krim sowie an die Grenze zur Ostukraine, in der prorussische Rebellen gegen die ukrainische Armee kämpfen, Sorgen. Insgesamt sind nach EU-Angaben auf der Krim und an der Grenze zur Ukraine inzwischen 100.000 russische Soldaten stationiert.

Während einige Experten die Truppenbewegungen vor allem als russische Machtdemonstration und als Signal des Kreml gegenüber der neuen US-Regierung von Präsident Joe Biden werten, befürchten andere einen russischen Einmarsch in die Ukraine. Der Experte Timothy Ash von der Londoner Denkfabrik BlueBay Asset Management hält einen russischen Angriff in der Ostukraine für möglich, um "eine neue Wasserversorgung" für die von einer Wasserkrise bedrohte Halbinsel Krim zu schaffen. Nach der russischen Krim-Annexion hatte die Ukraine die Wasserzufuhr auf die Krim gestoppt. Zwischen Russland und der Krim gibt es keine direkte Landverbindung. (afp/apa/red)