Produkttest : Reine Kopfsache: Der große Schutzhelm-Test

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Sie dachten, bei Schutzhelmen gibt es kaum Unterschiede? Hauptsache die Sicherheitsnormen sind erfüllt und sie passen. Das dachten wir bis zu diesem Test auch. Die schönste Blume auf einer Blumenwiese zu finden, ist schwierig. Klar: Bestimmte Anforderungen an Qualität, Komfort und Optik müssen die Dinger erfüllen, sonst haben sie in der Hand von Profis nichts verloren. Die Entscheidung, ob der Helm top oder flop ist, hängt einerseits von persönlichen Vorlieben ab und natürlich andererseits vom Einsatzgebiet. So wird ein Mitarbeiter in einem Sägewerk einen anderen Helm bevorzugen als ein Mitarbeiter aus dem Verladebereich.

Deshalb haben wir den Versuch gewagt und elf Profi-Schutzhelme zu einem Test antreten lassen. Als kleine Orientierung im Helm-Dschungel mussten alle Helme die europäische Norm EN 397 erfüllen. Es sollten möglichst Allrounder zum Zug kommen, sprich Einsatzgebiet Industriebetriebe, Produktionen. Preislich gaben wir keine Einschränkungen vor, deshalb reichen die Modelle vom Billigflieger (6,80 Euro) bis hin zum Luxusprodukt (109 Euro). Wobei uns die Hersteller versicherten, dass die Preise sehr stark variieren können und große Rabattsprünge möglich sind. Elf Hersteller waren am Ende mutig genug, sich diesem Test zu stellen und schickten uns ihre Prachtstücke zu.

Der erste Eindruck

Als die Helme dann der Reihe nach bei uns im Verlag eintrafen, waren wir von ein paar Exemplaren doch ziemlich beeindruckt. War ein Helm besonders toll verpackt oder mit coolem Equipment (Hörschutz, Vollvisier) bestückt, begannen die ersten internen Wetten, wer der Sieger werden würde. Nur so viel: Getäuscht haben wir uns alle. Denn gerade die einfachsten und – für uns eigentlich eher langweiligen – sollten sich am Ende als die klaren Favoriten unserer Tester herausstellen.

Die Testumgebung

Die Helme waren also da – jetzt brauchte es nur noch eine entsprechende Testumgebung. Wir wollten einen innovativen Produktionsbetrieb, dessen Mitarbeiter Helmpflicht haben. Nur solche Vollprofis wissen, worauf es tatsächlich ankommt. Wo die Schwachstellen der Helme liegen und auf welchen Schnickschnack sie gerne verzichten können. Gefunden haben wir diese Tester bei der Voestalpine Krems, im Verladelager der dort gefertigten Stahlprofile. Sechs Vollprofis mit zum Teil jahrzehntelanger Erfahrung erklärten sich bereit, die unterschiedlichen Helmexemplare auf Herz und Nieren zu testen – natürlich im Alltagsbetrieb!

Früh morgens starteten die Tester los und machte sich auf den Weg nach Krems. Nach kurzer Lagebesprechung mit dem Sicherheitsleiter ging es dann in die Werkshallen der Voestalpine. Dort warteten dann auch schon die sechs Tester. Nach kurzer Einleitung ging es dann auch schon los.

"Manda, gemma bergsteign?"

Eines wurde ganz schnell klar: Optik alleine hievt einen Hersteller noch lange nicht aufs Siegerpodest. Gerade Helme, die besonders stylisch waren – da einem Bergsteigerhelm nicht unähnlich (Würth und Engelbert Strauss) – scheiterten am Ende am Tragekomfort, sprich Innenfutter. "Sitzt viel zu hoch", so einer der Tester zum Helm von Würth. Wünschenswert wäre dort eine Innenbebänderung, die verstellbar ist. "Und zwar in die Tiefe", so das Resümee der Tester. Generell: Sitzt der Helm zu hoch, sitzt er sehr wackelig. Ein klares "No-Go" im Verladebereich, wo Kräne bedient werden müssen und der Tester dabei den Blick nach oben gerichtet halten muss. Hier sind Helme bevorzugt wie der MSA V-Guard 200 deren Verschlussteil/Halterung am Hinterkopf tief sitzt und dadurch nicht wackelt.

War der Schirm vorne besonders lang wie beim Baseball Diamond V von Haberkorn, gab es auch hier Abzüge hinsichtlich Komfort. Das Sichtfeld (Blick nach oben beim Kranbedienen) war beschränkt. Auch wenn der Hersteller schreibt, man könne diesen Helm wie ein Baseballcap umdrehen, war das ein Schritt, den kein Lagerarbeiter macht. Wobei wir hier sicher wieder bei persönlichen Vorlieben wären.

Überraschung bei der Haptik

Spannend die Punktevergabe beim Kriterium Haptik. Hier ging es vor allem um die Handhabung. Ein Helm sitzt nicht immer auf dem Kopf. In den Pausen wird er runtergenommen. Das soll einfach und wenn möglich mit Handschuhen gehen. Engelbert Strauss fiel hier raus, da man zwei Hände benötigt, um den Helm abzunehmen. Überraschend war der Punkt "Helmrücken". Denn wird der Helm abgenommen, wird er auf dem Rücken abgelegt. So ist die natürliche Bewegung des Mitarbeiters. Hier gewannen klar jene Modelle, die auf der Helmschale eine V-artige Rille hatten (wie der MSA V-Guard, V-Guard 520). Warum? "Weil der Helm an Ort und Stelle liegen bleibt und nicht davonkullert", so ein Tester. Das Modell Camp Safety von Schloffer, Rockmann von Konstant oder der Terano T 10 von Haberkorn hatten da aufgrund ihrer runden Form klar das Nachsehen.

Kopf-an-Kopf-Rennen

Mit nur zwei Punkten Vorsprung sicherte sich der V-Guard 200 von MSA-Auer den Sieg. Ganz dicht gefolgt vom KASK Plasma AQ von Haberkorn, der nur beim Verschluss und beim Komfort minimal unterlag. Ein Grund: Das adaptierte Visier beim KASK-Helm stört Brillenträger. Wobei hier erwähnt werden sollte, dass es abnehmbar ist. Kurz und gut: Bei manchen Produkten mag es die Qual der Wahl nicht geben, bei Schutzhelmen sicher. Für jeden Kopf den richtigen Deckel zu finden ist schwer und von persönlichen Vorlieben geradezu durchwachsen. Dennoch sind wir überrascht, wie positiv gerade die einfachen Modelle ankamen.