Rechtstipp : Reform des Privatkonkurses sorgt für Handlungsbedarf auf Gläubigerseite

Das IRÄG 2017 sieht unter anderem eine Novellierung des Schuldenregulierungsverfahrens (gemeinhin als „Privatkonkurs“ bekannt) vor, die mit 1. November in Kraft tritt. Wesentliche Änderungen betreffen das Abschöpfungsverfahren, welches nur eingeleitet werden kann, wenn ein vom Schuldner vorgeschlagener Zahlungsplan nicht angenommen wurde.

Die Novelle sieht die Verkürzung des Abschöpfungsverfahrens von sieben auf fünf Jahre und den Entfall der Mindestquote von 10 Prozent nach der derzeitigen Rechtslage vor. Dadurch können sich künftig auch Schuldner mit sehr geringem bzw. gar keinem Einkommen oder sehr hohen Schulden durch ein Abschöpfungsverfahren von ihren Verbindlichkeiten befreien. Eine Restschuldbefreiung ist sogar dann möglich, wenn die Gläubiger keinen einzigen Cent erhalten.

Als neue Voraussetzung für die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens ist vorgesehen, dass der Schuldner während des Insolvenzverfahrens einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich zumindest um eine solche bemüht haben muss. Diese Arbeitspflicht des Schuldners galt für die Dauer der Abschöpfung schon bisher. Ihre Bedeutung war bislang aber gering, zumal der Schuldner zur Erreichung der Restschuldbefreiung ohnedies die zehnprozentige Quote erreichen musste und somit automatisch angehalten war, sich um ein entsprechendes Einkommen zu bemühen.

Ob die neuen Regelungen geeignet sind, Missbrauch des neuen Abschöpfungsverfahrens durch arbeitsscheue oder der Schattenwirtschaft frönende Schuldner zu vermeiden, darf bezweifelt werden. Die ebenfalls neue Pflicht des Schuldners zur jährlichen Berichterstattung über seine Bemühungen am Arbeitsmarkt gilt nämlich nicht, wenn das Einkommen das Existenzminimum übersteigt, womit aber noch nicht gesagt ist, dass der Schuldner eine seinen Möglichkeiten entsprechende Erwerbstätigkeit ausübt. Wie die Gläubiger das mangelnde Bemühen um einen entsprechenden Arbeitsplatz feststellen oder gar erfolgreich bei Gericht geltend machen sollen, beantwortet der Gesetzgeber nicht. Ohne Zugang zu Informationen wie Ausbildung, Gesundheitszustand, tatsächliche Anstrengungen zur Arbeitssuche, etc. wird dies schwer möglich sein. Auch sind die Kontrollmöglichkeiten der Insolvenzgerichte beschränkt – nicht zuletzt, weil mit einer deutlich höheren Anzahl von Abschöpfungsverfahren gerechnet wird. Ein Missbrauch der neuen Bestimmungen ist daher zu befürchten.

Diese Schlüsse sollten Unternehmer aus der Gesetzesänderung ziehen

1. Prävention: In Zukunft werden Unternehmer auf eine ausreichende Besicherung ihrer Forderungen (z.B. durch Eigentumsvorbehalte) achten müssen. Die Besicherung durch Bürgschaften natürlicher Personen wird in den Hintergrund treten, weil sich auch die Bürgen künftig leichter entschulden können. Unternehmer werden womöglich auch die akzeptierten Zahlungsmethoden einschränken und künftig weniger Leistungen auf Rechnung erbringen.

2. Reaktion: Bei Nichtzahlung von Kundenforderungen werden Unternehmer in Zukunft noch schneller als bisher reagieren müssen. Ein effizientes Forderungsmanagement ist daher das Gebot der Stunde. Da vor Insolvenzeröffnung das Prioritätsprinzip gilt („wer zuerst kommt, mahlt zuerst“), wird langwierigen Inkassomaßnahmen eine zeitnahe Klagsführung mit anschließender Exekution vorzuziehen sein.

Günther Billes ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte. Er ist vorwiegend im Gesellschafts-, Insolvenz- & Zivilrecht tätig.

Bislang war der Insolvenzverwalter gezwungen, Anfechtungsansprüche binnen einem Jahr ab Insolvenzeröffnung mit Klage bei Gericht geltend zu machen, wobei diese Frist nicht verlängert werden konnte. Das führte gelegentlich – wenn der Ablauf der Jahresfrist kurz bevorstand – zu erheblichem Zeitdruck, wodurch konstruktive Verhandlungen zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Anfechtungsgegner über eine außergerichtliche Einigung erschwert wurden. Das IRÄG 2017 ermöglicht nun erstmalig, dass sich beide Seiten einvernehmlich auf eine Verlängerung dieser Klagsfrist um höchstens drei Monate einigen. Eine solche Verlängerung kann allerdings nur ein einziges Mal vereinbart werden. Ohne außergerichtliche Einigung muss der Insolvenzverwalter daher allerspätestens 15 Monate nach Insolvenzeröffnung die Klage einbringen.

Da die Prüfung von Anfechtungsansprüchen auf beiden Seiten immer wieder mit aufwendigen Recherchen verbunden ist, kann diese neue Regelung tatsächlich helfen, den Zeitdruck in Verhandlungen zu mildern und eine konstruktive außergerichtliche Lösung fördern. Die neue Verlängerungsmöglichkeit gilt allerdings nur für Insolvenzverfahren, die ab dem 26. Juni 2017 eröffnet wurden oder werden.

Mag. Christian Podoschek ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte.