Qualitätsmanagement : RAMS: So entwickeln Sie das perfekte Produkt

Vom Hochofen zum Digitalbusiness ist es noch ein Stück weit hin. Doch die transformatorischen Kräfte sind bei der Voestalpine nicht zu übersehen. Vom klassischen Stahlunternehmen hat sich das Unternehmen zu einem der führenden Anbieter smarter Bahninfrastruktursysteme gewandelt. Das heißt auch: Gefahren auf Basis innovativer Sensor- und Softwaretechnik zu erkennen und so "für einen störungsfreien und sicheren Zugverkehr zu sorgen", sagt Vorstandsvorsitzender Wolfgang Eder.

Die weltweit größte Palette von Schienen - in Längen von bis zu 120 Meter - stellt die Schienentocher her. Dass die Produkte für viele Kunden erste Wahl sind, liegt an der Produktionsexzellenz des Herstellers - und dem methodischen Zugang, Betriebsverhalten, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit des Produkts über den gesamten Lebenszyklus zu betrachten. "Als Pionier bei LCC und RAMS verbinden wir Technologie mit Systemkompetenz", ist man sich im Unternehmen seiner Stärken bewusst.

Von der Schiene auf den Shopfloor

Tatsächlich nutzen die Steirer RAMS schon seit mehr als zwei Jahrzehnten für die Analyse des Betriebsverhaltens ihrer Schienentechnik - und LCC für die kostenseitige Betrachtung. RAMS/LCC steht für Reliability (Zuverlässigkeit), Availability (Verfügbarkeit), Maintainability (Wartbarkeit), Safety (Sicherheit) und Life Cycle Costs (Lebenszykluskosten).

Ein Methodenpaar, das seit einiger Zeit auch abseits der Bahninfrastruktur im produzierenden Sektor am Vormarsch ist.

Zwar werden beim RAMS/LCC Expertenforum 2018 im Internationalen Congress Center Dresden auch Unternehmensvertreter des Personenverkehrs und der Schienentechnik am Podium sein.

Aber auch Entwickler - allen voran Verantwortliche für die Zuverlässigkeitsplanung - anderer Branchen wie dem Maschinenbau sind bei dem Großevent Anfang November gesetzt.

Das passt ins Bild: Der Biegezentrenhersteller Trumpf in Pasching oder der Waffelmaschinenbauer Haas in Leobendorf machen sich die Vorteile der Analyse schon länger zueigen. "Die Themen Zuverlässigkeit und Systemsicherheit sind ja nicht nur auf den Bahnbereich beschränkt, ja nicht einmal nur auf Verkehrsträger", betont Harald Jung, Geschäftsführender Gesellschafter von IZP Dresden, der 1998 gegründeten, auf RAMS- und LCC-Dienstleistungen spezialisierten Ingenieursgesellschaft. "Jeder, der im gesamten Innovationsprozess Fehler vermeiden will, sollte darauf sensibilisiert sein", sagt Jung.

OEM kennen das Spiel

Häufig, aber nicht immer, ist RAMS bereits Anforderung an OEM. Etwa auch dann, wenn eine Ersatzinvestition ins Haus steht. "Wird ein neuer Maschinenpark ausgeschrieben, pochen Unternehmen bei ihren potenziellen Lieferanten mittlerweile häufig auf eine solche Entscheidungshilfe. "Durch eine Zuverlässigkeitsanalyse legt der Firmenpartner für sein Produkt die Hand ins Feuer und schafft so Vertrauen", sagt IZP-Chef Harald Jung.

Da lässt sich jederzeit auch ein Schäuferl nachlegen: Etwa mit einer Darstellung, wie günstig sich die Betriebskosten im Abschreibungszeitraum entwickeln würden. Auch hier ist die Automobilindustrie schon weit: "In LCC-Vereinbarungen muss sich der Lieferant vertraglich binden, die langfristigen Kosten eines Produkts nicht zu überschreiten", weiß Jung. Die RAMS-Kriterien sind häufig standardisiert - per Excel-Tabelle - von Systemlieferanten nachzuweisen. "Sie entscheiden heute genauso über einen Zuschlag wie technische Kriterien", beobachtet Jürgen Neudorfsky, Österreich-Repräsentant bei IZP.

Methode des US-Militärs

Entsprechend breit ist IZP in Dresden heute aufgestellt. Neben der Beratung und der Erstellung detaillierter RAMS-Analysen für die Produktentwicklung liegt ein weiteres Standbein der Deutschen bei der Einsatz- und Instandhaltungsoptimierung und der Unterstützung bei Ausschreibungen sowie der Qualitätssicherung. In der Design- und Entwicklungsphase etwa ist die Fehlermöglichkeits- und -einflussanalyse - kurz Auswirkungsanalyse oder FMEA - ein wirkungsvolles Instrument.

Ihren Ursprung nimmt sie im US-Militär der 40er-Jahre, längst leistet sie auch der Fertigungsindustrie wertvolle Dienste. "Sie weist nach, in welcher Häufigkeit ein technischer Fehler auftritt - und kann so mitentscheidend sein, die technische Zuverlässigkeit von Produkten zu erhöhen", sagt IZP-Chef Harald Jung.

Er sieht jedenfalls keine echten Alternativen zu RAMS und LCC, wenn es um die Steigerung der Zuverlässigkeit von Produkten - oder ihrer effektiven Servicierung - geht. Dem Spardiktat mancher Firmen, gerade bei der Instandhaltung geradezu willkürlich den Rotstift anzusetzen, gewinnt er deshalb auch nur wenig ab: "Besser ist, schon ein paar Stufen früher - und zwar bei der Entwicklung von Prozessen oder Produkten - die richtigen Analysen zu fahren", so Jung.