Zulieferindustrie : Prozess gegen ehemalige Vorstände von FACC: 40 Zeugen beantragt

Der Zivilprozess nach einem Betrug am börsennotierten oberösterreichischen Flugzeugkomponentenherstellers FACC mit Hauptsitz in Ried im Innkreis im dortigen Landesgericht ist vertagt worden. Das Unternehmen hatte zwei ehemalige Vorstände auf 10 Mio. Euro Schadenersatz geklagt. Die Fortsetzung der Verhandlung für April und Mai geplant.

Verfahren richtet sich gegen den ehemaligen Firmenchef

Der Grund für den Streit vor Gericht ist ein Betrugsfall aus dem Jahr 2016. Die Täter hatten sich damals als die Firmenchefs ausgegeben und die Überweisung von 54 Mio. Euro auf ausländische Konten veranlasst. FACC wirft der damaligen Finanzchefin und dem Firmenchef - beide wurden danach abberufen - vor, sie hätten kein ausreichendes Kontrollsystem geschaffen. Im Rückblick: Nach den Turbulenzen des Vorjahres: FACC ernennt neuen Chef >>

Das gesamte Verfahren hat verschiedene Stränge: Die FACC GmbH klagt den früheren Firmenchef, der seinerseits gegen seine vor dem Ende seines bis 2019 laufenden Vertrages erfolgte Abberufung geklagt hat, auf 10 Mio. Euro. Die FACC AG wiederum klagt ihn vorerst auf 10.000 Euro, als Ersatz für Kosten, die bei der Aufarbeitung der Affäre angefallen sind. Die Klage gegen die Finanzchefin hat der Richter in der Verhandlung am Montag abgewiesen. Ungewiss ist, ob eine neuerliche erhoben wird. Die Klage der FACC AG gegen den früheren Firmenchef hat er an das zuständige Handelsgericht Wien überwiesen.

Zeugen aus London, den USA und China

Die in Ried begonnene Verhandlung um die Klage der GmbH wird nun an 5 Tagen im April und weiteren Tagen im Mai fortgesetzt. Kläger und Beklagter haben zusammen rund 40 Zeugen beantragt. Darunter befinden sich derzeitige und frühere Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates sowie Mitarbeiter der FACC.

Nicht alle sind in Oberösterreich wohnhaft. Deshalb lädt das Gericht Personen auch aus London, Frankfurt, Wien, den USA und China - Mehrheitseigentümer der FACC ist ein staatliches chinesisches Unternehmen. Zu ihrer Befragung werden teilweise Dolmetscher für Mandarin und Englisch erforderlich sein.

Großer Schaden für FACC - aktuelle Ergebnisse heute

Der Vorfall riss das Unternehmen noch tiefer in die Verlustzone. Inzwischen hat es sich wieder finanziell erholt. Im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2018/19 (per Ende August) stieg der Umsatz um 4 Prozent von 358,7 auf 373,0 Mio. Euro. Das EBIT (Ergebnis von Zinsen und Steuern) ging aber von 29,7 auf 25,1 Mio. Euro zurück, der Halbjahresüberschuss nach Steuern fiel um 12 Prozent auf 16,3 Mio. Euro.

Dem im Oktober veröffentlichten Ausblick für das Gesamtjahr zufolge wird ein Umsatzzuwachs im einstelligen Prozentbereich in einer Bandbreite von 760 bis 770 Mio. Euro erwartet. "Die Ertragskraft ist zwar vorübergehend rückläufig, für das Gesamtjahr erwarten wir jedoch eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr", so Vorstandschef Robert Machtlinger. Konkret wird ein operatives Ergebnis zwischen 52 und 55 Mio. Euro erwartet. Der Auftragspolster stieg im ersten Halbjahr auf 6,5 Mrd. US-Dollar (5,62 Mrd. Euro) und lag damit deutlich höher als zum Ende des Geschäftsjahres 2017/18 mit 5,9 Mrd. Dollar. Der Personalstand zum Ende des 2. Quartals 2018/19 betrug 3.434 Mitarbeiter. Insgesamt will man 700 neue Mitarbeiter aufnehmen, den Großteil davon in Österreich.

FACC gehört seit knapp zehn Jahren zum chinesischen Militärkonzern Avic

Die FACC ist mehrheitlich in chinesischer Hand, dies schon seit 2009. Damals hat die staatliche chinesische Luftfahrt- und Militärindustrie AVIC - über ihren kommerziellen Arm - die Firma aus Oberösterreich fast zur Gänze übernommen. 2014 schickten die Chinesen die FACC dann an die Börse, heute halten sie 55 Prozent am Unternehmen.

Aktuell dazu:

FACC wird Teil des Firmenverbunds Avic Cabin Systems >>

FACC kooperiert bei der Entwicklung von Flugtaxis mit chinesischer Firma >>

Beteiligungen im einstelligen Prozentbereich halten auch das JP Morgan Asset Management UK und Erste Asset Managemenent GmbH. Der Rest ist im Streubesitz. Dem Aufsichtsrat der FACC stehen Chinesen vor.

Bei Betrügern sehr beliebt: Die sogenannten Chef-Masche

Mit der sogenannten Chef-Masche haben Betrüger in Europa bereits Hunderte Millionen Euro ergaunert - und dies sind nur die offiziellen Zahlen.

Dazu:

Millionenbetrug beim Autozulieferer Leoni erinnert stark an Fall bei FACC >>

ABB vermisst einen Finanzdirektor - und 100 Millionen Dollar >>

Auch in Österreich werden Firmen jeder Größenordnung ins Visier genommen. Die Buchhaltungsabteilungen bekommen E-Mails zur Durchführung von wichtigen Transaktionen, unter anderem für Anteile von Firmen, für Patentrechte, Maschinen, Immobilien oder auch für Kunstwerke. Meist wird zur Eile gedrängt. Die Daten der Unternehmen finden die Betrüger im Internet, großteils auf der Homepage und auch über Social Media.

Zur Kontaktaufnahme benützen die Täter ausländische Server, unter anderem in Asien. Denn mit diesen Ländern gibt es kein Rechtshilfeabkommen, was die Aufklärung der Angriffe erschwert. Auch die ausländischen Konten, auf die überwiesen werden soll, befinden sich bevorzugt in China, Hongkong oder Osteuropa. Sie wurden zuvor unter falschem Namen eingerichtet und werden sofort leergeräumt, sobald das Geld eingetroffen ist.

Bereits seit 2010 besteht eine Kooperation zwischen Wirtschaftskammer und Innenministerium im Kampf gegen den Firmenbetrug. Im März 2017 wurde dieses Vereinbarung erweitert. Der Fokus liegt auf der Prävention - vor allem im Bereich von Cyberkriminalität und Internetbetrug. (APA/red)