Management : Pricing: Sieben Thesen zur Preisgestaltung im B2B Bereich der Zukunft

Der Endnutzer kennt das Phänomen: Gerade noch hat das Hotel hundert Euro pro Nacht gekostet, auf einmal steigt der Preis auf 140 und fällt wenige Stunden später wieder auf neunzig. Oder: Je nachdem, ob die Seite einer Fluglinie von einem PC oder einem Apple-Gerät aus angesurft wird, sieht der zu zahlende Betrag unterschiedlich aus. Oder: Während ein Internet-Käufer als Zusatzangebot zu seinem neuen Fotoapparat ein Stativ angeboten bekommt, schlägt das System einem anderen eine Tragtasche vor.

Dynamische, personalisierte Angebote und Preise sind im B2C-Business inzwischen so selbstverständlich geworden, dass sie kaum noch auffallen. Im B2B-Segment sieht die Lage ein wenig anders aus. „Selbstverständlich nutzen viele Unternehmen auch hier personalisierte oder – man sollte besser sagen: wertbasierte – Preise. Aber der B2B-Sektor kann noch viel von B2C- lernen“, sagt Thomas Haller von Simon-Kucher & Partners. Bei Simon-Kucher & Partners hat man sich unter anderem darauf spezialisiert, Unternehmen dabei zu beraten, wie sie den für sie besten Preis finden können. Der aktuelle Befund zum Thema: Auch im B2B-Bereich steht beim Pricing ein nahezu epochaler Umbruch bevor. Und auch hier sind Industrie 4.0, Vernetzung, Big Data die großen Treiber der Entwicklung. Doch was können Unternehmen tun, um für diese Herausforderung gerüstet zu sein? Das Industriemagazin hat sieben Thesen zum Thema erstellt. Außer Zweifel steht auf jeden Fall, wie die von Simon-Kucher & Partners durchgeführte Global Pricing Studie 2016 gezeigt hat, dass Unternehmen, die sich vom Top-Management abwärts systematisch mit dem Thema Pricing beschäftigen eine um 27 Prozentpunkte höhere EBIDTA-Marge erreichen als jene, die das nicht tun.

1. Emotion zählt - noch immer!

Warum psychologische Effekte im B2B-Business heute wichtiger sind denn je sind

Zugegeben, sie sind eine Domäne von Amazon und Co und eventuell auch vom Autohändler um die Ecke – Preise, die den Kunden bei der Emotion packen. Und da ist mehr gemeint als der 39,90-Effekt, der es sogar zum Titel eines Romans von Frédéric Beigbeder gebracht hat. Ein Beispiel unter vielen: die Tendenz zur Mitte, auch als Compromise-Effekt bekannt, der dafür sorgt, dass Kunden sich nur selten für extreme Optionen entscheiden. Wenn sie eine Sparvariante, eine besonders opulente Luxusvariante und einen Kompromiss dazwischen wählen können, ist ihre Kaufbereitschaft deutlich größer und geht tendenziell in Richtung der höherwertigen Optionen. Diese Regelmäßigkeit, sagt Haller, können sich auch Unternehmen im B2B-Sektor zunutze machen, indem sie ihren Kunden nicht ein einziges Angebot machen, sondern ebenfalls mit Varianten arbeiten. „Bei einem Angebot hat der Kunde eigentlich nur zwei Möglichkeiten: ja sagen oder nein sagen. Gibt es Varianten kommt man viel leichter ins Gespräch und in der Folge vielleicht auch dazu, ein Paket zu schnüren, das sowohl vom Preis als auch von der Leistung für den Kunden perfekt ist“, sagt er.

2. Der Kunde ist faul

Warum auch komplexe Preisstrategien einfach formuliert sein müssen

Bei allem Variantenreichtum des Angebots: einfach und verständlich bleiben muss es dennoch. Diese Erkenntnis hat viel mit den Arbeiten des Wirtschaftspsychologen und Nobelpreisträgers Daniel Kahnemann zu tun. Kahnemann hat mit seiner Prospect Theory die für viele sehr überraschende These aufgestellt und empirisch bestätigt, dass Menschen sich auch bei wirtschaftlichen Entscheidungen sehr stark vom Emotionen leiten lassen.Das logische Denken setzt erst dann ein, wenn man mit Gefühlen, Routinen, Standards, Stereotypen nicht mehr weiterkommt. Und selbst dann ist immer noch die Tendenz vorhanden, zu einer möglichst schnellen Antwort kommen zu wollen. Anders gesagt: das menschliche Gehirn ist faul. Für Preisangebote bedeutet das vor allem, dass sie nicht nur die Emotion ansprechen sollen, sondern auch möglichst einfach formuliert sein müssen, damit das Gegenüber ohne groß nachdenken zu müssen erfassen kann, was ihm da angeboten wird. „Ein sicherer Weg, eine Pricing-Initiative zum Scheitern zu bringen, ist die Überforderung der Mitarbeiter und Kunden durch ein Übermaß an Komplexität“, sagt Haller.

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3. Finden Sie den Sweet Spot!

Wie Unternehmen für jeden Kunden den richtigen Preis finden können

Dynamisches Pricing bedeutet, dass Preise nicht mehr stur aus der Formel eigene Kosten plus ein bestimmter Aufschlag ermittelt werden, sondern wertbasiert, abhängig davon, wie viel einem konkreten Kunden ein konkretes Produkt oder eine konkrete Dienstleistung wert ist. Und sie werden auch davon abhängig gemacht, wie wichtig ein bestimmter Kunde für das Unternehmen ist. „Es ist klar, dass Kunden, die einem Unternehmen mehr Umsatz bringen, auch einen preislichen Vorteil erwarten dürfen“, erklärt Haller. Aber auch sonst gelte es, Preise viel differenzierter nach Kundenklassen zu setzen, etwa indem man regionale Unterschiede bei der Preisfindung berücksichtigt. Ein Beispiel unter vielen: die Holzindustrie. In dieser Sparte ist der Osten Österreichs preissensitiver als der Westen, weil dort die Konkurrenz aus Osteuropa viel stärker die Preise bestimmt. Schwieriger als solche strukturellen Unterschiede zu berücksichtigen, ist es, die individuelle Preissensitivität des Kunden einzuschätzen. Wie auch im Consumer-Bereich spielen hier unterschiedliche Faktoren eine Rolle und so kann die Bereitschaft, einen bestimmten Betrag für ein und dasselbe Produkt zu zahlen je nach Marke, Kaufumgebung, Situation und Konkurrenz massiv variieren. Im B2C Bereich sind sogenannte „Consumer Labs“ eine verbreitete Methode, um diese Zahlungsbereitschaft, die sogenannte Willingness to Pay zu ermitteln. Dabei werden sieben bis neun Probanden, die potentielle Käufer sein könnten, in Gruppendiskussionen mit unterschiedlichen Preisen für ein bestimmtes Produkt konfrontiert und ihre Reaktionen mit Hilfe der quantitativen und qualitativen Preisforschung analysiert. Im B2B-Bereich werden solche Methoden zwar gelegentlich auch angewandt, etwa von einigen Maschinenbauern, generell sehen Experten hier aber noch viel Nachholbedarf.

4. In der Ruhe liegt die Kraft

Pay per Use ist gut. Der Umstieg sollte dennoch bedacht erfolgen

Beim Umstieg von alten auf neue Preismodelle sollten eher evolutionäre, weniger revolutionäre Modelle gewählt werden. „Wenn Unternehmen, die ihre Preise bislang nach starren Modellen festgesetzt haben, indem sie mit der simplen Formel `Kosten plus X` gearbeitet haben, auf dynamische und wertbasierte Modelle umsteigen, dann sollten sie das immer schrittweise tun“, empfiehlt Pricing-Experte Haller. Auch wenn am Ende ein Pay-per-Use System stehen soll, bei dem der Kunde zum Beispiel nicht mehr für die Maschine, sondern nur noch für deren Nutzung zahlt, sei es empfehlenswert, zuerst die Pricing-Grundlagen festzulegen und auch durchzuspielen, welche Konsequenzen die angestrebte Änderung für das Unternehmen haben wird. „Vielen Unternehmen ist es nicht bewusst, dass Pay-per-Use-Modelle einen erhöhten Finanzierungsaufwand bedeuten und auch rechtliche Fragen wie etwa die der Risikoübernahme sehr komplex sein können.“ Was freilich nichts daran ändert, dass Pay-per-Use in vielen Branchen die Lösung der Zukunft sein wird, umso mehr, weil heute die technologischen Mitteln vorhanden sind, um die Nutzung von Maschinen bis in jede Einzelheit aufzuzeichnen und die Abrechnung, wenn nötig, auf die Millisekunde genau erfolgen kann. In vielen Bereichen sind Pay-per-Use-Modelle ohnehin schon heute Standard, nicht nur im viel zitierten Kopierergeschäft, sondern auch bei Aufzügen oder bei derart komplizierten Produkten wie Flugzeugturbinen, wo es inzwischen nur noch einen einzigen Anbieter gibt, der diese Maschinen verkauft. Alle anderen arbeiten mit Pay-per-Use. Auch LKW-Reifen werden zunehmend auf diese Weise bepreist, was bei Spediteuren übrigens sehr gut ankommt.

4. In der Ruhe liegt die Kraft

Pay per Use ist gut. Der Umstieg sollte dennoch bedacht erfolgen

Beim Umstieg von alten auf neue Preismodelle sollten eher evolutionäre, weniger revolutionäre Modelle gewählt werden. „Wenn Unternehmen, die ihre Preise bislang nach starren Modellen festgesetzt haben, indem sie mit der simplen Formel `Kosten plus X` gearbeitet haben, auf dynamische und wertbasierte Modelle umsteigen, dann sollten sie das immer schrittweise tun“, empfiehlt Pricing-Experte Haller. Auch wenn am Ende ein Pay-per-Use System stehen soll, bei dem der Kunde zum Beispiel nicht mehr für die Maschine, sondern nur noch für deren Nutzung zahlt, sei es empfehlenswert, zuerst die Pricing-Grundlagen festzulegen und auch durchzuspielen, welche Konsequenzen die angestrebte Änderung für das Unternehmen haben wird. „Vielen Unternehmen ist es nicht bewusst, dass Pay-per-Use-Modelle einen erhöhten Finanzierungsaufwand bedeuten und auch rechtliche Fragen wie etwa die der Risikoübernahme sehr komplex sein können.“ Was freilich nichts daran ändert, dass Pay-per-Use in vielen Branchen die Lösung der Zukunft sein wird, umso mehr, weil heute die technologischen Mitteln vorhanden sind, um die Nutzung von Maschinen bis in jede Einzelheit aufzuzeichnen und die Abrechnung, wenn nötig, auf die Millisekunde genau erfolgen kann. In vielen Bereichen sind Pay-per-Use-Modelle ohnehin schon heute Standard, nicht nur im viel zitierten Kopierergeschäft, sondern auch bei Aufzügen oder bei derart komplizierten Produkten wie Flugzeugturbinen, wo es inzwischen nur noch einen einzigen Anbieter gibt, der diese Maschinen verkauft. Alle anderen arbeiten mit Pay-per-Use. Auch LKW-Reifen werden zunehmend auf diese Weise bepreist, was bei Spediteuren übrigens sehr gut ankommt.

5. Pricing muss (wieder) Chef-Sache werden

Ohne klare Vorgaben kann dynamisches Pricing sehr schnell zu einem Bumerang werden

In vielen Unternehmen hat die Kostenseite absolute Priorität und ist daher ein ganz klarer Punkt auf der Vorstandsagenda. Zu Recht. Viele Unternehmen übersehen allerdings, dass neben der Optimierung von Prozessen, Verbesserungen im Einkauf und einer Effizienzsteigerung in der Produktion, auch der Preis einen hervorragenden Gewinnhebel darstellt. Dementsprechend unklar sind oft die Vorgaben und die Zuständigkeit beim Pricing. Im optimalen Fall ist bei der Preisfestsetzung allen Beteiligten klar, wer welche Verantwortlichkeiten hat, bis hin zur Frage, wer unter welchen Umständen, welche Rabatte vergeben darf. Hier gelte es, sagt Haller, aber neben rein ablauftechnischen Fragen auch darum, grundsätzlich margenbewusstes Verhalten im Verkauf zu fördern: „Wenn ein Vertriebsmitarbeiter schon während der Verkaufsverhandlungen sieht, dass sich ein Rabatt, den er gewähren will, negativ auf seinen Bonus auswirkt, wird die Bereitschaft, ihn zu gewähren, deutlich geringer ausfallen.“ In IT-Tools, die zu einer automatisierten Preiskalkulation verwendet werden, lassen sich solche Anreizsysteme im Prinzip sehr einfach implementieren. Dass die tatsächlich gewährleisteten Preise auch in einem ständigen Monitoring evaluiert werden, gehört ebenfalls zu einer guten, dynamischen Pricing-Strategie. Am besten geschieht das durch einen mit dieser Aufgabe explizit betrauten Pricing-Mananger. Denn, wenn niemand für die Preisdurchsetzung verantwortlich ist, macht im schlimmsten Fall der Außendienst die Preise in Eigenregie selbst. Und dann kann auch eine gute Idee wie das dynamische Pricing unter den Erwartungen bleiben.

6. Bloß nicht nach unten nivellieren

Wie Unternehmen trotz volatiler Preise im internationalen Wettbewerb bestehen können

Die Befürchtung ist häufig und nicht ganz unbegründet. Dynamisches Pricing kann, wenn es in einer Branche erst einmal durchgehend eigesetzt wird, zu einem verheerenden Wettbewerb über den Preis führen. Der Einwand, durch Preisanpassungen könne man zwar kurzfristig Marktanteile gewinnen, bewege sich aber auf Dauer in einer Abwärtsspirale, bei der es am Ende nur Verlierer geben wird, stimmt dennoch nur dann, wenn immer nur nach unten angepasst wird. „Wir raten grundsätzlich davon ab, Preise nach unten anzupassen, um mit der Konkurrenz gleichzuziehen. Besser ist es, sich des eigenen Wertes bewusst zu sein und diesen Wert beim Kunden in Preisverhandlungen auch in den Vordergrund zu stellen“, sagt Haller. Was freilich zu einem weiteren wichtigen Punkt führt: Unternehmen, die dynamisches und wertbasiertes Pricing betreiben wollen, müssen auch bei der Schulung ihrer Vertriebsmitarbeiter umdenken. Gerade im hochtechnisierten B2B-Business sind diese Mitarbeiter zwar sehr stark darin, die technischen Vorzüge ihrer Produkte darzustellen, weniger gut sind sie darin, den mit diesem Technologievorsprung verbundenen spezifischen Nutzen wie zum Beispiel geringere Gesamtbetriebskosten oder mehr Ausfallsicherheit zu betonen. Gerade das hilft dem Kunden aber den Wert des Produkts zu erkennen und steigert seine Bereitschaft einen höheren Preis zu akzeptieren.

7. Geben Sie Ihre Kosten weiter!

Warum Preisweitergaben wichtig sind und sogar zu größerer Kundenbindung führen können

Es ist ein heikles Thema: Obwohl Unternehmen mit fluktuierenden Einkaufskosten zu kämpfen haben, geben sie diese nicht weiter und belassen ihre Verkaufspreise gleich. Ein schwerer Fehler, denn auf Dauer wird so die Marge zuverlässig zerstört. Rein technisch sind heute längst Systeme möglich, die eine, auch für den Kunden klar nachvollziehbare Preisanpassung erlauben, in jedem beliebigen Intervall, sogar in Echtzeit. Doch selbst in Branchen, wo Preisschwankungen mehr Zeit brauchen, bis sie merkbar werden, sind Anpassungen im Jahresrhythmus immer noch besser als der völlige Verzicht drauf, aus Angst den Kunden zu verlieren. Wenn Preisweitergaben als ein Element von Dynamic Pricing dem Kunden gegenüber nachvollziehbar und offen kommuniziert werden, können sie zu mehr gegenseitigem Verständnis und letztlich auch zu mehr Kundennähe führen. Ein weiterer Vorteil von dynamischen, angepassten Preisen: Unternehmen, die diese Form der Preisfindung verwenden, sind gezwungen, sich viel genauer mit den tatsächlichen Bedürfnissen und der Marktsituation ihrer Abnehmer auseinanderzusetzen. Auch das führt auf Dauer zu einer besseren Beziehung zum Kunden.