Energy2050 : Preis für CO2: Deutsch-österreichisches Rededuell auf der Energy2050

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Die härteste Währung im Klimaschutz ist die Tonne Kohlendioxid - und die braucht einen konkreten Preis, sagen immer mehr Wissenschaftler und auch Ökonomen. Was aber passiert mit der Industrie?

Genau das ist das Thema eines österreichisch-deutschen Rededuells auf der Energy2050, der vom Verbund veranstalteten größten Energiekonferenz Österreichs in Fuschl in Salzburg. Es moderiert Birgit Fenderl vom ORF. Auf der einen Seite am Podium: Peter Koren, Vizegeneralsekretär der Vereinigung der Öesterreichischen Industrie. Auf der anderen: Manfred Fischedick, Vizepräsident des Instituts für Klima, Umwelt, Energie in Wuppertal.

Pointierte Positionierung von Peter Koren

Peter Koren betritt spürbar kampflustig die Bühne und legt gleich los. "Österreich hat 0,2 Prozent der Weltemissionen. Europa weniger als 10 Prozent. Wenn wir Österreich auslöschen, wird es am Klimawandel genau nichts ändern.

Als ich klein war, war die Mur nur abschnittsweise klar - und stellenweise total braun. Heute ist es mit Investitionen der öffentlichen Hand und der Industrie gelungen, das Wasser klar zu machen.

Österreich ist gar nicht schlecht positioniert. Wir haben sehr hohe Recyclingquoten. Im Bereich Bahnindustrie sind unsere Betriebe weltweit führend, was Patente angeht. Auch bei den Technologieexporten ist Österreichs Industrie weltweit führend bei Umwelttechnologien und der Wasserkraft.

Die Emissionen sind mit dem Referenzjahr 2005 gesunken. Der einzige Bereich, in dem sie deutlich gestiegen sind, ist die ist die Landwirtschaft.

Wenn man den Zeitraum ab 1990 betrachtet, sind die Emissionen freilich stark gestiegen, und war vor allem wegen eines einzigen Unternehmens - aber gleichzeitig ist auch die Wertschöpfung noch viel stärker gestiegen."

Analytische Positionierung von Manfred Fischedick

Der deutsche Wissenschaftler Manfred Fischedick eröffnet sein Statement eher harmonisch. "0,2 Prozent Weltemissionen aus Österreich, knapp 2 Prozent aus Deutschland - der Klimawandel wird nicht in hier entschieden, da bin ich bei Ihnen. Es geht aber nicht nur um den Klimawandel, sondern auch um Wirtschaftlichkeit.

Ein CO2-Preis bedeutet mehr als den Ausbau des Emissionshandelssystems ETS. Warum braucht es ihn? Weil der Handelsdruck ständig steigt, global und regional. Je länger wir warten, desto höher ist die Gefahr, nicht mehr in disruptive Technologien investieren zu können. In Deutschland verfehlen wir zum Beispiel unsere Klimaziele gerade mit Pauken und Trompeten.

In 14 Ländern Europas gibt es aktuell einen CO2-Preis. In Estland kostet die Emission einer Tonne einen Euro, in Schweden sind es rund 100 Euro. Sowohl Deutschland als auch Österreich können von unserem gemeinsamen Nachbarn lernen: der Schweiz. Dort sind im Emissionshandelssystem intelligente Mechanismen eingebaut, die erlauben, Menschen mitzunehmen. Und die Emissionen sinken. Auch in Schweden sind sie seit der Einführung stark gesunken, in den Bereichen Verkehr und Wärme im zweistelligen Bereich. Schauen Sie deshalb nicht nicht nach Österreich und Deutschland, schauen Sie nach Schweden.

Klar ist: Ein CO2-Preis allein wird nicht reichen. Wir brauchen mehr. Es bedarf einer Mischung aus Emissionshandel und einer besseren Steuerung. Sehr wichtig ist auch die Frage einer Rückerstattung, für den Mittelstand wie für die Industrie.

Wann? Für Deutschland am besten gestern. Wenn wir nichts tun, werden für Deutschland bei den EU-Klimazielen Strafen von geschätzt 30 Milliarden Euro fällig."

Einwand zu Schweden

Moderatorin Birgit Fenderl wendet ein: "Schweden setzt auch stark auf Atomkraft. Das kann doch nicht die Lösung sein, oder?" Manfred Fischedick entgegnet: "Stimmt. Atomkraft kann tatsächlich nicht die Lösung sein, weder in Schweden noch global. Aber auch in Schweden werden keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut. Und wenn wir uns auf globaler Ebene das Delta anschauen aus der benötigten Reduktion von Emissionen und der Situation heute, dann bedarf es rein rechnerisch weltweit einer Errichtung von 1000 neuen Atomkraftwerken, um diese Lücke zu schließen. Das kann nicht der Weg sein. Wir müssen es anders machen."

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