Exklusiv : Post-Paket-Vorstand Umundum: "Planen keine großen Preisänderungen"

Peter Umundum Pakete Post Logistik
© Waldner

INDUSTRIEMAGAZIN: Wie entwickelt sich das Paket- und Logistikgeschäft der Post – spüren Sie schon eine Konjunkturverflachung?Peter Umundum: Wir hatten 2010 einen Umsatzzuwachs von 34 Millionen Euro, in Österreich haben wir um 9,6 Prozent zugelegt, in Südosteuropa um 11,5 und in Deutschland um 8,5 Prozent. Heuer ist das Wachstum mit 6,4 Prozent im ersten und 5,9 Prozent im zweiten Quartal sehr solide. Südosteuropa liegt sogar eine Spur besser. Werden Sie die Vorgabe von CEO Georg Pölzl von 6 bis 9 Prozent Zuwachs pro Jahr in der Division Paket/Logistik erfüllen können? Analysten haben ja zuletzt ihre Erwartungen für die Sparte deutlich zurückgenommen – die Raiffeisen Bank International rechnet zum Beispiel heuer nur mehr mit 5, 2012 gar nur mit 3,7 Prozent Wachstum.Umundum: Wir haben uns im Vorstand ein Wachstumsziel um die sechs Prozent gesetzt und sind momentan gut unterwegs. Wenn die aktuelle Finanz- zu einer Wirtschaftskrise (Anm. der dramatische Kurssturz im August) wird, muss man das sicher neu bewerten. Noch spüren wir das Gott sei Dank nicht. Ihre deutsche Tochter und Hauptumsatzbringer trans-o-flex ist ein relativ kleiner Spieler – verglichen mit der Deutsche Post-Tochter DHL - und hat gerade erst angefangen, Erträge zu bringen – wie viel Potenzial ist da in den nächsten Jahren überhaupt drinnen?Umundum: Das Kerngeschäft, das wir dort anbieten, sind Nischenprodukte: Die Kombifracht, die wir im Netzwerk abwickeln, die temperaturgeführte Logistik, das Warehousing und Logistik-Services – ein kleines Pflänzchen, das sich aber gut entwickelt. Wir wollen hier sechs Prozent Umsatzplus erreichen und setzen jetzt verstärkt auf margenstarkes Wachstum. Bisher nicht?Umundum: Es geht nicht um Umsatz um jeden Preis, wir müssen auch darauf achten, dass die Produkte gut in unser Netz passen, damit unter dem Strich auch etwas überbleibt. Für die Kunden wird es also teurer?Umundum: Es gibt jetzt ein Schwerpunktprogramm. Wir haben festgestellt, dass die Kunden dafür Verständnis haben. 80 Prozent halten das Produkt Kombifracht für einzigartig. Das heißt auch, dass wir die Kombifracht-Produkte sauber regeln: Bei operativ schwierigem – also überlangem und überschwerem - Transportgut arbeiten wir mit einem Zuschlag. Es hat keiner Freude, wenn er mehr bezahlt, aber es ist verständlich, wenn ein Gut von der Norm abweicht. Das ist für die Kunden nachvollziehbar. Im Expressgeschäft sind die Margen am interessantesten, die Post hier aber traditionell schwach. Sogar der frühere Aufsichtsratsvorsitzende Peter Michaelis hat seine Expresssendungen lieber über DHL abgewickelt. Was tun Sie dagegen?Umundum: Ein wesentlicher Baustein ist unser Eurodis-Netz für Kombifacht (Anm.: gebündelte Transporte von Paketen und Paletten), das – wenn auch ausgehend von einem niedrigen Niveau – ordentliche Zuwachsraten erwirtschaftet. Auf Basis Eurodis funktioniert ein transkontinentales Netz mit genauen Produktstandards. Das Fundament wurde durch die Produktabstimmung gelegt. Nun entwickeln wir unser Liniendienst-Konzept weiter: Jetzt geht es darum, die Standards, die wir in Eurodis aufgebaut haben, auch auszurollen. Nach wie vor Schwierigkeiten bereitet uns die Zollabwicklung in der Schweiz, in Serbien, Montengro und Kroatien. Das versuchen wir mit intelligenten Softwarelösungen zu beheben. Hier sind auch unsere Partnerschaften sinnvoll, wie mit UPS in der Slowakei und Kroatien oder mit DHL in Österreich. Wie weit sind die Südosteuropa-Töchter der Post schon ins Netzwerk integriert?Umundum: Für die Post in Österreich, trans-o-flex in Deutschland und Benelux und die Post-Töchter in Südosteuropa gibt es einen Kombifracht-Standard, der überall abgewickelt wird. Darüber hinaus ergänzen uns die Eurodis-Gesellschafter Redur in Spanien und Portugal, Sernam in Frankreich und UK Mail in Großbritannien und Irland und weitere Vertragspartner in Europa. Hier passiert eine sehr enge Abstimmung bei Produktpolitik und Pricing. In Südosteuropa profitieren wir auch von einem sehr starken B2C-Wachstum von 40 Prozent und mehr in Kroatien und Ungarn. Führt das auch zu einer Netzausweitung?Umundum: Sernam und UK Mail sind Ende 2010 hinzugekommen. In den Ländern mit Post-Töchtern, in Italien, Polen und Rumänien arbeiten wir mit Partnerverträgen. Diese Partner wollen wir auch zu Gesellschaftern machen – die großen Länder haben da Vorrang. Auch an Akquisitionen sind wir interessiert, aber nur, wenn es gut passt. Fortsetzung auf Seite 2: "Haben nicht vor in Preisdumping zu gehen".

Die Krisenrabatte sind ausgelaufen, die Transportnachfrage steigt vorerst noch an – müssen die Post-Kunden sich jetzt wieder darauf einstellen, deutlich mehr zu bezahlen?Umundum: Wir planen aktuell keine großen Preisänderungen. Es gibt bei Großkunden Zu- und Abschläge in Koppelung an den Dieselpreis, die wir in Österreich, Deutschland und Südosteuropa auf Basis transparenter Indices verrechnen. Wir versuchen Kunden über Convenience, von der Paketmarke bis zu den EMS-Tarifen, entgegenzukommen. Die Zahlen zeigen uns, dass das auch positiv aufgenommen wird. Oben drüber steht ein unserer Ansicht nach faires Pricing, das für den Kunden nachvollziehbar ist. Sind die Kapazitäten schon wieder auf Vorkrisenniveau ausgelastet?Umundum: In Summe sind wir noch nicht ganz dort. Wir sind allerdings über dem Markt gewachsen. Gerade in Österreich ist es gelungen, den B2C-Anteil konstant zu halten und im B2B-Geschäft 15 Prozent Marktanteil zu erreichen. Die 15 Prozent Marktanteil hatte die Post schon im vorigen Jahr, bis 2013 sollen es 20 Prozent sein. Schaffen Sie das?Umundum: Das ist realistisch. Wir haben in den letzten Monaten neue Kunden gewonnen, wie Gabor Schuh oder United Optics. Das B2B-Geschäft zu verstärken war richtig, und das werden wir auch weiter forcieren. Müssen Sie Marktanteile mit Rabatten kaufen?Umundum: Wir haben nicht vor in Preisdumping zu gehen. Es geht eher in Richtung Convenience. Wir haben für den KMU-Bereich eine neue Paketmarke eingeführt, die man online nutzen kann. Im Vergleich zu Mitbewerbern sind wir damit etwa auf der Relation Deutschland um bis zu 30 Prozent günstiger. Seit August gibt es außerdem die neuen EMS-Messstufen zwei und zehn Kilo, zusätzlich zu bisher vier und acht Kilo. Der Kunde kann also jetzt feiner steuern. Das sind dann mitunter schongünstigere Tarife, die interessant sind.Auch auf der Empfängerseite versuchen wir etwas für die Versender zu tun: Aktuell testen wir Nachmittagszustellung, um die Zahl der gelben Zettel zu reduzieren. Außerdem bereiten wir ein Pilotprojekt mit Paketboxen vor, in denen Pakete hinterlegt werden. Der Kunde bekommt einen elektronischen Schlüssel, mit dem er die Box öffnen und sein Paket im Wohnhaus rund um die Uhr abholen kann. Damit erfüllen Sie langjährige Forderungen von Großversendern.Umundum: Wir entwickeln das teilweise sogar gemeinsam. Mit den großen Versandhändlern läuft gerade ein Versuch mit doppeltem SMS-Aviso. Wenn das Paket im ersten Verteilzentrum eintrifft, also ein bis zwei Tage vor Zustellung, bekommt der Kunde eine Benachrichtigung und kann uns mitteilen, wohin er es geliefert haben möchte. Am Tag der Auslieferung bekommt er noch einmal ein SMS mit Uhrzeit und Zustelladresse. Fortsetzung auf Seite 3: Verbundzustellung von Briefen und Paketen wird ausgebaut.

Die Kurzzeitkonkurrenz durch die deutsche Hermes zwischen 2007 und 2009 hat die Post 40 Prozent Marktanteil bei den Paketen gekostet und zu Strukturreformen veranlasst, die sonst bei der Gewerkschaft nicht durchgegangen wären. 2009 lagerte Hermes die Zustellung großteils wieder an die Post aus. Ein doppelter Segen für Sie?Umundum: Wir waren gezwungen, das Zustellbasennetz zu verringern und Mitarbeiter abzubauen. Den neuerlichen Anstieg beim Paketaufkommen bewältigen wir mit neuen eigenen und externen Mitarbeitern. Der Rationalisierungsdruck bleibt also?Umundum: Dieser Hermes-Effekt hat uns sehr schnell dazu gezwungen zu rationalisieren. Ein wesentliches Thema dabei war die Verbundzustellung. Wir versuchen aus Kosten- und Umweltgründen außerhalb der Ballungszentren gemeinsam mit der Briefzustellung zu agieren. Über 40 Prozent der B2C-Paket-Volumina werden bereits in dieser Verbundzustellung abgewickelt. Diese werden wir sicher konsequent ausbauen. Außerdem geht es um Cut off-Zeiten und Qualitäten. Bei steigendem Volumen schlagen auch Mengeneffekte durch. Bei sinkenden Mengen im Briefgeschäft ist die Kostenreduktion schwieriger. Sie verlassen sich nur auf die Skaleneffekte?Umundum: Natürlich nicht ausschließlich, aber momentan gehen die Prognosen von weiter steigenden Mengen aus. Jetzt geht es darum, unterproportionale Kostensteigerungen zu haben. Werden Sie Paketverteilzentren schließen?Umundum: 2010 ist das Netz der sechs Brief- und sieben Paketverteilzentren in einer intensiven Analyse bestätigt worden. Dieses Netzwerk ist auch notwendig, um in Österreich die bestehenden Mengen gut bedienen zu können. Wir rüsten eher bei der Sortierleistung nach, etwa durch Maschinen-Updates. Wir investieren auch in den Fuhrpark und tauschen heuer hundert Zustellfahrzeuge aus. Weil Ihr CO2-neutral-Zertifikat von Großversendern nachgefragt wird?Umundum: Wir investieren in die Flotte, wir haben 77 Erdgasfahrzeuge in Betrieb und sind heuer sehr intensiv in E-Mobilität eingestiegen: Wir werden bis Jahresende 18 E-Autos, 75 E-Moped und um die hundert E-Fahrräder im Testbetrieb haben. Zusätzlich werden wir CO2-Zertifikate kaufen, die mit dem fossilen Verbrauch gegengerechnet werden. Damit stellen wir CO2-neutral zu. Die Kunden wird das aber nichts zusätzlich kosten. Interview: Maike Seidenberger Fortsetzung auf Seite 4: Post-Paket-Division im ersten Halbjahr mit mehr Volumen und Gewinnsteigerung

Zur PersonPeter Umundum (46) arbeitete nach einem Studium der Informatik und Technischen Mathematik 1988 als IT-Leiter von Steirerbrau. Ab 1994 führte er die IT-Abteilung der Styria Medien und wurde zwei Jahre später Geschäftsführer der Tochter Media Consult Austria. 1999 gründete er den Zustelldienst redmail mit und wurde dessen Geschäftsführer. 2001 wechselte Umundum in die Geschäftsführung der Tageszeitung „Die Presse“, drei Jahre später wurde er Geschäftsführer der „Kleine Zeitung“. 2005 wechselte Umundum als Mitglied der Divisionsleitung Brief zur Post. Weiters war er auch für die Tochterunternehmen feibra und „Wiener Bezirkszeitung“, Weber Escal in Kroatien und Scanpoint Europe verantwortlich. Seit 1. April 2011 ist er Post-Vorstand für die Bereiche Paket und Logistik. Sein Mandat läuft bis Ende März 2014. Gute Zahlen für Post-PaketdienstIm ersten Halbjahr 2011 erzielte die Paket- und Logistik-Sparte einen Umsatz von knapp 411 Millionen Euro (um 6,2 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2010). Basis der Zunahme ist ein gestiegenes Paketvolumen bei anhaltendem Preisdruck in nahezu allen Märkten. Trotzdem legte das EBIT um 69 Prozent auf 10,3 Millionen Euro zu. Per Ende Juni 2011 beschäftigte der Paket- und Logistikbereich 4.060 Mitarbeiter. Cashcow der Post bleibt aber das Briefgeschäft: Im ersten Halbjahr (nach Wegfall des Briefmonopols und der Tarifreform im Mai) erwirtschaftete der Bereich bei einem Umsatz 651,5 Millionen Euro ein EBIT von satten 130,4 Millionen. 2010 erwirtschaftete die Post-Division Paket & Logistik einen Umsatz von 802 Millionen Euro (um 4,4 Prozent mehr als 2009), 630,5 Millionen davon mit Expresspaketen (Zustellung binnen 24 Stunden) – das Segment wuchs mit plus ein Prozent allerdings unterdurchschnittlich. Den Großteil des Umsatzes erwirtschaftet die Post über ihre deutsche Express-Logistiktochter trans-o-flex (Umsatz 2010: 524 Millionen Euro). Belastet wurde das Ergebnis 2010 durch die Einstellung verlustbringender Aktivitäten 2009 in Deutschland. Das Auslaufen der Wirtschaftskrisen-Rabatte machte sich in Österreich bemerkbar: Viele Versender stiegen von den teuren Express- auf günstigere Standardpakete um. Dementsprechend stieg hier 2010 der Umsatz um fast 20 Prozent auf knapp 161 Millionen Euro, was auch an der Teil-Auslagerung der Paketzustellung vom deutschen Konkurrenten Hermes zurück zur Post (ab 2009) lag. Das EBIT drehte mit 10,5 Millionen Euro nach minus 9,3 Millionen 2009 ins Plus.