Arbeitsmarkt : Pfusch: Österreich hat EU-weit das geringste Problem

Rund 6,2 Prozent des heimischen Bruttoinlandsprodukts entfällt auf Schwarzarbeit - im EU-Schnitt liegt der Anteil der Schattenwirtschaft bei 16,3 Prozent. Damit liegt Österreich EU-weit an der Spitze, wie Berechnungen des Linzer Ökonomen Friedrich Schneider ergeben. 2019 soll das Volumen hierzulande im Jahresabstand um 5,1 Prozent auf 24,1 Mrd. Euro weiter sinken, wie aus den Berechnungen hervorgeht.

"Bei uns ist die Kontrollintensität wohl nicht so ausgeprägt wie in anderen Ländern - mit Ausnahme der Bauwirtschaft", erklärte der Volkswirt im Gespräch mit der APA. "Die Frage der 'Nachbarschaftshilfe' ist bei uns sehr ausgeprägt - was in Deutschland unter Pfusch fällt, ist bei uns nicht unter Pfusch subsumiert." Beim Häuslbauen würden nur die Stunden aufgeschrieben und gegengerechnet - "heut' bau ich, nächstes Jahr baust du." Viele Häuser und Eigenheime gäbe es aber ohne Pfusch gar nicht.

Der größte Verlierer bei der Schwarzarbeit sei der Staat, dem hauptsächlich Sozialversicherungsbeiträge entgingen, so Schneider. Die Steuer- und Sozialversicherungsausfälle belaufen sich den Angaben zufolge auf 2 bis 3,5 Mrd. Euro pro Jahr. Die Steuerverluste hielten sich in Grenzen, da das schwarz verdiente Geld sofort wieder in der offiziellen Wirtschaft ausgegeben werde. Ein weiterer Verlierer seien die Krankenversicherungen, welche die erhöhten Kosten der zusätzlichen Unfälle bzw. Arbeitsunfähigkeit der Pfuscher tragen würden.

In den 28 EU-Staaten soll es heuer gegenüber 2018 einen Rückgang der Schwarzarbeit um nur 0,54 Prozentpunkte geben. Ähnlich niedrige Pfusch-Raten wie Österreich weisen die Niederlande und Luxemburg mit 7 bzw. 7,4 Prozent des BIP aus. Am massivsten zutage tritt die Schattenwirtschaft in Bulgarien (30,1 Prozent), Rumänien (26,9 Prozent) und Kroatien (26,4 Prozent).

Der heuer für Österreich erwartete Rückgang des Pfuschens sei "primär der wirklich kräftigen Konjunktur zu verdanken und der doch deutlich gesunkenen Arbeitslosigkeit", so Schneider. "Da ist der Anreiz viel, viel kleiner." Der offiziell versteuerte Verdienst sei gut und auch die Steuerreform werde Entlastungen bringen. "Würde man sich auch noch trauen die kalte Progression abzuschaffen, würde das der Schattenwirtschaft einen Dämpfer versetzen", ist der Ökonom überzeugt. Damit sei aber nicht vor 2022/23 zu rechnen.

Da besagte Steuerprogression insbesondere mittlere und untere Einkommensschichten treffe, sei der Effekt auf die Schattenwirtschaft hoch - von einem Prozent Lohnsteigerung würden ungefähr 30 Prozent durch die kalte Progression wegbesteuert. Wäre diese per 1. Jänner 2019 abgeschafft, würde sich die Schattenwirtschaft heuer um fast 1,8 Mrd. Euro verkleinern, nicht nur um 1,3 Mrd. Euro, betonte Schneider.

Den Berechnungen zur Schwarzarbeit für 2019 zugrunde gelegt sind die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS, die für heuer von einem Anstieg des offiziellen BIP um 1,9 Prozent und einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um rund 15.000 Personen ausgehen. Beide Faktoren bringen dem Volkswirt zufolge ein Absinken des Pfuschvolumens um 980 Mio. Euro; die Einführung des Familienbonus bewirke weitere 320 Mio. Euro. Seit 2005 sinkt die Schattenwirtschaft in Österreich mehr oder weniger kontinuierlich - Ausreißer nach oben gab es aber beispielsweise 2009 (plus 2,9 Prozent), 2014 (plus 5,8 Prozent) und 2015 (plus 4,5 Prozent).

66 Prozent der Wertschöpfung kommen 2019 von Pfuschern die (selbstständig oder unselbstständig) in einem offiziellen Job beschäftigt sind, die volle Steuer- und Abgabenlast tragen und "nur" die schwarzen Überstunden nicht versteuern. 16 Prozent der Schwarzarbeit gehen auf das Konto der organisierten Kriminalität (Prostitution, Bau), 17 Prozent kommen von Arbeitslosen und Frühpensionisten.

Nach Bundesländern betrachtet wird heuer in Wien mit einem Volumen von voraussichtlich 4,8 Mrd. Euro am meisten gepfuscht. Dahinter folgen Oberösterreich (mit 2,9 Mrd. Euro) und Niederösterreich (mit 2,8 Mrd. Euro).

Mit rund 39 Prozent den größten Anteil an der Schattenwirtschaft hat der Sektor Baugewerbe und Handwerksbetriebe (inklusive Reparatur). In diesem Bereich werden 2019 voraussichtlich 9,9 Mrd. Euro umgesetzt - davon fast 1,9 Mrd. Euro in Wien, 1,14 Mrd. Euro in Oberösterreich und 1,10 Mrd. Euro in Niederösterreich.

Ohne Steuern abzuführen aktiv am Arbeiten sind des Weiteren Gewerbebetriebe und haushaltsnahe Dienstleister. Deren Anteil an der Schwarzarbeit liegt bei 17 Prozent bzw. 4,3 Mrd. Euro - 813 Mio. Euro davon in Wien, 495 Mio. Euro in Oberösterreich und 481 Mio. Euro in Niederösterreich. Dahinter folgen die Sektoren "andere Gewerbe- und Industriebetriebe" (Kfz, Maschinen, etc.) sowie "Dienstleistungsbetriebe" (Hotels, Gaststätten, etc.). In diesen beiden Sektoren erreicht der Pfusch heuer ein Volumen von knapp 4,1 Mrd. Euro - 765 Mio. Euro davon in Wien, 466 Mio. Euro in Oberösterreich und 452 Mio. Euro in Niederösterreich.