Finanzierung : „Personalkosten haben noch keine Bank in Schieflage gebracht“

Herr Gasselsberger, die meisten Banken bauen gerade ihr Filialnetz ab, Sie wollen neue Niederlassungen eröffnen. Wie kommt das?

Franz Gasselsberger Wenn Sie kundennah sein wollen, dann benötigen Sie auch Filialen, das ist ganz klar. Für uns sind unsere Standorte die ideale Vertriebsschiene. Und ganz ehrlich: Wenn im Bankgeschäft Filialen ein zu großer Kostenfaktor sind, dann machen Sie eindeutig etwas falsch. Und zwar was? Es ist noch keine Bank in Schieflage geraten, weil sie zu hohe Personalkosten hatte. Aber sehr viele, weil sie die Kreditrisiken nicht richtig gemanagt haben. Unser größtes Augenmerk liegt auf der Risikofrüherkennung. Im Idealfall erkennen wir eine Gefährdung des Geschäftes, zehn Monate bevor sie schlagend wird, dann ist man auch noch handlungsfähig. .

.. indem man dann versucht, den Kunden loszuwerden?

Gasselsberger Nein, indem man gemeinsam mit ihm eine Strategie entwickelt. Allen Banken hat die Professionalisierung der Risikobewertung enorm geholfen. Auch wenn das viele so nicht gerne hören, aber Basel III war eine gute Sache, die die Branche deutlich weitergebracht hat.

Werden kommende Regularien für die Schuldner demnach noch mehr Berichtspflichten bringen?

Gasselsberger Nein, das glaube ich nicht. Zahlen und Fakten haben wir heute schon mehr als genug. Die Frage ist, wie ziehen wir die richtigen Schlüsse.

Was unterscheidet die Risikobewertung bei der Oberbank von jener von anderen Banken?

Gasselsberger Wir betrachten bei unserer Kreditpolitik nicht überwiegend die angebotenen Sicherheiten, sondern stellen die Betrachtung des Managements in den Mittelpunkt. Wie nachhaltig erfolgreich wird ein Unternehmen tatsächlich geführt? Hier nützt es auch nichts, nur stark defensiv zu sein, damit schießt man keine Tore. Und trotzdem haben wir ein unterdurchschnittliches Kreditrisiko. Die Rate unserer Non-performing Loans ist 3,5 Prozentpunkte unter dem Marktschnitt.

Die Betrachtung des Managements klingt ein wenig nach dem Vorstandskredit aus alten Zeiten.

Gasselsberger Nein, ganz sicher nicht. Hier gibt es eine klare Machtfolge – am Votum des Risikovorstandes vorbei, der eine rationale Entscheidungsgrundlage hat, wird kein Geld verliehen.

Man kommt um diese Frage nicht umhin: Wie passt die individuelle Wahrnehmung, Banken möchten am liebsten nur mehr Einfamilienhäuser mit Grundbucheintrag finanzieren, zu den tatsächlichen verfügbaren Geldmengen?

Gasselsberger Das verstehe ich im Einzelfall, aber auf unser Institut im Gesamten trifft dieser Widerspruch bestimmt nicht zu. Wir hatten 2016 das stärkste Kreditwachstum aller Zeiten. Bei den Investitionskrediten um zehn Prozent. 30 Prozent aller neuvergebenen ERP-Kredite wurden über unser Haus abgewickelt.

Auch die Oberbank hat derzeit ein beachtliches Beteiligungsportfolio. Wie viel davon ist passiert, wie viel war Strategie?

Gasselsberger Sowohl als auch. Die 34 Prozent an den Gasteiner Bergbahnen sind schon fast historisch, ebenso die Uralt-Beteiligung an Lenzing. An der Voestalpine haben wir sehr gezielt unsere Anteile mit mittlerweile 7,6 Prozent aufgebaut. Um die nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Derzeit gibt es weder Überlegungen, das Portfolio stark auf- noch abzubauen.

Was wird aus der Oberbank, wenn Österreich too small für sie wird?

Gasselsberger Wir haben in Deutschland sowie in Osteuropa in Tschechien und Ungarn Filialen. In Ungarn haben wir zwar nur neun Filialen, in Relation zur Größe ist das aber unser erfolgreichster Geschäftsbereich. Dort wollen wir noch kräftig expandieren. Unser Plan 2020 sieht für die Umsetzung des Konzepts als überregionale Regionalbank etwa 170 bis 180 Filialen vor.

Sie haben in der Vergangenheit Jahr für Jahr bessere Ergebnisse erwirtschaftet und konnten mit Ihrem Institut – vielleicht auch auf Grund der Schwäche mancher Mitbewerber – kontinuierlich wachsen. Nun stehen Sie im Bankgeschäft völlig neuen Konkurrenten gegenüber. Wie entgegnen Sie der Bedrohung durch die sogenannten Fintechs im Kundengeschäft?

Gasselsberger Sie haben schon Recht, das Rollenbild einer Bank hat sich massiv geändert und wird sich noch weiter ändern. Gerade einfache Serviceleistungen werden künftig ganz anders strukturiert sein. Aber ich fürchte mich nicht wirklich. Im Zahlungsverkehr werden zwar alle Banken bald unter Druck kommen, aber bei den Finanzierungen sehe ich keine große Bedrohung. Und vor allem das Firmenkundengeschäft ist sehr dienstleistungslastig, hier haben wir auch unsere Stärken.