Autonomes Fahren : Patente zu Roboterautos: Bosch und Audi weit vor Tesla und Apple

Europas Autobauer mussten zuletzt massive Kritik aushalten. Der zentrale Vorwurf vor allen an die deutschen Hersteller: Sie hätten alle Trends bei selbstfahrenden Autos und alternativen Antrieben verschlafen.

Die Realität sieht offenbar anders aus. Während die große Mehrheit der Öffentlichkeit den Roboterautos weiterhin distanziert bis ablehnend gegenübersteht, fährt die deutsche Autoindustrie mit ihren großen Zulieferern bei der Entwicklung der autonomen Fahrzeuge vorneweg. Das ergibt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Allerdings: Dieses Institut positioniert sich traditionell eher auf der Seite der Arbeitgeber.

Dieser Studie zufolge kommt von den weltweit angemeldeten Patenten zum autonomen Fahren mehr als die Hälfte von deutschen Herstellern, nämlich 52 Prozent. Betrachtet man die zehn Unternehmen mit den meisten Patenten, sind darunter sechs aus Deutschland - davon vier Hersteller und zwei Zulieferer.

Betrachtet man allein die Zulieferer, so kommt Deutschland sogar auf einen Anteil von gut 76 Prozent der globalen Patente. Mit weitem Abstand vorne liegt übrigens Bosch, gefolgt von Audi und Continental.

Die stolzen Kalifornier kommen an der Spitze überhaupt nicht vor - bis auf Google

Bemerkenswert sei, schreiben die Studienautoren, dass Ford zuletzt stark aufgeholt habe und nun den vierten Rang belege.

Bemerkenswert ist allerdings auch etwas anderes: Die als extrem innovationsstark und als Treiber des Marktes geltenden Internetriesen aus dem Silicon Valley spielen an der Spitze der Innovationen zum autonomen Fahren praktisch keine Rolle. So kommen weder Apple noch Tesla unter den zehn besten vor.

Allein Google schafft es ins Ranking - relativ weit abgeschlagen auf dem zehnten Platz. Oder in Zahlen formuliert: In den vergangenen sieben Jahren hat Google 338 Patente angemeldet. Das heißt, trotz intensiver Arbeit und großer Ankündigungen hält Google derzeit laut der Studie nur auf knapp sieben Prozent der weltweiten Patente rund um Roboterautos.

Vielfältigste Patente

Erfasst wurden über 5.800 von insgesamt gut 9.000 Patenten zum autonomen Fahren seit 2010, davon entfielen mehr als die Hälfte auf Hersteller und fast ein Drittel auf etablierte Zulieferer. Bei diesen Patenten geht es auch etwa um Kamera- oder Radarsysteme.

Spitzenreiter war der Studie zufolge Bosch mit 958 Patenten vor Audi (516) und Continental (439). Auch BMW, Volkswagen und Daimler zählen zu den Top 10 der Patentanmeldungen zum autonomen Fahren, außerdem Ford, GM und Toyota. Unter den Autoherstellern entfielen fast 47 Prozent der weltweiten Patente auf deutsche Unternehmen, bei den Zulieferern liege der deutsche Anteil sogar bei gut 76 Prozent.

Die zentrale Warnung des Studienautors: Angriffe von außen steigen massiv

Ausruhen auf ihrer guten Ausgangslage dürfe sich die deutsche Autoindustrie allerdings nicht, warnte Studienautor Hubertus Bardt. Besonders "in der Etablierung völlig neuer und datenbasierter Geschäftsmodelle" würden die Schwierigkeiten von morgen liegen. Und genau hier werde der Vorsprung der deutschen Herstellervon außen angegriffen. Die Sorge sei, dass einer der Software-Riesen sich einen Vorsprung erarbeite, der nicht mehr aufzuholen sei, sagte Bardt. Denn die Zahl der Patente habe seit Ende 2015 um 60 Prozent zugenommen.

Der Experte argumentierte, der Wettbewerb um autonomes oder teilautonomes Fahren beginne nicht erst mit selbstfahrenden Roboterautos, sondern mit heute teils schon angebotenen Assistenzsystemen. Die gute Ausgangslage der deutschen Hersteller im Wettbewerb um autonome Autos erklärte er etwa mit dem hohen Premiumanteil. Kunden von Oberklasse- und Premiumautos dürften demnach auch für Assistenzsysteme sowie autonomes Fahren "eine entsprechende Zahlungsbereitschaft aufbringen".

Trotz allem Jubel: Die Menschen lehnen die Technologie weiter massiv ab

Gleichzeitig steht eine große Mehrheit der Deutschen den Roboterautos weiter skeptisch bis ablehnend gegenüber. Laut einer jüngst vorgelegten Umfrage der Tankstellenkette Aral konnte sich nur jeder fünfte Befragte vorstellen, künftig sein Auto eigenständig fahren zu lassen.

(red/dpa/apa)