Anlagenbau : OMV und Borealis planen mit Verbund und Lafarge große CCU-Anlage

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Die Industriekonzerne Lafarge (Zement), OMV (Erdöl und -gas), Verbund (Strom) und Borealis (Chemie) basteln an einer Kooperation, um weniger umweltbelastend zu produzieren. Bis 2030 wollen sie gemeinsam einen Anlage zur Abscheidung und Nutzung von Kohlendioxid (CO2) im großindustriellen Maßstab errichten, wie die Unternehmen mitteilten. Die Finanzierung ist aber noch nicht gesichert.

Für den nächsten Schritt hin zu einer CO2-freien Wirtschaft sind den Industriekonzernen zufolge "richtungsweisende Finanzierungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen" entscheidend. Der Erfolg des gemeinsamen Projektes werde wesentlich davon abhängen, ob die notwendigen finanziellen und regulatorischen Rahmenbedingungen sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene geschaffen werden. Die Absichtserklärung steht jedenfalls.

Die Anlage soll die Abscheidung von CO2 aus der Zementherstellung sowie die Herstellung von Kunststoffen, Olefinen und Kraftstoffen auf Basis erneuerbarer Rohstoffe ermöglichen. Angestrebt wird also eine sektorübergreifende Wertschöpfungskette, um Klimaneutralität, Kreislaufwirtschaft und Innovation voranzutreiben. Die Emissionen in der Zementproduktion sollen "signifikant verringert" werden, indem das Treibhausgas CO2 als wertvolle Ressource für die industrielle Weiterverwendung genutzt wird.

Die beteiligten Unternehmen kooperieren im Rahmen eines Projekts mit dem Namen "Carbon2ProductAustria" (C2PAT). Erklärtes Ziel ist es, "nahezu 100 Prozent" des jährlichen CO2-Ausstoßes im niederösterreichischen Zementwerk in Mannersdorf von 700.000 Tonnen CO2 abzuscheiden.

Das Kohlendioxid stünde dann als Ressource zur Verfügung und werde von der OMV mit Hilfe von Wasserstoff zu Kohlenwasserstoffen verarbeitet. Dabei soll grüner Wasserstoff zum Einsatz kommen, den der Verbund in einem Elektrolyseprozess auf Basis von Strom aus erneuerbaren Energien produziert. Die Kohlenwasserstoffe werden dann wiederum von der OMV für die Erzeugung von Kraftstoffen und von Borealis für die Herstellung von Kunststoffen verwendet. C2PAT ermögliche "einen nahezu geschlossenen CO2-Kreislauf".

Anlage im Zementwerk in Mannersdorf

Das Hauptziel des Projekts ist die Planung und der Betrieb einer Anlage zur Kohlenstoffabscheidung im Zementwerk in Mannersdorf (NÖ). Außerdem wird der Aufbau einer geeigneten Infrastruktur und eines voll funktionsfähigen Gesamtsystems zur Weiterverarbeitung des abgeschiedenen CO2 zu Kohlenwasserstoffen geprüft.

Das Projekt umfasst darüber hinaus die weitergehende Verwendung des Kohlenwasserstoffs zur Herstellung einer breiten Palette von Olefinen, Kunststoffen und Kraftstoffen. Die CO2-Bilanz der neuartig gewonnenen Produkte kann so aufgrund der eingesetzten Rohstoffe deutlich verbessert werden. Die Partner verfolgen das Ziel, die Anlage im großindustriellen Maßstab bis 2030 in Betrieb zu nehmen. Ein erster Schritt auf dem Weg zum ausgewiesenen Ziel besteht in der gemeinsamen Untersuchung der derzeitigen technologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Durch die Bündelung gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten soll eine sektorübergreifende Kohlenstoff-Wertschöpfungskette erarbeitet werden.

Drei Phasen geplant

Das gemeinsame Projekt ist in drei Phasen angelegt: In Phase 1 evaluieren die Partner derzeit einen gemeinsamen Ansatz für die Projektentwicklung, das Geschäftsmodell und die Verfahrenstechnik. Basierend auf den Ergebnissen der Phase 1 könnte in Phase 2 ein Cluster von industriellen Pilotanlagen im Osten Österreichs technisch entwickelt und bis 2023 in Betrieb genommen werden. Phase 3 beinhaltet die vollständige Realisierung des Vorhabens durch Erweiterung auf die volle Größe von 700.000 Tonnen CO2, womit die globale Skalierbarkeit der Technologie demonstriert werden kann.

Das sagen die Beteiligten

"Wir fühlen uns verpflichtet, eine führende Rolle bei der Reduzierung von Kohlenstoffemissionen und der Umstellung auf eine kohlenstoffarme Baubranche zu übernehmen", so Lafarge-Chef José Antonio Primo in einer Aussendung.

"Grüner Wasserstoff bietet ein enormes Potenzial für die Dekarbonisierung von CO2-intensiven industriellen Prozessen. Um unsere nationalen und globalen Klimaziele erreichen zu können, müssen wir gemeinsam sektorübergreifend arbeiten und unsere Anstrengungen Richtung Dekarbonisierung und Klimaneutralität bündeln", erklärte der stellvertretende Verbund-Chef Michael Strugl.

Mit dem gemeinsamen Projekt kombinierten die Unternehmen Innovation und Kooperation und zeigten, dass durch den Einsatz neuer Technologien Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz Hand in Hand gehen könnten, betonte OMV-Chef Rainer Seele. "CO2 ist nicht nur ein Treibhausgas, das wir reduzieren müssen, es ist auch ein wertvoller Rohstoff, aus dem wir synthetische Kraftstoffe und Ausgangsstoffe für die chemische Industrie herstellen können."

"Das Konzept der Kreislaufwirtschaft verlangt von uns das Gesamtsystem zu betrachten, und nicht aus Bequemlichkeit die einfacheren, linearen Optionen zu verfolgen", so Borealis-CEO Alfred Stern. Die Kunststoffindustrie könne einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten: durch materialbedingte Gewichtsreduzierung, die Minimierung von Lebensmittelabfällen und durch den Übergang zu einer gut durchdachten Kreislaufwirtschaft, die die CO2-Emissionen reduziere. (apa/red)