Mineralölindustrie : OMV: Nachfrage steigt - üppige Reisekosten des Konzernchefs unter der Lupe

Beim Erdöl- und Gaskonzern OMV werden nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters die Reiseausgaben von Vorstandschef Rainer Seele und die Sponsoring-Aktivitäten des Unternehmens unter die Lupe genommen. Eine entsprechende Prüfung ordnete der Aufsichtsrat an, wie dessen Vorsitzender Wolfgang Berndt mitteilte.

400.000 Euro für Privatflugzeuge und viel Geld für Zenit St. Petersburg

Hintergrund ist ein Bericht der Onlineplattform dossier.at. Diesem zufolge zahlte OMV für Seeles Nutzung von Privatflugzeugen seit 2016 insgesamt 400.000 Euro. Die Sponsorenvereinbarung mit dem Fußballclub Zenit St. Petersburg, dem angeblichen Lieblingsteam des russischen Präsidenten Wladimir Putin, habe 25 Millionen Euro gekostet. Aufsichtsratschef Berndt sagte der Nachrichtenagentur Reuters, Seeles und seine eigenen Reiseausgaben von 2017 bis 2019 würden untersucht. Das gelte auch für alle Sponsoringausgaben.

OMV registriert Erholung der Nachfrage nach Sprit

Am Markt macht die OMV nach dem coronabedingten Nachfragekollaps erste Zeichen einer Belebung für das schwer gebeutelte Geschäft aus. "Insbesondere bei Kraftstoffen erkennen wir eine leichte Zunahme der Nachfrage", sagte Vorstandschef Rainer Seele in einem veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters.

Das zweite Quartal werde das schwerste in diesem Geschäftsjahr. "Schließlich haben wir im April die volle Wucht des Lockdown gesehen und im großen Umfang auch noch im Mai". Vor allem das Upstream-Geschäft, die Suche und Förderung von Öl- und Gas, leide unter den niedrigen Preisen und Mengen. Aber auch das Downstream-Geschäft, die Weiterverarbeitung von Rohöl zu Treibstoffen, bekomme die Nachfrageschwäche zu spüren. Produktionsstillstände seien zwar nicht zu befürchten, sich auf die Suche nach neuen Feldern zu machen, "mache derzeit aber auch keinen Sinn", sagte Seele.

Mit der Lockerung der Einschränkungen in Österreich sei der Bedarf nach Diesel und Benzin etwas gestiegen. Nachdem die Nachfrage im April um die Hälfte eingebrochen sei, lag das Minus Anfang Mai bei 40 Prozent und zuletzt noch bei 35 Prozent, sagte der Manager, der Österreichs größten Industriekonzern führt. Wie sich die Nachfrage weiter entwickelt, könne derzeit niemand einschätzen. Dies hänge auch davon ab, ob es zu einer zweiten Infektionswelle und neuen Einschränkungen komme. Manche Analysten erwarten, dass der Ölverbrauch erst in zwei Jahren wieder das Vorkrisen-Niveau erreicht.

Die Kraftstoffnachfrage war weltweit um etwa 30 Prozent gesunken, da die Wirtschaft wegen der Beschränkungen angesichts der Coronavirus-Pandemie heruntergefahren wurde und die Menschen zu Hause bleiben mussten. Die fehlende Nachfrage führte zu schweren Turbulenzen am Ölmarkt. Österreich war eines der ersten Länder in Europa, das Mitte März Geschäfte, Restaurants und Schulen geschlossen und die Menschen aufgefordert hatte, zu Hause zu bleiben. Das Land begann ab Mitte April mit einer schrittweisen Lockerung.

Seele: Ölpreise dürften ab Mitte 2020 wieder steigen

Mit einer Erholung der Ölpreise rechnet der OMV-Chef in der zweiten Jahreshälfte. "Es gibt Tendenzen, dass wir auf ein vernünftiges Ölpreisniveau zurückkehren, wie zum Beispiel die Bereitschaft der Produzenten doch sehr deutlich die Produktion zurückzunehmen". Saudi-Arabien hatte zu Wochenbeginn weitere Förderkürzungen von einer Million Barrel pro Tag angekündigt. Die ab Juni geltende Drosselung kommt zu den von den OPEC-Ländern und ihren Verbündeten ("OPEC+") beschlossenen Kürzungen von etwa zehn Prozent des Angebots dazu.

OMV hatte im ersten Quartal einen Verlust von 159 Millionen Euro angehäuft, nach einem Gewinn von 355 Mio. Euro. Das Produktionsziel senkte der Konzern für 2020 von 500.000 auf 440.000 bis 470.000 Barrel pro Tag. Für den Ölpreis rechnet OMV nun mit 40 Dollar (knapp 37 Euro) je Barrel, nach zuvor 60 Dollar. Zuletzt lag die Sorte Brent bei unter 30 Dollar je Fass.

Weiterhin Befürwortung der Übernahme von Borealis

Besser sei die Nachfrage im Bereich Petrochemie, wo OMV erst kürzlich den größten Zukauf in der Unternehmensgeschichte eingefädelt hatte. Mitte März kaufte OMV für über vier Milliarden Euro die Mehrheit am Chemiekonzern Borealis. "Wenn ich die Petrochemie nicht hätte, würde ich noch ein paar Sorgenfalten mehr haben", sagte OMV-Chef Seele. Gerade in der Coronakrise mache sich dieses Geschäft bezahlt, da OMV in den Raffinerien die wenig nachgefragten Produkte wie Kerosin oder Benzin petrochemisch verarbeiten könne und nicht alles liegen bleibe. Die Anlagen zur Herstellung von chemischen Stoffen wie Ethylen oder Propylen - die etwa für Gesichtsmasken benötigt werden - würden auf Hochtouren laufen. Dies sei auch der Grund dafür, dass die OMV-Raffinerien mit 80 Prozent weit höher ausgelastet seien als jene von Mitbewerbern. (reuters/apa/red)