Hintergrund : Offenbar Meinungsunterschiede mit PSA: Opel-Chef Neumann tritt zurück

Mitten im Eigentümerwechsel verliert der Autobauer Opel seinen Chef Karl-Thomas Neumann. Der 56-jährige Manager gab seinen Rücktritt per Kurznachrichtendienst Twitter als erstes selbst bekannt und nannte auch seinen Nachfolger, den bisherigen Finanzchef der General-Motors-Tochter. "Glückwunsch, Michael Lohscheller!", schrieb er.

Reuters erfuhr von einem Insider, der Niedersachse Neumann sei ein Kandidat für einen Vorstandsposten bei Volkswagen, womöglich als Nachfolger des im Dieselskandal angeschlagenen Audi-Chefs Rupert Stadler: Wechselt Karl-Thomas Neumann von Opel zu Audi? >>

Neumann werde der Geschäftsführung bis zum Abschluss des Verkaufs von Opel an den französischen Autokonzern PSA angehören, erklärte der Rüsselsheimer Konzern. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" hatte am Wochenende über den bevorstehenden Abschied berichtet. Die "FAS" schreibt, Neumann sehe die Übernahme durch PSA nach wie vor als richtigen Schritt. Er sorge sich jedoch, ob die Franzosen die einschneidende Wirkung der Elektromobilität richtig erkennen, schreibt das Blatt weiter.

Übernahme durch PSA soll noch heuer fertig sein

Die Übernahme von Opel durch den PSA-Konzern soll in der zweiten Jahreshälfte über die Bühne gehen, der 31. Juli sei der frühest mögliche Zeitpunkt, sagte ein Opel-Sprecher vor wenigen Tagen: Übernahme von Opel könnte schon im Juli abgeschlossen sein >>

Bis dahin müssten aber alle Voraussetzungen erfüllt sein, besonders die Freigabe durch die Kartellbehörden.

Neumann kann auf eine gute Bilanz verweisen

Der frühere VW-Manager Neumann hat in Rüsselsheim eine Menge bewirkt. Seit 2013 stand er an der Spitze des traditionsreichen Autobauers, der in den Jahren davor etliche Chefwechsel und dramatische Momente erlebt hatte. Neumann hat vor allem das Image von Opel wieder auf Vordermann gebracht.

Neumann erklärte, für ihn sei es eine schwierige, persönliche Entscheidung gewesen, Opel zu verlassen. Nach dem Abschluss des Verkaufs, der gegen Jahresende erwartet wird, wolle er sich die Zeit nehmen, über seine nächsten Schritte zu entscheiden. Bei Volkswagen wäre es der dritte Antritt für den 56-jährigen Ingenieur der Elektrotechnik.

Von 1999 bis 2004 und von 2009 bis 2012 war er in dem Wolfsburger Konzern vor allem in der Entwicklung der Elektromobilität und als China-Chef tätig. Dazwischen arbeitete er für den Autozulieferer Continental, schied aber nach einem Jahr an der Vorstandsspitze wegen Unstimmigkeiten mit dem Conti-Großaktionär Schaeffler aus. Wegen seiner Affinität zur Elektromobilität würde der Niedersache Branchenexperten zufolge gut zu Audi passen.

Offenbar gab es Konflikte zwischen Neumann und PSA-Chef Tavares

Die "FAS" hatte ohne Angabe von Quellen berichtet, zwischen Neumann und Tavares habe die Chemie von Anfang an nicht gestimmt. So habe Neumann, der Opel ganz auf Elektromobilität trimmen wollte, bezweifelt, dass Tavares die Bedeutung des Trends zu den alternativen Antrieben richtig einschätze.

Das bestätigt frühere Opel-Betriebsratschef Klaus Franz. Gegenüber der Automobilwoche" hat Franz den Rückzug Neumanns bedauert. "Ich persönlich habe schon lange mit Neumanns baldigem Abschied gerechnet, denn eine Persönlichkeit wie er kann schlicht und einfach nicht unter einem PSA-Chef Carlos Tavares arbeiten", so der ehemalige Betriebsrat.

Franzosen wollen harte Sanierung - und dann Rendite sehen

PSA will den deutschen Konkurrenten kostengünstiger organisieren. Die Franzosen sollen für das GM-Europa-Geschäft inklusive der britischen Opel-Schwester Vauxhall und der Finanzsparte rund 2,2 Mrd. Euro zahlen. Opel/Vauxhall beschäftigt etwa 38.000 Mitarbeiter in sieben europäischen Ländern, die Hälfte davon in Deutschland.

Die Beschäftigten in den deutschen Werken sind über einen Tarifvertrag bis Ende 2018 vor Entlassungen sicher. PSA unterhält eigene Entwicklungszentren mit rund 13 000 Beschäftigten, so dass Doppelfunktionen und Job-Streichungen zu erwarten sind.

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PSA-Chef Tavares plant einen "europäischen Champion"

Die Franzosen haben sich und Opel ehrgeizige Ziele gesetzt. Nicht weniger als einen "europäischen Champion" will PSA-Chef Carlos Tavares mit der Übernahme des deutschen Konkurrenten Opel schmieden.

Allerdings stehen Opel nach Ansicht von Experten davor noch einige harte Sanierungsschritte bevor. Bis 2020 soll Opel wieder profitabel sein. Einen Drei-Jahres-Plan soll es dafür geben, bei dem das Opel-Management in der Pflicht ist. In den letzten Monaten hatten beide Seite mehrfach betont, dass Neumann dabei an Bord bleiben solle, auch wenn es hinter den Kulissen auch manche Zweifel gab. (dpa/apa/red)

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PSA-Chef Tavares bekräftigt Gewinnforderng - wiederholt aber auch, Opel solle "so deutsch wie möglich bleiben" >>

Der deutsche Autobauer Opel muss nach einer Übernahme durch den französischen PSA-Konzern schnell die Gewinnzone ansteuern. PSA-Chef Carlos Tavares bekräftigte im Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" seine Vorgabe, dass Opel spätestens 2020 Gewinn machen muss.

Den Plan dafür solle das Opel-Management innerhalb von 100 Tagen nach der Übernahme vorlegen und ihn dann umsetzen. Diese könnte laut "FAZ" zum 12. September umgesetzt werden, dem Beginn der Automesse IAA in Frankfurt.

Indirekter Kommentar zum erwarteten Abgang von Neumann

Er setze beim Neustart auf die vorhandene Mannschaft, sagte Tavares. "Es sind alle Führungskräfte eingeladen, mit mir den Weg zu gehen. Sie müssen nur wissen, dass es so wie bisher nicht bleiben kann."

Zuvor veröffentlichte und inzwischen bestätigte Berichte über den Abgang von Opel-Chef Karl-Thomas Neumann kommentierte der PSA-Boss nur indirekt. Jeder müsse seine persönliche Entscheidung treffen, sagte er der Zeitung zufolge.

PSA-Chef: Opel soll "so deutsch wie möglich bleiben"

Opel solle so deutsch wie möglich bleiben, um sich mit den anderen Marken zu ergänzen meinte Tavares. Einsparmöglichkeiten sehe er insbesondere im Einkauf, beim Vertrieb und im Export. Beschäftigungsgarantien für die rund 38.000 Opel-Mitarbeiter über die bis 2018 laufenden Tarifverträge hinaus lehnte er aber ab. "Da muss man offen und ehrlich sein: Das Einzige, was Mitarbeiter schützt, ist Gewinn." (dpa/apa/red)