Konjunktur : Österreichs Wirtschaft 2020: Rückgang weniger stark als befürchtet

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Österreichs Wirtschaft ist im Coronajahr 2020 etwas weniger stark eingebrochen als noch vor kurzem angenommen. Laut vorläufigen Berechnungen der Statistik Austria sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) real um 6,6 Prozent - das Wifo war Anfang Februar noch von minus 7,4 Prozent ausgegangen. Auch im vierten Quartal war der Rückgang mit 5,7 Prozent binnen Jahresfrist geringer als zuletzt befürchtet, sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas.

Das Minus bei der Wirtschaftsleistung von 6,6 Prozent im Gesamtjahr 2020 war der markanteste Rückgang seit dem Jahr 1945. Damit ging das BIP laut Thomas um 2,8 Prozentpunkte kräftiger zurück als im Jahr der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009.

Außenhandel der Industrie um sieben Prozent gesunken

Der Einbruch bei der Waren-Herstellung spiegelte sich 2020 auch in den Warenexporten wider, deren realer Rückgang mit 6,9 Prozent laut Statistik Austria ähnlich stark ausfiel wie jener der Warenimporte (-7,4 Prozent). Deutlich stärker waren die Einbrüche bei den Exporten (-18,0 Prozent) und Importen (-17,4 Prozent) von Dienstleistungen, nicht zuletzt wegen der Reiseverkehrs-Beschränkungen.

Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden sank in Österreich voriges Jahr um 8,8 Prozent - die Zahl aller unselbstständig und selbstständig Erwerbstätigen ging demgegenüber lediglich um 1,8 Prozent auf knapp über 4,7 Mio. Beschäftigungsverhältnisse zurück.

Beherbergung und Gastronomie mit hohem Anteil am BIP

Dass Österreichs Wirtschaft im europäischen Vergleich recht hart getroffen wurde, liegt laut dem Statistik-Austria-Chef insbesondere am kräftigen Rückgang der Wirtschaftsleistung gerade in den Bereichen Beherbergung und Gastronomie. "Ihr Anteil an der österreichischen Wertschöpfung wiegt mehr als dreimal schwerer als zum Beispiel in Deutschland", so Thomas.

Am stärksten von allen Dienstleistungsbranchen in Mitleidenschaft gezogen waren in Österreich voriges Jahr mit real minus 35,2 Prozent Beherbergung und Gastronomie, gefolgt von Kultur-, Unterhaltungs-und persönlichen Dienstleistungen (-19,6 Prozent). Bei den Verkehrsdienstleistungen betrug das Minus 15,5 Prozent, der Handel insgesamt als gewichtigste Dienstleistungsbranche schrumpfte um 5,6 Prozent (Großhandel, Einzelhandel und Kfz-Handel). Im gesamten Dienstleistungsbereich fiel der reale Rückgang mit -6,7 Prozent etwas stärker aus als im Produzierenden Bereich (-5,8 Prozent). Gestützt wurde der Dienstleistungssektor durch die staatsnahen Bereiche öffentliche Verwaltung, Gesundheitswesen und Bildungswesen. Das Minus im Bauwesen betrug nur 2,3 Prozent.

Massiv gesunken sind voriges Jahr die Konsumausgaben (real -9,6 Prozent). Das lag vor allem an den Konsumausgaben der privaten Haushalte, die um 9,8 Prozent tiefer waren. Die stärksten Einbrüche gab es beim Konsum von Dienstleistungen (Beherbergung und Gastronomie, Verkehr, persönliche Dienstleistungen). Einen Anstieg gab es bei dauerhaften Konsumgütern, etwa Möbeln, sowie bei digitalen Dienstleistungen (Internet, Streaming, Downloads, Spiele), wie in einem Pressegespräch erläutert wurde.

Im vierten Quartal lag das BIP saison- und arbeitstagbereinigt real um 2,7 Prozent unter dem Vorquartal. Den stärksten Rückgang im Quartalsabstand gab es durch den ersten Lockdown im zweiten Vierteljahr mit minus 10,7 Prozent, im Quartal darauf legte das BIP sogar um 11,8 Prozent zu. Auch im Jahresabstand am stärksten abgesunken ist das BIP im zweiten Quartal mit minus 13,5 Prozent.

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Der Konsum privater Haushalte lag im Schlussquartal 2020 real um 11,2 Prozent tiefer als im vierten Quartal 2019, vor allem wegen des starken Rückgangs des Konsums von Dienstleistungen (-21,7 Prozent). Auch gegenüber dem Vorquartal gab es einen starken Einbruch beim Dienstleistungskonsum (-14,8 Prozent), der gesamte Konsum privater Haushalte ging um 5,5 Prozent zurück. Der Export von Dienstleistungen sackte im Jahresabstand real um 21,8 Prozent ab, der Import um 14,1 Prozent. Die Rückgänge im Warenexport (-2,4 Prozent zum Vorjahresquartal) und im Warenimport (-0,1 Prozent) blieben im vierten Quartal 2020 dagegen relativ moderat.

In Gastronomie, Beherbergung, Handel und Verkehr hinterließ der neuerliche Lockdown im vierten Quartal deutliche Spuren mit -19,7 Prozent real zum Vorjahresquartal, in Unterhaltung und Kultur betrug das Minus 21,5 Prozent. Gegenüber dem dritten Quartal, in dem sich diese Bereiche merklich erholt hatten, brach die reale Wertschöpfung erneut ein, laut Statistik Austria um 15,6 Prozent in Gastro, Beherbergung, Handel und Verkehr sowie um 12,5 Prozent in Unterhaltung und Kultur. Die Warenherstellung erreichte mit -1,3 Prozent gegenüber dem Schlussquartal 2019 zwar nicht das Vorkrisenniveau, wuchs gegenüber dem Vorquartal aber um 1,7 Prozent. (apa/red)

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