Pharmaindustrie : Österreichs Pharmaindustrie wünscht sich mehr Wertschätzung

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Die Pharmaindustrie stand in den vergangenen Jahren wegen zum Teil extrem hoher Preise für innovative Arzneimittel und - wiederkehrend - wegen Versorgungsproblemen bei Generika in Kritik. Der seit Anfang Juli neue Generalsekretär der Pharmig (Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs), Alexander Herzog, wünscht vor allem stabile Rahmenbedingungen und Wertschätzung für die Industrie.

"Wir sind alle Teil des Gesundheitswesens und haben das Ziel der bestmöglichen Versorgung im Krankheitsfall", sagte Herzog im Gespräch mit der APA. Herzog war nach einer Karriere in der Industrie und Funktionen in der Wirtschaftskammer vor seiner nunmehrigen Position Obmann-Stellvertreter der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft SVA. Krankenkassen und Pharmaindustrie befinden sich naturgemäß in oft gegenläufigen Positionen.

"Es geht im Gesundheitssystem immer um Kosten. Der Anteil der Arzneimittelausgaben an den Gesamtgesundheitskosten ist aber mit zwölf bis 13 Prozent in einem stabilen Korridor", sagte Herzog. Innovative Arzneimittel, zum Beispiel solche in der Onkologie, müssten "per se teurer" sein, weil die Industrie ihre Forschungsausgaben wieder hereinbekommen müsse. Er, Herzog, sehe aber in Österreich, dass der "Austauschprozess" zwischen Innovationen und billigeren Nachahmepräparaten (Generika) "relativ gut" funktioniere. Sonst müsste der Anteil der Arzneimittelausgaben an den Gesundheitsausgaben insgesamt ja steigen. Gemeinsam mit den Partnern im Gesundheitswesen müsse man hier einen "Spagat" schaffen, der den Patienten nützt.

Trotz bestehenden Pharma-Rahmenvertrags mit umsatzabhängigen Rückzahlungen an die Krankenkassen durch die Pharmaindustrie wurde in Österreich über eine Novellierung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) 2017 eine zusätzliche gesetzliche Kostenbremse für Medikamente eingeführt. Die aktuelle Regelung bedeutet, dass für die Aufnahme von Medikamenten in den Erstattungskodex der Kassen der EU-Durchschnittspreis zu gelten hat. Erhoben wird er mehrmals (nach der ersten Festsetzung durch die Preiskommission nach 18 Monaten, dann nach weiteren 24 und - als Option - nochmals nach neuerlichen 18 Monaten), um sinkende Kosten zu berücksichtigen.

Herzog ist damit nicht zufrieden. "Ich halte diesen Zugang für unglücklich." Auf einen freiwillig von den Partnern abgeschlossenen Rahmenvertrag noch eine gesetzliche Regelung aufzupfropfen, das sei der falsche Weg.

Der Affäre rund um den Blutdruckmittel-Wirkstoff Valsartan (mit Nitrosamin kontaminierte chinesische Wirkstoffe für die viele Generikahersteller) und immer wieder auftauchende Informationen über den produktionsbedingen Ausfall bei wichtigen nicht mehr patentgeschützten Arzneimitteln begegnete Herzog im Gespräch mit der APA so: "Wir haben bei Arzneimitteln in Österreich eine Verfügbarkeit von mehr als 99 Prozent." Die Ausfälle würden 0,5 oder 0,6 Prozent der Medikamente betreffen. Bei einer sehr komplexen Arzneimittelproduktion könne es immer vorkommen, dass das eine oder andere Produkt vorübergehend nicht verfügbar sei.

Gernot Idinger, Leiter der Anstaltsapotheke am LKH Steyr, auch verantwortlich für die Arzneimittelbeschaffung des OÖ Spitalsträgers GESPAG, berichtete allerdings vor kurzem beim Gesundheitsforum Prevenire in Seitenstetten: "Von heute, 13.00 Uhr, bis um 17.26 Uhr habe ich drei Nachrichten über Lieferausfälle erhalten. Für die Chemotherapeutika Paclitaxel und Gemcitabine sowie für das auf Intensivstationen eingesetzte Antibiotikum Piperacillin." Die Österreichische Ärztekammer hat mit dem Valsartan-Anlassfall vor wenigen Tagen die Forderung an die Pharmaindustrie erhoben, die Produktion wichtiger Wirkstoffe wieder verstärkt in die EU zu verlagern. Kritisiert wurden in den vergangenen Jahren auch Engpässe bei wichtigen Impfungen.

Wie die Diskussionen auch ausgehen, im österreichischen Gesundheitswesen gibt es buchstäblich aufregende Zeiten. Die "klare Pflicht" des gesamten Systems sei es natürlich, die Kosten unter Kontrolle zu halten. Gleichzeitig müssten in einem der reichsten Länder der Welt Innovationen auch möglichst schnell in die Kostenerstattung der Krankenkassen kommen können, meinte Herzog. "Ich begrüße jegliche Art von Reform", meinte er zu den derzeitigen Aktivitäten der Politik. Das Betätigungsfeld der Pharmaindustrie sei "unglaublich spannend", innovativ - es werde "unfassbar viel investiert". In Österreich bedeute das rund 18.000 Arbeitsplätze.

Was er, Herzog, sich für die nähere Zukunft wünsche: Vor allem "eine höhere Wertschätzung" für die Pharmaindustrie sowie Transparenz und Schnelligkeit bei der Übernahme der Kostenerstattung für neue und innovative Medikamente durch die Krankenkassen. (APA/red)