Ölpreise : Ölpreise wieder leicht im Plus - Karin Kneissl: "Kein Grund für Panik"
Der Ölpreis hat Dienstagvormittag wieder ins Plus gedreht. Ein Barrel (159 Liter) Nordseeöl der Sorte Brent kostet mit 69,08 Dollar (62,62 Euro) 0,1 Prozent mehr. US-Energieminister Rick Perry sagte, die USA warteten bei der Frage noch ab, ob Teile der strategischen Ölreserve freigegeben werden sollen. "Wenn wir uns die Angebotsdaten ansehen, sind wir zuversichtlich, dass der Markt weiterhin gut versorgt ist."
US-Präsident Donald Trump vermutet den Iran als Drahtzieher des Anschlags auf die weltgrößte Ölförderanlage in Saudi-Arabien. Die mit dem Iran verbündeten Rebellen im Bürgerkriegsland Jemen reklamierten den Drohnenangriff für sich.
Zu den Anschlägen:
Karin Kneissl: "Keine geopolitische Risikoprämie"
Die frühere österreichische Außenministerin und Energiemarktanalystin Karin Kneissl sieht nach dem Drohnen-Angriff auf saudische Ölanlagen keinen Grund für Panik auf dem Ölmarkt. Den jüngsten Preissprung vom Anfang der Woche will sie nicht überbewertet wissen: "Kurzfristig springen die Preise nach oben", sagte Kneissl zum deutschen "Handelsblatt". "Aber das ist keine neue geopolitische Risikoprämie."
Die 14 OPEC-Staaten mit ihrem Schwergewicht Saudi-Arabien hätten Erfahrung mit solchen Situationen, sie seien schon in der Vergangenheit extremer Preisvolatilität im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen ausgesetzt gewesen, sagte die 54-jährige Expertin für den Mittleren Osten. "Die OPEC reagiert nicht panisch. Das zeigt auch die Entscheidung des OPEC-Generalsekretärs keine Sondersitzung einzuberufen", sagte Kneissl zur Haltung des in Wien ansässigen Ölkartells.
Keine Versorgungslücke in Sicht
"Mit dem derzeitigen Szenario - einer Verknappung der Ölproduktion durch eine militärische Aktion - hat man immer wieder in- und außerhalb der OPEC gerechnet." Eine Versorgungsknappheit fürchtet Kneissl nicht: "Die Öllager sind übervoll, die Reserven brauchen nur abgerufen werden." Die parteilose Ölanalystin Kneissl war von Dezember 2017 bis Juni 2019 österreichische Außenministerin.
Die Gefahr einer militärischen Eskalation durch das Eingreifen Amerikas im Mittleren Osten erwartet Kneissl nicht. Sie ist von einer politischen Lösung überzeugt. "Die mögliche Verlagerung von Einsatzkräften ist Teil einer militärstrategischen Drohkulisse. Doch ich glaube nicht an ein militärisches Eingreifen. Die jetzige Situation lässt sich politisch wieder einfangen. Das liegt im Interesse aller Beteiligten."
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Experte: Ölpreisanstieg bald auch an heimischen Tankstellen spürbar
Dagegen meint der Ölmarktexperte David Welch vom Wiener Energieberatungsunternehmen JBC, den Preissprung nach oben dürften demnächst auch die Autofahrer an den Zapfsäulen zu spüren bekommen: "Ich glaube schon, dass es in den nächsten Tagen auch ein bisschen nach oben geht", so Welch gegenüber dem ORF.
"Die OPEC kürzte um eine Million Barrel, jetzt reden wir von 5 Millionen - man könnte diesen Ausfall für 1.000 Tage covern", schätzt Welch mit Blick auf die derzeit weltweit ohnedies hohen Rohölreserven. "Bis zu einem gewissen Grad" werde man den Produktionsausfall auch an den heimischen Tankstellen merken. Die Referenzpreise würden täglich angepasst. "Der Tankstellenbesitzer hat im Einkauf auch höhere Kosten."
"Eine neue Form der Kriegsführung"
Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass Österreich nur einen Bruchteil seines Ölbedarfs mit Lieferungen aus Saudi-Arabien deckt. Militärische Konflikte könnten die Preise kurzfristig nach oben treiben, sagte Welch, der auch einen Flächenbrand in der gesamten Region nicht ausschließt. "Kleine Anschläge können großen Schaden anrichte." Das sei "eine neue Form der Kriegsführung". (APA/red)
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