CEE : Ölpreis trifft Russland härter als westliche Sanktionen

Der Russland-Beauftragte der deutschen Regierung, Gernot Erler, hat die Geschlossenheit innerhalb der schwarz-roten Koalition und der EU in der Frage der Sanktionen betont. Es sei gemeinsame Position, dass die Strafmaßnahmen gegen Russland erst gelockert werden könnten, wenn es greifbare Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Abkommens zur Deeskalation der Lage in der Ostukraine gebe.

Dies sagte der SPD-Politiker in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Die Sanktionen seien im übrigen nicht die Hauptursache für die Wirtschaftskrise in Russland. Dafür sei vor allem der fallende Ölpreis verantwortlich.

Erler räumte ein, dass auch in Berlin der Eindruck unterschiedlicher Positionen in der Sanktionsfrage entstanden sei. So sei es richtig, wenn etwa Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) stärker vor den Folgen eines wirtschaftlichen Niedergangs Russlands warnten. "Besonders im Kanzleramt betont man im Augenblick dagegen eher eine sehr strenge Konditionalität bei einer Lockerung der Sanktionen. Aber: Die wird ja auch von der SPD nicht infrage gestellt", stellte der Sozialdemokrat klar.

Gemeinsame Haltung der EU

Auch die EU habe trotz unterschiedlicher Äußerungen aus einzelnen Ländern eine gemeinsame Haltung. "Das war auch für die russische Führung sicher unerwartet. Entscheidend sind doch nicht Begleitmusiken in den EU-Ländern, die immer etwas unterschiedlich sind. Entscheidend sind die Beschlüsse der EU", betonte Erler. Es sei gemeinsame Position, die Zukunft der Sanktionen an die Umsetzung des im September geschlossenen Minsker Abkommens zwischen der Ukraine, Russland und den prorussischen Separatisten zu knüpfen.

"Wenn es hier bei den zwölf Vereinbarungen greifbare Fortschritte gibt, dann ist auch die Zeit gekommen, über eine Lockerung der Sanktionen nachzudenken." Derzeit seien aber noch keine wirklichen Fortschritte zu beobachten, sagte Erler. So gebe es immer noch keine funktionierende Waffenruhe, keine Kontrolle der russisch-ukrainischen Grenze, den Abzug der Truppen oder die Einrichtung einer Pufferzone um eine Demarkationslinie.

Im März muss die EU über die Verlängerung der ersten, jeweils für ein Jahr beschlossenen Russland-Sanktionen entscheiden. Diese ersten verhängten Visa- und Kontensperren waren aber vor allem im Zusammenhang mit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim verhängt worden und dürften deshalb bestehen bleiben. Dagegen waren die im Sommer verhängten EU-Wirtschaftssanktionen gegen Russland mit der Eskalation in der Ostukraine und der russischen Unterstützung für die dort agierenden Separatisten begründet worden.

Wirkung der Sanktionen darf nicht überschätzt werden

Man dürfe aber die Wirkung der Sanktionen auch nicht überschätzen, sagte Erler mit Blick auf die Wirtschaftskrise in Russland. "Natürlich versucht der russische Präsident, sich auf der einen Seite nicht zu sehr von Sanktionen betroffen zu zeigen - und auf der anderen Seite die westliche Reaktion für die schwierige Wirtschaftssituation in Russland verantwortlich zu machen", sagte er. "Aber die Hauptverantwortung dafür tragen die Ölpreisentwicklung, die einseitige Ausrichtung der russischen Exportwirtschaft auf Ressourcen und die Defizite bei der Wettbewerbsfähigkeit der übrigen russischen Wirtschaft." Das Land müsse die Krise jetzt für Reformen nutzen.

Zugleich wies Erler den Vorwurf eines Kollateralschadens der EU-Sanktionen auf Länder wie Weißrussland, Kasachstan oder Turkmenistan zurück. Weißrussland sei wegen der engen Verflechtung mit Russland zwar betroffen, profitiere aber andererseits davon, dass viele Waren für den russischen Markt nun über dieses Land eingeführt würden. "Kasachstan und Turkmenistan, die beide ihre Währungen gerade abwerten mussten, sind dagegen in einer ähnlichen Lage wie Russland", sagte Erler. Ihr Wohlstand hänge stark ab vom Öl- und Gas-Export. "An ihrer Lage würde sich also durch eine Änderung der westlichen Sanktionspolitik kaum etwas ändern." (APA/Reuters)