Justiz : Niederlage für Konsumentenschutzverein VKI gegen Volkswagen

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im VW-Skandal eine juristische Niederlage erlitten. Das Landesgericht Linz wies die erste Muster-Rückabwicklungsklage des Vereins gegen einen Autohändler ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der VKI überlegt zu berufen.

Die Sammelklagsaktion des Vereins betrifft das nicht, denn da will der VKI gegen die Volkswagen AG in Deutschland vorgehen, nicht gegen einzelne Händler.

Mit der nunmehr erstinstanzlich abgeschmetterten Klage hatte der VKI stellvertretend für eine Autobesitzerin die Rückabwicklung des Kaufvertrags begehrt. Vorsorglich wurde auch eine Wertminderung geltend gemacht. Beide Ansprüche bestehen aber nach Ansicht des Landesgerichts Linz nicht.

Einzelheiten zur Entscheidung

In seiner Entscheidung (45 Cg 42/17 s 14) führt das Gericht aus, dass der Einbau der illegalen Manipulationssoftware, die den Schadstoffausstoß schönte, ein verbesserungsfähiger Mangel sei. Den Kunden sei die Verbesserung auch zumutbar. Der Zeitaufwand für das Update betrage "ca. eine halbe Stunde. Die Kunden erhalten in dieser Zeit ein kostenloses Ersatzfahrzeug oder es wird ein kostenloses Hol- und Bringservice angeboten", so die Richterin. Die vom VKI vertretene Konsumentin hat das Update übrigens bisher nicht durchführen lassen, würde es aber tun, "wenn sonst der Entzug der Zulassung drohen würde". Auch würde sich die Frau wieder einen VW-Diesel kaufen, wie sie bei Gericht sagte.

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Das Update führt nach Ansicht des Linzer Landesgerichts zu keiner Wertminderung "und auch nicht zu anderen Mängeln bzw. Schäden bzw. nachteiligen Auswirkungen". "Das Fahrzeug ist (mit und auch ohne Software-Update) uneingeschränkt gebrauchsfähig, technisch sicher und in der Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt. Es erfüllt auch die Sicherheitsstandards. ... Auch ein merkantiler Minderwert resultierend aus der 'Schummelsoftware' bzw. resultierend aus dem Softwareupdate liegt nicht vor", so das Gericht mit Bezug auf das Sachverständigengutachten, das für das Verfahren eingeholt wurde.

Das Gericht konnte nicht feststellen, dass die betroffene Autofahrerin den Wagen nicht erworben hätte, wenn sie zum Kaufzeitpunkt um die Manipulation der Software gewusst hätte. Das Argument, dass gebrauchte Dieselautos infolge des Abgasskandals generell weniger wert seien, sich also ihr Wiederbeschaffungswert verringert habe, ließ das Gericht nicht gelten.

Dem Verkaufsmitarbeiter des beklagten Linzer Autohändlers könne "jedenfalls keine rechtswidrige und vorsätzliche Irreführung" vorgeworfen werden, da er zum maßgeblichen Zeitpunkt selbst nichts von der Manipulation gewusst habe.

Linzer und Eisenstädter Gerichte widersprechen sich

Das Landesgericht Linz sagt inhaltlich etwas komplett anderes als das Landesgericht Eisenstadt, das erst vor wenigen Tagen feststellte, dass das durch das Software-Update die Mängel keineswegs beseitigt würden.

Das Eisenstädter Gericht war das erste, das den Stickoxid-Ausstoß auf der Straße maß - und zwar vor und nach dem Update. Das Ergebnis hat die Richterin "frappiert": Nach dem Update wurden die zulässigen Stickoxidwerte (NOx) noch immer um 77 Prozent überschritten, vor dem Update gar um 247 Prozent. Das berechtige zur Irrtumsanfechtung. Beim Dieselverbrauch und Kohlendioxidemissionen war dem Eisenstädter Urteil zufolge aber alles OK. Der burgenländische Fall betraf einen Audi Q3, in Oberösterreich ging es um einen VW Tiguan.

Österreichische Porsche Holding begrüßt die Entscheidung

Die österreichische Porsche Holding freut sich naturgemäß über das druckfrische Linzer Urteil, das der APA vorliegt. Die Entscheidung "entspricht auch der mittlerweile wiederholt geäußerten Rechtsansicht der Oberlandesgerichte in Österreich (Wien, Linz, Graz und Innsbruck).

Es handelt sich bei dem gegenständlichen Verfahren um den ersten Musterprozess, den der VKI gegen einen VW-Händlerbetrieb führt", so die Porsche Holding in einem schriftlichen Statement gegenüber der APA. Die Position der Händler und Hersteller werde durch die Linzer Entscheidung erneut bestätigt.

Ganz anders sieht das der VKI, der überlegt, in Berufung zu gehen, wie Chefjurist Thomas Hirmke der APA auf Anfrage sagte.

Dieses Urteil hat mit Sammelklagsaktion und Eisenstädter Urteil nichts zu tun

Mit der Sammelklagsaktion des Vereins habe das Urteil nichts zu tun, denn hier sollen nicht Händler, sondern die VW AG in Deutschland geklagt werden. Zu der Aktion haben sich rund 10.000 vom Abgasskandal betroffene Fahrzeughalter angemeldet, die Frist ist vergangene Woche abgelaufen.

Jetzt hat der VKI alle Hände voll zu tun. "Wir müssen jeden einzelnen Fall prüfen", so Hirmke. Da die Gegnerin, die Volkswagen AG, in Deutschland sitzt, kann der VKI nicht alle 10.000 Ansprüche bei einem Gericht einklagen, sondern muss 16 Klagen - bei allen 16 Landesgerichten - einbringen, und zwar jeweils dort, wo das Fahrzeug gekauft bzw. übergeben wurde. Bis spätestens 18. September 2018 muss der VKI seine 16 gebündelten Klagen eingebracht haben, denn zu diesem Zeitpunkt beginnt wahrscheinlich frühestens die Verjährung.

Argumente von VW

Die Wolfsburger Volkswagen AG will der VKI auf Schadenersatz klagen. Der VKI argumentiert, dass sich durch die Manipulation bzw. das Update der Wert der Fahrzeuge verringert habe. Für die Folgeschäden aus dem Update hafte Volkswagen, daher solle der Konzern den betroffenen Fahrzeughaltern eine Geldsumme - ein Fünftel des Kaufpreises - zahlen. Bei den Händlerklagen geht es hingegen mehrheitlich um Irrtum und manchmal Gewährleistung: Die Kläger wollen ihren Vertrag in der Regel rückabwickeln, also ihr Auto zurückgeben und dafür ihr Geld oder einen Teil davon (abhängig vom Alter des Fahrzeugs) zurück.

Gesamtzahlen für Österreich

Insgesamt sind in Österreich geschätzte 394.000 manipulierte Dieselfahrzeuge des Volkswagen-Konzerns (VW, Audi, Seat und Skoda) unterwegs. An der VKI-Aktion konnten nur Private mit Fahrzeugen, die zwischen 2008 und 2015 gebaut und vor dem 18. September 2015 gekauft wurden, teilnehmen. Firmenwagen waren ausgeschlossen, ebenso im Ausland gekaufte Autos und Leasingfahrzeuge, bei denen der Leasingvertrag noch aufrecht ist. (apa/red)

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