Mineralölindustrie : Neuer Deal in Abu Dhabi: OMV kann Kapazitäten massiv erhöhen

Der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV erwirbt um 2,5 Mrd. Dollar 15 Prozent an der ADNOC Refining in Abu Dhabi sowie einen ebenso großen Anteil an einem Trading Joint-Venture, das gegründet werden soll. Die Vereinbarung dazu hat OMV-Chef Rainer Seele in Abu Dhabi mit ADNOC-Generaldirektor Sultan Ahmed Al Jaber unterzeichnet. Bei der Unterzeichnung waren auch Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) und Kronprinz Sheikh Mohammed bin Zayed Al Nahyan anwesend.

Unter diesem Artikel finden Sie eine grafische Übersicht zu der Beteiligung.

"Fast zweimal Burghause dazugenommen"

Mit dem Einstieg bei ADNOC Refining in Abu Dhabi erhöht die OMV ihre Raffinerie-Kapazität um 40 und ihre Petrochemie-Kapazität um 10 Prozent. Durch den heutigen Deal steigt die jährliche Rohölverarbeitungskapazität der OMV um 7,1 Mio. Tonnen, die kleinste Raffinerie im OMV-Portfolio, Burghausen, kommt auf 3,8 Mio. Tonnen. "Wir haben fast zweimal Burghause dazugenommen", sagte OMV-Chef Rainer Seele.

"Diese Raffinerie sitzt logistisch gerade im Zentrum zwischen dem asiatischen und dem europäischen Markt, sie bedient aber auch den afrikanischen Markt", sagte Seele am Sonntag zur APA. 70 Prozent der Kapazitäten dieser Raffinerie werden exportiert. 30 Prozent dienen dem Inlandsverbrauch, insbesondere um das Joint-Venture Borouge mit Petrochemikalien zu versorgen. An Borouge ist der Chemiekonzern Borealis beteiligt, an dem die OMV wiederum 36 Prozent hält. Die Verarbeitungskapazität der gesamten Raffinerie, an der sich die OMV nun beteiligt, beträgt 922.000 Fass pro Tag, "das ist fast das gesamte Rohöl, das Libyen zur Zeit produziert".

Das Closing der Transaktion werde im dritten Quartal 2019 erwartet, aber rückwirkend zum 1. Jänner 2019, sagte Seele zur APA. Die Transaktion werde sich auf das OMV-Ergebnis bereits im ersten Jahr positiv auswirken. "Wir werden diese Beteiligungen at equity konsolidieren, das heißt, die werden nicht auf allen Ebenen in unsere Bücher eingehen, sondern wir werden im wesentlichen das Beteiligungsergebnis haben. Beim Beteiligungsergebnis erwarten wir eine zweistellige Rendite auf unser eingesetztes Kapital."

Für die Finanzierung des Zukaufs will die OMV ihren operativen Cashflow nutzen. "Im letzten Jahr hat die OMV Akquisitionen in der Größenordnung von über 2 Mrd. Dollar getätigt", so Seele, "die haben wir voll aus dem Cashflow finanzieren können. Das mag uns vielleicht nicht jedes Jahr gelingen. Wenn wir hier weiteren Finanzierungsbedarf haben sollten, dann würden wir entsprechende Bonds platzieren." Darüber werde man aber erst in den nächsten Monaten entscheiden.

Der Gesamtwert der OMV-Beteiligung wird auf 2,9 Mrd. Dollar geschätzt, darin enthalten sind rund 400 Mio. Dollar Nettoschulden. Gleichzeitig mit der OMV hat auch der italienische Energiekonzern Eni einen Anteil von 20 Prozent erworben, die ADNOC wird also nach dem Closing die verbleibenden 65 Prozent halten.

ADNOC hatte bereits angekündigt, in den nächsten fünf Jahren im Downstream-Bereich im Durchschnitt 1,9 Mrd. Dollar pro Jahr zu investieren. "Darauf entfällt natürlich auf die OMV ein 15-Prozent-Anteil", sagte Seele.

Das Golf-Emirat Abu Dhabi ist neben der Republik Österreich der zweite Kernaktionär der OMV. "Der heutige Einstieg der OMV bei ADNOC Refining wird unsere überaus guten & engen bilateralen Beziehungen mit Abu Dhabi weiter stärken", twitterte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach der Bekanntgabe des Deals. Für Seele gibt es in der Region "kein schöneres Paradies als Abu Dhabi. Hier haben wir die politische Sicherheit und extrem gute Beziehungen zwischen der Republik Österreich und Abu Dhabi, auf denen können wir aufsetzen. Wir haben uns mit dieser Beteiligung nicht nur ein laufendes Geschäft gekauft, sondern auch eine Option, hier weiter zu wachsen - sowohl im Raffineriebereich als auch im Petrochemiebereich."

Seele hat sich vorgenommen, bei der Raffinerie in Abu Dhabi die Kosten weiter zu senken. "Die OMV hat ja in Europa Kostenführerschaft."

Abu Dhabi gehören 24,9 Prozent an der OMV

Das Golf-Emirat Abu Dhabi ist neben der Republik Österreich der zweite Kernaktionär der börsennotierten OMV und hält 24,9 Prozent der Anteile. 31,5 Prozent gehören der österreichischen Staatsholding ÖBIB, die gerade zur ÖBAG umgewandelt wird. Die OMV hatte schon vor einem Jahr angekündigt, in den nächsten Jahren vor allem im Nahen Osten wachsen zu wollen, Abu Dhabi ist dabei der logischer Partner.

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Kräftige Unterstützung erhält OMV-Chef Seele für seine Expansionspläne von der österreichischen Politik. Ende April reisten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ebenfalls ÖVP) mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die OMV gab damals ihre 20-Prozent-Beteiligung an zwei Offshore-Ölfeldern des Ölkonzerns ADNOC im Wert von 1,5 Mrd. Dollar (1,3 Mrd. Euro) bekannt.

Auch bei der Vertragsunterzeichnung für den Erwerb eines 15-Prozent-Anteils an der ADNOC Refining um 2,5 Mrd. Dollar war mit Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) ein hochrangiger Regierungsvertreter aus Österreich dabei.

Die OMV ist in Abu Dhabi auch über ihre 36-Prozent-Beteiligung am Chemiekonzern Borealis vertreten, der zu 64 Prozent dem Staatsfonds Mubadala gehört.

Durch den Einstieg bei der ADNOC Refining erhöht sich die Raffineriekapazität der OMV auf einen Schlag um 40 Prozent. Derzeit beträgt die OMV-Raffineriekapazität in Schwechat (Österreich), Burghausen (Süddeutschland) und Petrobrazi (Rumänien) 17,8 Mio. Tonnen pro Jahr. Der OMV-Anteil der nun zugekauften Raffinerie in Abu Dhabi entspricht 7,1 Mio. Tonnen.

Langfristig will die OMV ihre Raffineriekapazitäten nahezu verdoppeln. (apa/red)