Rechtstipp : Neue Pflichten, hohe Strafen – die EU-Datenschutz-Grundverordnung

Am 15.12.2015 konnten EU-Parlament, Rat und Kommission eine politische Einigung über die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erzielen. Sie wird voraussichtlich ab dem 2. Quartal 2018 in ganz Europa direkt anwendbar sein und soll damit das Recht der Verwendung personenbezogener Informationen (Daten) vereinheitlichen. Die DSGVO enthält zahlreiche neue Pflichten für Auftraggeber von Datenanwendungen (zukünftig: Verantwortliche von Verarbeitungen) und wird Unternehmen eine höhere Eigenverantwortung bei der Datenverarbeitung verleihen, dafür aber auch eine viel dichtere Datenschutz-Compliance von ihnen verlangen. Verstöße gegen ihre Regelungen können drastische Strafen nach sich ziehen, können sie doch für Unternehmen bis maximal 20 Millionen Euro oder vier Prozent des globalen Konzernumsatzes betragen! Unternehmen sind daher gut beraten, sich schnellstmöglich mit der DSGVO vertraut zu machen und Konformität ihrer Verarbeitungen von Kunden- und Mitarbeiterdaten sicherzustellen.

So erfahren etwa die Informationspflichten und die Betroffenenrechte eine deutliche Erweiterung. Letztere werden um das Recht auf Datenportabilität erweitert; ihnen wird bereits binnen Monatsfrist zu entsprechen sein. Generell sind Datenanwendungen nach Maßgabe von "Datenschutz durch Technik" und datenschutzfreundlichen Voreinstellungen zu konzeptionieren.

Bei Datenverarbeitungen, die mit neuen Technologien arbeiten oder im Hinblick auf ihre Art oder Zwecke, ihren Anwendungsbereich oder Kontext als hohes Risiko für die Privatsphäre der Betroffenen erscheinen, ist zudem eine „Datenschutz-Folgeabschätzung“ durchzuführen, die sogar eine Konsultation der Datenschutzbehörde erfordern kann.

Die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen und auch ihre Dienstleister werden ein Register der Verarbeitungstätigkeiten ("Verfahrensverzeichnis") zu führen haben. Dieses muss die Zwecke einer Datenanwendung, die darin verarbeiteten Datenkategorien, die Kategorien von Empfängern, die Datensicherheitsmaßnahmen und die geplante Speicherdauer enthalten. Dienstleister müssen dieses Verzeichnis getrennt nach Auftraggebern führen.

Bei Datenmissbrauch oder –verlust muss zukünftig unverzüglich, soweit möglich, innerhalb von 72 Stunden nach Kenntnis die zuständige Datenschutzbehörde darüber informiert werden, außer der Vorfall birgt voraussichtlich kein Risiko für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen. Wenn der Datenmissbrauch ein hohes Risiko für die Betroffenen bedeutet, müssen aber auch die Betroffenen unverzüglich verständigt werden.

Die DSGVO verpflichtet schließlich auch insbesondere große Unternehmen und jene, deren Kerngeschäft in der Verarbeitung personenbezogener Daten liegt, einen Datenschutzbeauftragten zu installieren. Dieser muss unabhängig sein, über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, einschlägige Fachkenntnis und Erfahrung vorweisen können und direkt dem Vorstand berichtspflichtig sein.

Beschränkte Erleichterungen für international operierende Unternehmen kann das sogenannte One-Stop-Verfahren bringen, nach dem Verpflichtungen in Bezug auf transnationale Datenverarbeitungen durch mehrere Konzernunternehmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten bei der Datenschutzbehörde der Konzernhauptniederlassung erfüllt und erledigt werden können sollen.

In Anbetracht der Vielzahl an Neuerungen und der hohen Strafdrohung sollte keine Zeit verloren werden, um das Unternehmen für die Anforderungen der DSGVO fit zu machen.

Dr. Rainer Knyrim ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte und schwerpunktmäßig im Datenschutzrecht tätig. Er ist Chefredakteur der Zeitschrift "Datenschutz konkret" (Verlag Manz).

Damit wurden Datentransfers aus Europa auch zu jenen US-Unternehmen unzulässig, die sich dazu verpflichtet hatten, europäische Datenschutzprinzipien einzuhalten. Unter Berufung auf Safe Harbor in die USA übermittelte Daten mussten entweder in die EU zurückgeführt oder in den USA gelöscht werden.

Sowohl international tätige Unternehmen als auch jene, die Daten auf Cloud-Anwendungen von US-Unternehmen speichern, bemühten sich daraufhin, den Transfer auf andere Rechtsgrundlagen zu stellen – wie etwa den Abschluss von sie bei der Datenverwendung Beschränkenden Standardverträgen. Da der Transfer der Daten aber erst nach Vorliegen der Genehmigung dieser Verträge durch die Datenschutzbehörde zulässig ist, beruhten die Hoffnungen auf dem Zustandekommen eines Nachfolgeabkommens, das bis Ende Jänner 2016 in Aussicht gestellt wurde.

Zwar konnte am 2.2.2016 eine politische Einigung über neue Rahmenbedingungen für diese Transfers mit den USA erzielt werden ("EU-US Privacy Shield"), jedoch bestehen berechtigte Zweifel, ob das neue Regelwerk die Anforderungen des EuGH aus dem Facebook-Urteil erfüllen kann.

Unternehmen, die personenbezogene Daten von EU-Bürgern in die USA schicken oder Zugriffs- und Einsichtsrechte auf diese gewähren, sind daher weiterhin gut beraten, jene Transfers auf alternative Rechtsgrundlagen zu stellen.

Dr. Gerald Trieb, Preslmayr Rechtsanwälte