Rechtstipp : Neue Gläubigerklassen bei Bankenkonkursen

Neben dem klassischen Insolvenzverfahren besteht nun auch die Möglichkeit einer durch die FMA geleiteten Abwicklung, wobei zum Teil – im Vergleich zum Insolvenzverfahren – andere Abwicklungsinstrumente zur Verfügung stehen. Fast gleichzeitig wurde das System der Einlagensicherung durch das neue Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG) gravierend reformiert.

Mit dem BaSAG wurde eine neue Gläubigerrangordnung in Konkursverfahren über Banken eingeführt. Grundsätzlich gilt im Insolvenzverfahren, dass alle (ungesicherten) Insolvenzgläubiger gleichmäßig aus der Konkursmasse bezahlt werden, d. h. Quoten erhalten. Das BaSAG ändert mit § 131 dieses Prinzip bei Bankenkonkursen. Bevorzugt werden nun Gläubiger mit bestimmten Einlageforderungen gegen die in Konkurs befindliche Bank.

In die erste Gläubigerklasse fallen alle von der Einlagensicherung tatsächlich gesicherten Einlageforderungen, insbesondere Spar- und Kontoguthaben bis zu 100.000 Euro pro Einleger. Zahlungen an nachrangige Gläubiger erfolgen erst, wenn die Gläubiger der „ersten Klasse” zu 100 Prozent bezahlt sind.

Die Auszahlung der gesicherten Einlagen nach der neuen Rechtslage (ESAEG) erfolgt nun deutlich schneller. In der Praxis wird der betroffene Einlagensicherungsfonds im Fall des Konkurses einer österreichischen Bank die berechtigten Einleger binnen weniger Tage auszahlen und in deren Forderungen eintreten. Dadurch kommt ihm dann die bevorzugte Befriedigung in der ersten Gläubigerklasse zu. Damit hat der Einlagensicherungsfonds deutlich höhere Chancen, die an die Einleger bezahlten Summen im Wege von Quotenzahlungen im Konkurs wieder zu erhalten, wodurch die Finanzierung des Einlagensicherungssystems generell gestärkt wird. Die neue Rangordnung ist aber auch für bestimmte Einleger interessant, die (teilweise) nicht durch die Einlagensicherung gedeckt sind. Kontoinhaber, denen bei Konkurseröffnung über ihre Bank Guthaben von über 100.000 Euro zustehen, erhalten nämlich nur den Höchstbetrag von 100.000 Euro aus dem Einlagensicherungsfonds erstattet. Mit dem darüber hinausgehenden Betrag bleiben sie Konkursgläubiger und müssen hoffen, später noch Quotenzahlungen zu bekommen. Soweit es sich bei diesen Kontoinhabern um natürliche Personen oder kleine bis mittlere Unternehmen handelt, steht ihnen eine Besserstellung zu: Sie fallen in die zweite Gläubigerklasse. Sobald alle gesicherten Einlageforderungen (1. Klasse) aus der Konkursmasse bezahlt sind, erhalten sie Quotenzahlungen. Damit kommen sie noch vor zahlreichen anderen Gläubigern wie z. B. Dienstnehmern, anderen Banken oder Anleihezeichnern. Dies kann eine deutlich höhere Quote im Vergleich zur früheren Rechtslage bedeuten, nach der sich diese Einleger die verfügbaren Massemittel mit zahlreichen anderen Gläubigern hätten teilen müssen.

Die neue Rangordnung bewirkt eine deutliche Verschiebung der Befriedigungsaussichten in Bankenkonkursen. Typischerweise dauern Konkursverfahren über Banken viele Jahre, es werden aber auch hohe Quoten erzielt. Nicht bevorzugte Gläubiger von Banken könnten versuchen, sich besser abzusichern. Insbesondere für Zeichner von Schuldverschreibungen, die von Banken ausgegeben werden, ist die neue Rangordnung ein Nachteil. Sie müssten sich im Konkurs hinter den Einlageforderungen einreihen und hoffen, dass etwas übrig bleibt.

Mag. Christian Podo­schek ist Rechtsanwalt und Partner bei Preslmayr Rechtsanwälte und vorwiegend im Insolvenz-, Schadenersatz- und Zivilprozessrecht tätig.

Auch die neue Verordnung regelt die internationale Zuständigkeit für Insolvenzverfahren, anwendbares Recht sowie Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen. Die wichtigsten Punkte der Weiterentwicklung der bisher bestehenden Regelungen sind folgende:

Bei der Beurteilung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit grenzüberschreitender Wirkung sind strengere Prüfungen vorgesehen. Vor allem die Beurteilung, wo der Insolvenzschuldner seinen unternehmerischen Mittelpunkt besitzt, ist betroffen. „Forum Shopping“, die Wahl, in welchem Land ein Schuldner das Insolvenzverfahren eröffnen lassen kann, soll dadurch verhindert werden.

Bevor nach Sitzverlegung Gerichte des neuen Sitzstaates internationale Zuständigkeit erlangen, besteht für Unternehmen eine Frist von drei, für Unselbstständige eine Frist von sechs Monaten (Cooling-off-Periode). Dies dient der Verhinderung der Sitzverlegung von Schuldnern, um einem anderen Insolvenzrecht unterworfen zu sein.

„Sekundärverfahren“ (Verfahren in einem Mitgliedsland, in dem der Schuldner eine Niederlassung hat) werden zurückgedrängt. Der Insolvenzverwalter des Hauptverfahrens kann den Gläubigern im Land der Niederlassung zusichern, dass sie im Hauptverfahren so behandelt werden, als wäre ein Sekundärverfahren eröffnet worden ("fiktives Sekundärverfahren").

Durch Zusammenschaltung der nationalen Register wird ein europäisches Insolvenzregister geschaffen.