Energiewirtschaft : Nationalrat bringt Energieeffizienzgesetz auf den Weg

Energie Solar Energieeffizienz
© Fotolia

Der Nationalrat hat das Energieeffizienzgesetz beschlossen. Wie bereits angekündigt lieferten die Grünen der Koalition die Stimmen für die notwendige Zweidrittel-Mehrheit.

Im Wesentlichen geht es bei dem Gesetz darum, vor allem Energieversorger, Groß-Unternehmen und Bundesstellen dazu zu bewegen, dass der Energieverbrauch bis 2020 eingebremst wird.

SP-Energiesprecher Wolfgang Katzian zeigte sich in der Debatte erfreut, dass 2,5 Jahre an intensiven und harten Verhandlungen nun dazu geführt hätten, dass das "Kraftwerk Energieeffizienz" eingeschaltet werden könne. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sprach wie die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner von einem "Meilenstein".

Diese Begeisterung teilten Freiheitliche, Team Stronach und Neos nicht. FP-Wirtschaftssprecher Bernhard Themessl ärgerte sich darüber, dass einerseits ständig die Reindustrialisierung Europas ausgerufen werde, dann aber ständig Hindernisse für die Industrie aufgebaut würden.

Neos und Team Stronach konzedierten zwar, dass die Grünen in den Verhandlungen mit der Koalition noch sinnvolle Ergänzungen - etwa die Einbeziehung der Bundesimmobiliengesellschaft - herausgeholt hätten, für eine Zustimmung war es den zwei kleinen Oppositionsparteien aber zu wenig. Aus einem "zahnlosen Monster sei ein Monster mit Milchzähnen" geworden, urteilte Stronach-Mandatarin Ulla Weigerstorfer, die vor allem den zu hohen Bürokratieaufwand geißelte.

Seitens der Neos meinte deren Abgeordneter Michael Pock, dass es paradox sei, bei den Einsparungszielen eine Lieferanten-Verpflichtung einzuführen. Richtig wäre bei den Konsumenten und nicht bei den Betrieben anzusetzen. Zudem würden die Versorger letztlich den Großteil der Kosten an die Konsumenten weitergeben.

Kern der Novelle ist, dass der heimische Endenergieverbrauch im Jahr 2020 bei 1.050 Petajoule stabilisiert wird. Energieversorger müssen künftig jährlich nachweisen, Maßnahmen zur Energieverbrauchseinsparung um 0,6 Prozent gesetzt zu haben. Tun sie das nicht, sind Pönalen zu bezahlen. Welche Einsparmaßnahmen anerkannt werden, muss noch mittels Verordnung entschieden werden. Dazu zählen werden wohl beispielsweise Geräte-Tauschaktionen oder Stromsparpakete.

Mit den Stimmen der Grünen werden die Regierungsparteien auf die nötige Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat kommen, um das Energieeffizienzgesetz beschließen und damit die entsprechende EU-Richtlinie umsetzen zu können. Man habe in langen Verhandlungen "einen richtungsweisenden Kompromiss erzielt", sagte Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner.

Das Gesetz werde die Effizienz zwischen Input und Output verbessern, ohne die Umsätze der Energieversorger und Unternehmen einzuschränken, sagte Mitterlehner. Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gibt es mehrere Änderungen, so habe man etwa bei den fossilen Energien Abstriche gemacht, heißt es.

Neu ist, dass der Einbau von Öl-Brennwertgeräten im Neubau nicht mehr als Effizienzmaßnahme gilt und auch der Austausch alter Ölheizungen ab dem Jahr 2018 nicht mehr als Energieeffizienzmaßnahme angerechnet werden kann, um die Ziele der Lieferantenverpflichtung zu erreichen, auch wenn diese Maßnahmen tatsächlich zu Einsparungen führen. Anrechenbar sind aber andere Maßnahmen, auch wenn sie möglicherweise keine tatsächlichen Einsparungen beim Energieverbrauch bewirken.

Die Meinungen darüber, was das Energieeffizienz wirklich bewirken soll und kann, gehen auseinander.

Während die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner der Ansicht ist, dass die Energieversorger künftig jährlich nachweisen müssen, eine Energieverbrauchseinsparung um 0,6 Prozent erreicht zu haben, sieht man das im Wirtschaftsministerium anders: "Die Energielieferanten müssen künftig nicht weniger Strom oder Gas verkaufen, sondern sollen als kundennahe Dienstleister Aktionen setzen, die zu einem effizienteren Einsatz von Energie führen", stellte Mitterlehner klar. Die Energielieferanten können sich solche Aktionen als Energieeffizienzmaßnahmen anrechnen lassen, und zwar im Ausmaß von 0,6 Prozent des jährlichen Energieabsatzes an ihre Endkunden.

In Kraft ab Jänner 2015

In Kraft treten wird die Lieferantenverpflichtung am 1. Jänner 2015, wobei auch schon heuer gesetzte Maßnahmen anrechenbar sind. Die Lieferanten können sich von der Verpflichtung aber auch durch eine schuldbefreiende Ausgleichszahlung in Höhe von mindestens 20 Cent pro Kilowattstunde freikaufen. Diese Ausgleichszahlungen kommen in einen Fördertopf für Energieeffizienzmaßnahmen. Wer die Einsparverpflichtungen nicht erfüllt und auch die Ausgleichszahlung nicht bezahlt, dem droht eine Geldstrafe bis zu 100.000 Euro.

Auch SPÖ-Energiesprecher Wolfgang Katzian sprach heute von einem "Meilenstein der österreichischen Energiepolitik". "Durch die Energielieferanten-Verpflichtung werden wir die Menge an Energie einsparen, die 1,8 Mio. Haushalte bis 2020 an Strom verbrauchen würden", zeigte sich Katzian in einer Aussendung überzeugt.

FPÖ-Energiesprecher Hofer kritisierte das Gesetz als "mangelhaftes Flickwerk mit hohem Belastungspotenzial" und bedauerte, dass "noch immer kein schlüssiger Masterplan für Österreichs Energiezukunft vorgelegt wird".

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 begrüßt das Energieeffizienzgesetz als "Schritt in die richtige Richtung", als besonders positiv wird das Ziel bewertet, den Energieverbrauch in Österreich auf maximal 1.050 Petajoule zu senken. Allerdings missfällt Global 2000, dass der Einbau neuer Ölheizungen noch bis 2018 als Einsparmaßnahme anrechenbar sein wird.

Greenpeace kritisiert "massiven Widerstand" aus der Industrie

Greenpeace begrüßt einerseits die Einigung der Regierungspartei mit den Grünen, kritisiert aber, "dass ein ambitioniertes Gesetz am massiven Widerstand von Wirtschafts- und Industrieverbänden gescheitert" sei.

Die sind mit dem Gesetz in der nun akkordierten Fassung auch zufrieden. "Der Wirtschaft ist es in letzter Sekunde gelungen, bürokratische Belastungen für Betriebe durch das Energieeffizienzgesetz zu verhindern", sagte der Leiter der Abteilung für Umweltpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich, Stephan Schwarzer, laut Aussendung. Der wichtigste Verhandlungserfolg sei, dass man statt Energiesparmaßnahmen auch Ausgleichsbeiträge leisten könne.

Für den Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer sind die mit den Grünen ausgehandelten Kompromisse "schmerzhaft", auch wenn wesentliche von der IV geforderte Elemente nun enthalten seien.

Die Grünen sind stolz auf das, was sie in den Verhandlungen mit der Koalition über das Energieeffizienzgesetz erreicht haben. Klubobfrau Eva Glawischnig sprach von einem "äußerst gelungenen Gesetz", Umweltsprecherin Christine Brunner von einem "Meilenstein in Richtung Energiewende". Immerhin sei das "Naturgesetz", dass der Energieverbrauch jährlich steige, gebrochen, so Glawischnig.

Konkret gefällt den Grünen vor allem das, was man selbst herausverhandelt hat, etwa dass das Energiesparziel von 1.100 Petajoule auf 1.050 reduziert worden sei. Das klinge zwar nicht nach viel, entspreche aber der Jahresproduktion von 14 großen Donaukraftwerken, erläuterte Glawischnig in einer Pressekonferenz.

Besonders freut die Grünen, dass das Einsparungsvolumen so hoch ist, dass es mit den Bereichen Strom und Wärme nicht alleine zu erfüllen sein wird. Das wiederum bedeutet für Brunner, dass auch der Verkehr einbezogen werden muss.

Ferner gefällt den Grünen die Verpflichtung für öffentliche Gebäude, auf erneuerbare Energieträger zu setzen. Brunner sprach von einem neuen "Riesenmarkt für die Branche". Für die Bundesimmobiliengesellschaft wurde entgegen der ursprünglichen Koalitionsvorlage eine Einsparungsverpflichtung von 125 Gigawatt-Stunden festgeschrieben.

Die Grüne Umweltsprecherin erfreute sich auch daran, dass die Ölheizungen ab 2018 nicht mehr als Energieeffizienz-Maßnahme anerkannt würden. Ferner auf Zustimmung der Grünen stößt, dass man sich von den Energiespar-Zielen nicht komplett freikaufen kann. Höchstens ein Drittel kann über Ausgleichszahlungen kompensiert werden und diese Summe fließt dann nicht ins Budget sondern in die Umweltförderung.

Dass die den Energieversorgern vorgeschriebenen Einsparungen letztlich komplett auf die Konsumenten übergewälzt werden, glaubt man bei den Grünen nicht. Immerhin würden diesen die Einsparungsmaßnahmen automatisch etwas bringen.

Als "gangbare Kompromisslösung" sieht die österreichische E-Wirtschaft das neue Energieeffizienzgesetz. Die Kritik am System der Lieferantenverpflichtung bleibt aber aufrecht: "Die Steigerung der Energieeffizienz hätte über andere Wege zielgerichteter und für die Konsumenten günstiger erreicht werden können", erklärte Barbara Schmidt, Generalsekretärin von Oesterreichs Energie.

Als "teuer und bürokratisch" kritisiert die Interessenvertretung der E-Wirtschaft die Verpflichtung der Energielieferanten, Energieeffizienzmaßnahmen bei ihren Kunden anzukurbeln. Einen Teil der notwendigen Investitionen würden die Energiekonsumenten selbst tragen müssen, heißt es.

Für den Dachverband Erneuerbare Energie ist die geplante Verringerung des Energieverbrauchs auf 1.050 Petajoule ein "kleiner Schritt vorwärts", insgesamt ist man mit dem Gesetz aber unzufrieden. Ob das erklärte Verbrauchsziel tatsächlich erreicht werden kann, wird bezweifelt. Ein Wermutstropfen sei außerdem die beschlossene Förderung für unrentable Gaskraftwerke mit Kraftwärmekopplung (KWK), während unrentable Ökostromanlagen, die keinen Einspeisetarif mehr bekommen, nicht unterstützt würden. (apa/pm)