Recht : Nachhaltige Kreditfinanzierung - Win-win für ökologische Unternehmen?

Bereits im Jahr 2007 wurde der Grundstein für nachhaltige Finanzierungen durch das Begeben einer grünen Klimaschutzanleihe (Climate Awareness Bond) durch die Europäische Investitionsbank gelegt. Nicht zuletzt aufgrund des gesteigerten Bewusstseins für den Klimawandel. Neben Anleihen können ökologische Finanzierungen in einer Reihe anderer Produktformen, wie beispielsweise Garantielinien, aber auch klassischen Bankkrediten abgeschlossen werden. Im vergangenen Jahr erreichte das Volumen der nachhaltigen syndizierten Bankkredite erstmals EUR 200 Milliarden.

Ökologisierung der Finanzwirtschaft

Die österreichische Politik hat sich zu einer Ökologisierung der Finanzwirtschaft bekannt. So sieht das Regierungsprogramm 2020-2024 vor, dass die Vergabe grüner Kredite erleichtert werden soll. Konkrete Umsetzungsschritte fehlen allerdings bis heute. Die Praxis ist der Politik in diesem Punkt bereits einen Schritt voraus. So hat die in London ansässige Loan Market Association (LMA), die für die Ausarbeitung eines europäischen Marktstandards für großvolumige Kreditfinanzierungen verantwortlich zeichnet, Leitlinien zur nachhaltigen Kreditvergabe veröffentlicht. Diese sogenannten Green Loan Principles (GLP) und Sustainability Linked Loan Principles (SLLP) sollen Kreditnehmern und Banken hilfreiche Impulse zur Ausgestaltung der Kreditvertragsdokumentation geben, können jedoch aufgrund ihrer Natur als unverbindliche Empfehlungen den derzeit bestehenden gesetzlichen Rahmen nicht ersetzen.

Die beiden Leitlinien sind zwar ähnlich, verfolgen aber unterschiedliche Zwecke. So legen die GLP ihren Fokus auf projektbezogene Finanzierungen, bei welchen Fremdkapital für ein bestimmtes, ökologisches Projekt aufgenommen werden soll. Demgegenüber stehen die SLLP, die den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens in den Vordergrund stellen und grundsätzlich für jede Form von Finanzierung in Betracht kommen. Die Nachhaltigkeit kann in beiden Fällen anhand von Key Performance Indicators (KPI) gemessen werden. Bei der Bewerbung um eine ökologische Finanzierung müssen sich Unternehmen bereits im Vorfeld damit auseinandersetzen, wie sie gedenken, die eigene Nachhaltigkeitsperformance zu messen.

Einbeziehung von Nachhaltigkeits-KPI

Konkret wirkt sich die Erfüllung der KPI bei den Kosten der Finanzierung aus, wobei in der Finanzierungspraxis üblicherweise der vereinbarte Zinssatz durch Abschläge bei nachhaltiger Performance korrigiert wird. Das macht vor allem Kredite im Sinne der SLLP interessant, da hier unabhängig vom Zweck der Finanzierung eine Reduktion der Zinsen und somit der Finanzierungskosten erreicht werden kann, wenn die zuvor mit der Bank individuell vereinbarten KPI erreicht werden. Bei größeren Vorhaben kommen von Ratingagenturen berechnete Nachhaltigkeitsratings zum Einsatz, die einen mit bekannten Bonitätsratings vergleichbaren Score zum Ergebnis haben und als Grundlage für die Zinsberechnung herangezogen werden können.

Der Trend des stetig steigenden Kreditvolumens bei nachhaltigen Finanzierungen zeigt, dass die Einbeziehung von Nachhaltigkeits-KPI bei der Beurteilung der Bonität eines Unternehmens künftig eine wesentliche Rolle bei Finanzierungen spielen wird. Dadurch werden Unternehmen, die ein ökologisches Geschäftsmodell betreiben oder Maßnahmen zur Verbesserung ihres ökologischen Fußabdrucks setzen, von geringeren Finanzierungskosten profitieren können. Nicht zu unterschätzen sind auch die positiven Auswirkungen auf die Reputation eines Unternehmens, das seinen Fremdkapitalbedarf durch grüne Finanzierungsprodukte decken kann.

Dr. Eva-Maria Ségur-Cabanac, LL.M. ist Partnerin bei Baker McKenzie in Wien und Sustainability Lead der globalen Baker McKenzie Financial Institutions Industriegruppe.

Dr. Robert Wippel ist Rechtsanwalt und Counsel in der Praxisgruppe Bank- und Finanzrecht bei Baker McKenzie in Wien. Er ist spezialisiert auf Finanzierungs- und Kapitalmarkttransaktionen und deckt ein breites Spektrum an Themen ab, von der Beschaffung neuen Kapitals bis hin zu Umstrukturierungen und der Beratung zu regulatorischen Fragen.

Whistleblowing bezeichnet das Aufdecken von Missständen in Unternehmen durch Hinweisgeber. Gesetzliche Regelungen zum Umgang mit Whistleblowing existieren bislang nur vereinzelt. Änderungen sieht nun die Richtlinie (EU) 2019/1937 (Whistleblowing-RL) vor. Diese führt unionsweite Mindeststandards ein, die großteils bis 17. Dezember 2021 in nationales Recht umzusetzen sind.

Die Whistleblowing-RL sieht vor, dass interne und externe Meldekanäle zur Aufdeckung von Verstößen gegen Unionsrecht (bspw. Bestimmungen zu Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung, Umweltschutz etc.) einzurichten sind. Unternehmen ab einer bestimmten Arbeitnehmeranzahl müssen daher künftig aktiv werden und ein Whistleblowing-System in ihrem Unternehmen einführen; ansonsten drohen Sanktionen, wie etwa Verwaltungsstrafen. Ein derartiges Whistleblowing-System wird in der Regel ein Kontrollsystem darstellen, welches die Menschenwürde berührt und bedarf daher einer Betriebsvereinbarung.

Gleichzeitig schützt die Richtlinie redliche Hinweisgeber, wie Arbeitnehmer, Auftragnehmer oder Organmitglieder, vor negativen Sanktionen wegen der Offenlegung bzw. Meldung von Missständen. Auf die Offenlegung von Missständen darf daher nicht mit einer Kündigung, Gehaltsreduktion oder Degradierung reagiert werden.

Vor diesem Hintergrund müssen Unternehmen ihr bisheriges Compliance-Konzept neu evaluieren und entsprechend adaptieren.

Mag. Andrea Polzer, LL.M., ist Rechtsanwältin bei Baker McKenzie in Wien und spezialisiert auf Arbeitsrecht.