Abfallindustrie : Müllskandal in Lustenau weitet sich aus
Der Müllskandal auf dem Areal des Vorarlberger Recyclingunternehmens Häusle GmbH in Lustenau hat eine neue Dimension erreicht: Erstmals wurden nun auch illegal deponierte Problemstoffe entdeckt, wie Häusle-Geschäftsführer Thomas Habermann in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz erklärte. Das Land ordnete umgehend die Überprüfung des gesamten Areals an.
Zuvor hatte Abfallwirtschaftslandesrat Johannes Rauch (Grüne) in einem ersten Zwischenbericht Bilanz gezogen. Bis dahin war es um kunststoffhaltige Siebreste gegangen, die vergangene Woche - offenbar nach einem Insider-Tipp - in Erdwällen auf dem Firmengelände entdeckt worden waren. Rauch berichtete von "hoher krimineller Energie", mit der vorgegangen wurde.
Die Siebreste seien systematisch vergraben worden, es sei mehreren tausend Tonnen auszugehen, so Rauch. Dies müsse an Tagesrandzeiten und am Wochenende geschehen sein. Die bei Häusle vorgeschriebenen Kontrollen seien eingehalten worden, ohne Hinweis wäre man nie auf die Siebreste gestoßen. Das einzig Positive sei, dass keine akute Umweltgefährdung vorliege, sagte der Landesrat.
Einige Stunden später stellte sich das genannte Positivum als nicht mehr gegeben heraus. Habermann gab in einer Pressekonferenz in Dornbirn bekannt, dass das Areal weiter intensiv untersucht worden sei. "Wir haben auf 80 Meter 40 Tonnen Material geborgen", darunter auch "problematische Stoffe" wie kleine Batterien oder Nagellackfläschchen, sagte der Geschäftsführer.
Man habe umgehend Boden- und Wasserproben gezogen und an ein zertifiziertes Labor weitergegeben, um eine Kontamination ausschließen zu können. Offenbar stamme das Material aus dem einst vom Unternehmen betriebenen Hartstoffabscheider. Habermann ging davon aus, dass die entdeckten Materialien 2005 illegal deponiert wurden.
Weiters habe man einen Hinweis auf illegale Ablagerung von Kanalräumgut und Straßenkehricht erhalten, der sich wohl bestätigen werde. Auch von jener Stelle habe man Proben eingeschickt. Zudem seien weitere 6.000 Kubikmeter an Siebrestmaterial gefunden worden.
Entsorgungskosten in Millionenhöhe
Habermann rechnete vor, dass die Entsorgungskosten für Häusle allein für die Siebreste in die Millionen gehen werden. Bei 5.000 Tonnen Material kämen 1,75 Millionen Euro zusammen. Das Unternehmen verfüge aber über entsprechende Liquidität und Rückendeckung seitens der Eigentümer, um diese finanziellen Herausforderungen zu meistern. Häusle bereite auch bereits Schadenersatzklagen vor - an wen diese gerichtet sein werden, werde man nach Abschluss der Ermittlungen wissen.
Das Land Vorarlberg ordnete am Dienstagnachmittag umgehend eine "systematische Erkundung des Areals" an. "Das heißt, das gesamte Firmengelände wird systematisch nach weiteren möglichen illegalen Ablagerungen durchsucht", betonte Rauch. Laut Habermann wird damit ein Spezialunternehmen beauftragt. Wie viele Bohrungen durchzuführen seien und wie hoch die anfallenden Kosten sein werden, wisse er noch nicht.
Die Ermittlungen verschiedener Behörden - an Ort und Stelle sind etwa das Landeskriminalamt und der Zoll - laufen nach Angaben von Rauch und Habermann intensiv. "Wer hat in welcher Form profitiert?" sei die Frage, auf die man eine Antwort finden müsse, meinte Habermann. Als eine Konsequenz aus dem Fall in Lustenau werden nun alle Abfallwirtschaftsunternehmen in Vorarlberg - gewichtet nach abschätzbarem Risiko - auf die Einhaltung der Vorschriften einer Sonderprüfung unterzogen. (apa/red)