Hintergrund : Motorschutz oder Abgasschutz? Die 6 wichtigsten Antworten

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Bis vor einem Jahr kannten die meisten Autofahrer wohl nicht einmal das Wort: Defeat Devices, zu Deutsch: Abschalteinrichtungen. Dann kam der Skandal um Abgas-Manipulationen bei VW ans Licht.

Und seitdem wissen weder Außenstehende aus der Industrie noch Millionen Autobesitzer so recht, wann und wie lange die Schadstoffreinigung eines Dieselmotors eigentlich mit voller Wirkung läuft. Dabei ist es nur ausnahmsweise erlaubt, die Umweltfunktion überhaupt abzuschalten.

Hersteller berufen sich auf Motorschutz als zulässigen Grund. Doch Experten haben da ihre Zweifel. Zum Jahrestag der VW-Affäre beschäftigt sich ein eigener Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags mit diesem Thema. Hier ein Überblick zu den zentralen Streitpunkten, den Positionen der Autoindustrie und den Stellungnahmen von Experten.

Damit weniger Stickoxid (NOx) aus dem Auspuff kommt, gibt es zwei technische Ansatzpunkte. So wird zum einen innerhalb des Motors Abgas zurückgeführt. Außerdem kann Abgas außerhalb des Motors nachbehandelt werden, was in Kombination mit der elektronischen Motorsteuerung einen "Riesenschritt" ermöglicht, wie der Ingenieur Andreas Mayer in seiner Stellungnahme für den Ausschuss erläutert.

Dieseltypische Schadstoffe ließen sich damit nämlich fast vollständig eliminieren. Konkret kann NOx in einem Speicherkatalysator gelagert oder mit Ammoniak aus verdampfendem Harnstoff reduziert werden, wie Roland Baar von der Technischen Uni Berlin in seinem Statement schreibt.

Moderne Motorsteuerungen bieten enorme Möglichkeiten. Blitzartig können sie Änderungen des Verkehrs, der Höhe oder des Fahrverhaltens erfassen und lernen ohne äußeres Zutun noch dazu, wie Experte Mayer erklärt. "Der Motor ist damit zwar sehr viel entwicklungsfähiger geworden, aber auch ungleich manipulierbarer - nicht nur im Lieferzustand, sondern zu einem beliebigen späteren Zeitpunkt."

Auch die Abgasnachbehandlung könne zeitweilig abgeschaltet oder in anderer Weise beeinflusst werden, was kaum nachweisbar sei. Die Emissionen seien dann "schlagartig höher".

Oliver Krischer von den deutschen Grünen bezeichnet es als Skandal, dass Deutschlands Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und seine Behörden die Praktiken seit Jahren duldeten. Autokonzerne sparten damit Kosten zulasten von Umwelt und Gesundheit.

Die Palette der Abschalt-Varianten ist beträchtlich. So kann - wie bei VW - ein System das typische Geschwindigkeitsprofil eines Tests erkennen und nur dann die Abgasreinigung voll aktivieren, während der Motor ansonsten mehr NOx ausstößt.

Andere Abschaltungen greifen nach Ablauf einer gewissen Zeit, wie Peter Mock von der Umweltorganisation ICCT in seiner Stellungnahme auflistet.

Weitere Systeme reagieren auf die Außentemperatur, wieder andere auf eine Kombination von Faktoren wie Drehzahl, Tempo, Höhe über dem Meeresspiegel. Allein die Vielfalt lasse darauf schließen, dass solche Manipulationen "an einer nicht unerheblichen Anzahl" neuer und schon zugelassener Wagen vorgenommen werden, erläutert der Sachverständige Jürgen Bönninger.

Bis vor einem Jahr kannten die meisten Autofahrer wohl nicht einmal das Wort: Abschalteinrichtungen. Dann kam der Skandal um Abgas-Manipulationen bei VW ans Licht. Und seitdem wissen Millionen Diesel-Käufer nicht so recht, wann und wie lange die Schadstoffreinigung ihres Wagens eigentlich mit voller Wirkung läuft. Dabei ist es nur ausnahmsweise erlaubt, die Umweltfunktion überhaupt abzuschalten.

Hersteller berufen sich auf Motorschutz als zulässigen Grund. Doch Experten haben da ihre Zweifel. Zum Jahrestag der VW-Affäre beschäftigt sich nicht nur ein eigener Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags zu diesem Thema. Hier ein Überblick mit den wichtigsten fünf Fragen.

Verbesserungsbedarf sehen die Experten vor allem bei der Überwachung. Wie für Sicherheitsmängel sollten Kfz-Halter auch für Emissionsmängel eines Wagens verantwortlich sein, schlägt Mayer vor. Überschreitungen müssten dann aber auch angezeigt werden, etwa wie Bremsversagen mit einem roten Warnlicht.

Experte Mock verweist darauf, dass Hersteller in den USA kaum Gebrauch von einer Motorschutz-Klausel machten. Jegliche Abschalteinrichtung müsse dort allerdings auch schon vor Zulassung eines neuen Fahrzeugtyps beantragt und en détail begründet werden.

Der deutsche Verkehrsminister Dobrindt will die EU-Regeln verschärfen. Zulässig sollen Abschaltungen künftig nur noch sein, wenn es bei Einsatz der "besten verfügbaren" Motortechnologien keinen anderen Schutz gibt.

(dpa/apa/red)