Autoindustrie : Motorenbau: Formel 1 ist ein Antreiber für die steirische Zulieferindustrie

Rund zehn Prozent der 250 Partnerunternehmen im ACstyria liefern 2016 direkt oder indirekt Teile für die Formel 1. Die Königsklasse sei zwar ein Nischensegment der heimischen Mobilitätsindustrie, sichere aber insgesamt rund 1.000 Arbeitsplätze in der Steiermark, sagte ACstyria-Geschäftsführer Franz Lückler beim Pressegespräch in Spielberg, wo in gut zwei Wochen die Formel 1 gastiert.

Der steirische Motoren- und Antriebssystementwickler AVL sieht derzeit besonders drei Bereiche die in fünf bis zehn Jahren auch den Weg in die Serie finden werden: Verbrennung, Hybrid und Abgasenergie-Rückgewinnung, sagte Peter Schöggl, Leiter des AVL-Racing-Bereich.

Neben AVL und Pankl Racing liefern auch andere steirische Industriebetriebe an den Motorsport, beispielsweise Stahl Judenburg Lenkstangen oder Secar Kohlefasern. AVL wiederum hat ebenfalls einige lokale Zulieferer-Betriebe für ihre Prüfstände, sagte Schöggl, ohne einen von ihnen hervorheben zu wollen.

AVL beliefert die Formel 1 seit Jahren

Gerade die Formel 1 sei für die AVL eine Mitarbeiter-Motivation: "Die Entwicklung von Teilen für die Königsklasse oder auch die DTM motiviert", meinte Schöggl. Das sieht auch ACstyria-Geschäftsführer Franz Lückler so: "Wenn die Mitarbeiter im Fernsehen die Fahrzeuge sehen, deren Pleuel sie selbst in der Hand hatten, bringt das Diskussion und dadurch auch Begeisterung der Jugend für die Technik." In den Unternehmen erwarte man sich dadurch auch mehr Fachkräfte.

Seit Jahren beliefert die AVL mit Sitz in Graz unterschiedliche Motorsportklassen: "Wir haben vier Standbeine: Wir liefern Produkte wie etwa Nockenwellen, gebaut von unserem Tochterunternehmen Schrick. Wir bauen Prüfstände für Motoren oder Getriebe und können damit etwa eine Fahrt am Red Bull Ring simulieren. Mit unseren Simulationswerkzeugen bieten wir auch virtuelle Runden und im Bereich Engineering konstruieren und berechnen wir für Rennen. Das ist aber jener Bereich, bei dem für uns größte Geheimhaltung gelten muss", beschrieb Schöggl.

Hybridtechnologie: Komplett neue Verbrennungsmotoren nötig

Immer wieder schaffen Technologien aus dem Rennsport Jahre später auch den Sprung in die Serie. Für Schöggl sei das derzeit vor allem bei der Elektrifizierung stark zu erkennen: Bei der Hybridtechnologie habe man etwa die Erkenntnis gewonnen, dass man oft komplett neue Verbrennungsmotoren bauen muss, um in Kombination mit einem alternativen Antrieb optimal zu funktionieren.

Bei der Abgasenergie-Rückgewinnung, die in der Formel 1 eine Neuerung sei, werde der Elektromotor mit dem Turbolader gekoppelt und liefere daraus Strom, schilderte Schöggl. Bei derzeit verbauten Verbrennungsmotoren in Serienfahrzeugen dagegen existiere ein sogenanntes Wastegate: "Wenn die Abgasenergie zu hoch ist, lässt man Energie ins Freie ab. Das ist aber nicht unbedingt zukunftsorientiert, weil das Energieverschwendung ist. In der Formel 1 wird es schon so gemacht, dass dieses Wastegate zubleibt und man liefert damit Strom über den Elektromotor, der im Turbolader ist," schilderte der AVL-Leiter. Diese Technik werde seiner Ansicht nach "früher oder später auch den Weg in die Serie finden."

Wasserstoff als möglicher Antrieb könnte laut Schöggl - auch für die Serie - einmal ein Thema werden, aber nicht vor zehn bis 15 Jahren. Eher könnte der Antriebsstoff jedoch etwa bei den Rennen in Le Mans Anwendung finden.

Die Strecke in Spielberg wurde heuer noch glatter gemacht

Für Spielberg gibt es laut Schöggl heuer neue Bedingungen: Die Strecke wurde komplett neu asphaltiert und werde dadurch noch glatter als sie bisher schon war. Da am Red Bull Ring auch genügend Auslaufzonen sind, könnten sich Fahrer öfter verschätzen und er erwarte sich daher noch mehr Ausritte. Durch die glatte Strecke können Reifen schwerer auf eine Betriebstemperatur von 80 bis 120 Grad gebracht werden. Nur dann sind sie nämlich weich genug, um sich mit dem Belag zu verzahnen, erklärte der AVL-Leiter. "Beim ersten Training am Freitag werden alle neu würfeln anfangen", prognostizierte er.

Zu den Gerüchten, AVL könnte für Red Bull Racing einen eigenen Motor bauen, meinte Schöggl: "Rein theoretisch hätten wir die Kompetenzen, aber die Kosten für die Entwicklung über mehrere Jahre hinweg wären zu hoch." Außerdem sei es fraglich, ob ein fünfter Motorenhersteller in der Formel 1 sinnvoll sei. Im Gegensatz zu Pankl, das im Vorjahr nur wenig Wachstum für sich in der Formel 1 sah, blickt AVL optimistischer in die Zukunft: "Wir sehen ein großes Wachstum im Motorsport - wenn man es richtig macht. Im Gegensatz zu Pankl haben wir auch den Vorteil, vier Standbeine zu haben - wenngleich jenes von Pankl ein sehr gutes ist", wollte Schöggl die Kompetenz der Obersteirer nicht schmälern. (apa/red)