US-Wahl : Ministerin Schramböck zum Sieg Bidens: "EU darf nicht naiv sein"

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© Industriellenvereinigung

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) wünscht sich von dem neuen US-Präsidenten Joe Biden einen allgemeinen Wirtschaftsaufschwung und einen starken Fokus auf die Beziehungen zwischen Europa und den USA. "Auch in Österreich haben wir großes Interesse an einer guten Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten, immerhin sind rund 700 österreichische Tochterfirmen, und davon rund 200 Produktionsstätten, in den USA angesiedelt", sagte Schramböck. Für Österreich sind die USA der zweitwichtigste Handelspartner nach Deutschland.

IV hofft auf neues Konjunkturprogramm der USA

Auch die Industriellenvereinigung (IV) erhofft sich laut Präsident Georg Knill "Impulse für die Weltwirtschaft durch ein neues US-Konjunkturprogramm". Wichtig wäre dazu eine vertiefe Partnerschaft zwischen Europa und den USA. "Daher plädiert die Industrie nach wie vor für ein modernes, gut gemachtes transatlantisches Abkommen, das Handelshemmnisse abbaut. Dieses könne ein starker Motor für nachhaltiges Wachstum und den Aufbau von Arbeitsplätzen in Europa und Österreich sowie den USA sein."

Am Rande des virtuellen EU-Handelsrates plädierte Ministerin Schramböck gegen die Verstärkung von Strafzöllen. Andererseits dürfe die EU auch "nicht naiv sein". Der gewählte US-Präsident Joe Biden habe einen "sicherlich starken Wirtschaftsstandort USA im Auge, da muss Europa weiterhin zusammenstehen und stark sein", sagte Schramböck gegenüber dem ORF.

Die EU-Minister behandeln diese Woche in einer Videokonferenz ihre Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten und den USA. Gespräche zu Strafzöllen laufen gerade, berichtete Schramböck. Es bringe niemandem etwas, wenn dieser Weg "intensiv" weiterverfolgt werde. "Wir stehen dazu, dass wir aus Europa auch klare Signale senden müssen", räumte die Ministerin jedoch ein und verwies darauf, dass "noch die Regierung Trumps in der Verantwortung" sei. Mit der neuen Regierung werde man bereits Kontakt suchen.

Schramböck: Hoffen auf ein "neues Gesprächsklima"

Die Ministerin äußerte die Erwartung, dass sich ein "neues Gesprächsklima" einstelle. Man wolle Gespräche "auf Augenhöhe", nicht von einer Seite diktiert. "So geht es hoffentlich nicht weiter", so Schramböck. Ihrer Ansicht nach ist trotz oft unterschiedlicher Sichtweisen das Gemeinsame der USA und der EU größer als das Trennende. Zusammenarbeit "auch in Richtung China" und in Bezug auf die Welthandelsorganisation (WTO), hielte sie für vorteilhaft.

Für Schramböck ist es noch nicht möglich, etwas über den Einfluss der Regierung des Demokraten Biden auf die Gestaltung der künftigen Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien zu sagen. Es sei "zu früh zu bewerten, wie Biden agieren wird". Weiters dazu: Politiker und Experten: "Biden ist kein verkappter Europäer" >>

Zu Großbritanniens Premierminister Boris Johnsons Vorgehensweise bezog die Ministerin hingegen klar Stellung: "Ich teile Boris Johnsons Sichtweise überhaupt nicht", so Schramböck. Es habe noch nie einem Land geholfen, wenn es zum Beispiel Zölle und andere Handelshemmnisse in großem Maße gebe. Sie äußerte jedoch die Hoffnung, dass Johnson sich "etwas abschauen" könne, wie die USA reagieren werden. Die "Hand sei ausgestreckt", es liege an ihm, in den noch strittigen Punkten "Bewegung zu zeigen". (apa/red)

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Der deutsche Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht im Wahlsieg von Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl in den USA die Möglichkeit zu einem Neustart in den Handelsbeziehungen mit den Vereinigten Staaten. "Ich glaube, das ist eine Chance, manche Dinge auch wieder ins Lot zu bringen, die sich in den letzten Jahren ungünstig entwickelt haben", sagte der Politiker dem Deutschlandfunk.

Fortschritte erwartet Altmaier vor allem in der Klimapolitik. Bidens Ankündigung, dem Pariser Klimaschutzabkommen wieder beizutreten, bedeute, es bestehe "jetzt wieder eine Chance und eine wirkliche Aussicht, dass wir im Klimaschutz gemeinsam vorangehen". Wenn sich die USA den Plänen von Europa und Japan anschlössen, bis 2050 klimaneutral zu werden, "dann wäre das etwas Gutes nicht nur für die Wirtschaft, sondern insbesondere für den Planeten", sagte Altmaier. Der amtierende US-Präsident Donald Trump hatte das Abkommen gekündigt.

Angesichts des Zollstreits zwischen den USA und der Europäischen Union erneuerte Altmaier das Angebot der Europäer zu einem breiten Industrie-Zollabkommen. Es gehe nicht um theoretische Zugeständnisse einer Seite. "Aber wenn die Hand ausgestreckt wird, wird sie auf eine ausgestreckte Hand auch in Europa treffen." Trumps Handelspolitik eines "America first" mit harten Zöllen habe sich "auch auf die Weltwirtschaft nicht positiv" ausgewirkt.

Es werde weiterhin Probleme in den bilateralen Handelsbeziehungen geben, "aber mit der Chance, gemeinsame Lösungen zu finden", sagte Altmaier. Mit Blick auf angekündigte Klagen Trumps gegen das Wahlergebnis sagte der Minister: "Wir werden vermutlich erst im Frühjahr wissen, in welche Richtung die Reise geht." Altmaier zeigte sich jedoch optimistisch und sagte, er erwarte "in der internationalen Zusammenarbeit eher eine Intensivierung, und zwar so, wie wir das als Europäer auch bereit sind mitzumachen". (dpa/apa/red)