Standort Österreich : Minister Leichtfried: Kein Grund für die Einführung der Lkw-Maut

Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) sieht keinen Grund für eine weitere Privatisierung der teilstaatlichen Österreichischen Post und der Telekom Austria. An der Post hält der Staat 52,85 und an der Telekom 28,42 Prozent, in der Vergangenheit hatten hochrangige ÖVP-Regierungsvertreter laut über eine weitere Privatisierung bis zur Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie nachgedacht.

Keinen momentanen Handlungsbedarf sieht der neue Minister, ein ausgewiesener Verkehrs- und EU-Fachmann, auch bei einer möglichen Einführung einer flächendeckenden Lkw-Maut. Diese war von mehreren Ländern, federführend war dabei Niederösterreich, bei der Landes-Verkehrsreferententagung Ende April abgelehnt worden.

Dissonanz unter den Ländern wegen der Lkw-Maut

Auch innerhalb einzelner Länderregierungen gibt es in dieser Frage Dissonanz. Es ist nun Sache der Länder hier die weitere Vorgehensweise festzulegen, so Leichtfried im Gespräch mit der Austria Presse Agentur. In Deutschland stehe jedenfalls eine Mautausdehnung an, das müsse man sich ansehen.

Beim großen Autorückruf im Zuge des VW-Abgasskandals will Leichtfried an der bisherigen Vorgangsweise festhalten, wonach nach den Vorgaben des europaweiten Zulassers, des deutschen Kraftfahrzeug-Bundesamtes, vorgegangen wird. Aber auf europäischer Ebene könne man nicht zur Tagesordnung übergehen, es müssten die Abgaswerte an die realen Fahrbedingungen angepasst werden.

Telekom Austria als Dienstleister in der Fläche

Beim Breitbandausbau will Leichtfried das Tempo erhöhen. "Breitband-Internet ist eine Basis-Infrastruktur und eine Voraussetzung für die Digitalisierung der Arbeitswelt", so Leichtfried mit Verweis auf die nächste industrielle Revolution, die Industrie 4.0.

Darauf angesprochen, dass die Mitbewerber der Telekom Austria fürchten, dass der teilstaatliche Konzern bei der Breitbandmilliarde bevorzugt wird, verwies der Minister auf das Spannungsfeld zwischen nötigem raschen Netzausbau und der teilweisen Monopolstellung der Telekom in ländlichen Regionen.

Kritik des "Proeuropäers" am fehlenden Subsidiaritätsprinzip

Der frühere langjährige Europaparlamentarier Leichtfried sieht sich als "Proeuropäer". In der Europa-Diskussion sollte man die jeweiligen Organe und ihre Politik auseinanderhalten. Die "inhaltlich falsche Politik", dass zuviel Wert aufs Sparen und zuwenig Wert aufs Investieren gelegt werde, beruhe eben auf gewählten politischen Mehrheiten. Kritisch sieht er auch die fehlende Balance: Die EU sollte sich um die großen Herausforderungen wie Außen-, Sicherheits- und Flüchtlingspolitik kümmern, aber sich nicht in Dinge einmischen, die eigentlich auf Ebene der Mitgliedsstaaten besser gelöst werden könnten. "Das Subsidiaritätsprinzip funktioniert eigentlich nicht."

Zuversichtlich sieht der SPÖ-Politiker die Zukunft der neuen auf SPÖ-Seite umgebildeten Regierung: Sie werde die ganze verbleibende Legislaturperiode bis 2018 nutzen. Verkehrspolitik sei aber sehr langfristige Politik und verfolge langfristige Ziele, wie ein flächendeckendes Tankstellennetz für Elektromobilität bis 2020 und die Fertigstellung der drei großen Baustellen Semmering-, Koralm- und Brennerbasistunnel. Dadurch werde die Südstrecke beschleunigt und modernisiert und auf das hohe Niveau der Westbahnstrecke gehoben. Der Baltisch-adriatische Korridor gehe wegen der Tunnel nicht an Österreich vorbei, sondern durch Österreich durch. (apa/red)