Energie : Milliardendeal mit Gazprom - OMV bietet Nordsee statt Österreich

Die OMV will dem russischen Gazprom-Konzern im Gegenzug für die OMV-Beteiligung an sibirischen Gasfeldern anbieten, sich seinerseits an der Ölförderung der OMV in der Nordsee zu beteiligen. INDUSTRIEMAGAZIN berichtete bereits mehrmals über die Beweggründe der OMV zu diesem Deal. Das Ausmaß der russischen Beteiligung an der dort tätigen OMV-Tochter wird von der Bewertung der OMV-Assets in der Nordsee abhängen - das soll in den nächsten Monaten geschehen.

Gazprom-Chef Alexej Miller rechnet mit dem Abschluss der Vereinbarung noch in diesem Jahr. Die Gefahr, dass der geplante Asset-Tausch noch scheitern könnte, sieht Miller nicht.

Gazprom will einen strategischen Partner für Erdöl

Warum eine Beteiligung an der relativ teuren Ölförderung in der Nordsee für die Russen attraktiv sein könnte, erschließt sich nicht auf den ersten Blick. "Für die Gazprom ist es ein Schritt in Richtung Öl", erklärte Seele. "Sie wollen einen strategischen Partner finden, der entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit ihnen zusammenarbeitet. Dabei hat er auch die Bedeutung des Nordstream-Projekts betont."

Für die OMV hätte der Einstieg der Russen den Vorteil, dass Gazprom auch einen Teil der in Norwegen notwendigen Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro übernehmen würde.

Es werden keine österreichischen OMV-Assets getauscht

Bereits vor dem Abflug nach St. Petersburg hat OMV-Chef Seele betont, dass über die Raffinerien in Schwechat, Burghausen und in Rumänien nicht verhandelt werden soll.

Jetzt wurde erstmals völlig klargestellt, dass Gazprom tatsächlich keine Vermögenswerte der OMV in Österreich bekommen soll. "Es wird keine Beteiligung der Gazprom an der OMV geben", betonte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in St. Petersburg vor österreichischen Journalisten. "Wir sind in den Vorgesprächen, auch mit Vertretern der Gazprom, übereingekommen, dass das aus industriepolitischer Sicht in Österreich derzeit nicht gewünscht ist, und wir sind bei unseren Partnern auf entsprechendes Verständnis gestoßen."

Spekulationen in den Medien bis hin zu "parlamentarischen Prozessen und politischen Zwischenrufen, die allesamt mehr als entbehrlich waren", hätten dem Unternehmen nicht genützt, sondern geschadet, so der Finanzminister weiter unter Verweis auf die massive Kritik im Vorfeld des Deals. Zu den prominenten Kritikern gehörte auch Brigitte Ederer, ehemalige Aufsichtsrätin der ÖIAG und heute Aufsichtsratschefin der ÖBB.

Ederer warnte Ende 2015 sogar vor einer möglichen Zerschlagung. Offen bleibt dabei die Frage, inwiefern genau diese anhaltende Kritik an den geheim geführten Verhandlungen und einem drohenden Ausverkauf von Teilen der OMV-Assets in Österreich eben das verhindert hat.

Der Schaden aufgrund dieser Zurufe sei groß, glaubt Schelling, "insbesondere, wenn man nicht nur die Frage des Aktienkurses anschaut, sondern auch die internationale Reputation, mischt sich hier die Politik wieder in operative Geschäfte ein, oder nicht?"

Arabischer Staatsfonds unterstützt den neuen Kurs

Auch der zweite Kernaktionär der OMV, die Staatsholding IPIC (International Petroleum Investment Company) ist in St. Petersburg durch Energieminister Suhail Mohamed al Mazrouei vertreten. Man habe ein gemeinsames Interesse daran, die OMV weiterzuentwickeln und hochprofitabel zu halten, sagte Schelling.

"Das ist im Interesse der Sicherheit der Versorgung, aber auch im Interesse der Eigentümerstruktur. Daher unterstützen sowohl die Vertreter Abu Dhabis als auch die Republik Österreich die neue Strategie, die von Dr. Seele entwickelt wurde, vollinhaltlich."

Eckdaten zum sibirischen Förderfeld Urengoj

Im sibirischen Urengoj wird sich die OMV mit knapp unter 25 Prozent an einer gemeinsamen Gas-Fördergesellschaft mit Gazprom beteiligen, die Produktion wird dann an Gazprom verkauft. Gefördert werden zu 70 Prozent Gas und zu 30 Prozent Gas-Kondensat.

Wichtig sei die Unterscheidung deshalb, weil man sich mit Gazprom darüber geeinigt habe, das Kondensat zu internationalen Rohölpreisen zu verkaufen, erklärte Seele. Das sei auch eine Absicherung gegen einen weiteren Gaspreis-Verfall, weil man nicht ausschließlich von Gas abhängig sei.

OMV hat zwei verschiedene Preise für Gas vereinbart

"Beim Gas haben wir zwei verschiedene Verpreisungen vereinbart. Eine Verpreisung ist für die Mengen im Inland, eine für das europäische Ausland." Über weitere Details habe man aber Stillschweigen vereinbart.

Seele - Risiko des Geschäfts hat nichts mit Russland zu tun

Den Einwand, dass die OMV mit dem Fokus auf Russland ein Risiko eingehe, weist Seele zurück. "Das ist die Natur unseres Geschäfts, das hat nichts mit Russland zu tun." So sei das Explorationsrisiko in Russland "für uns vernachlässigbar", denn es sei ja bereits bestätigt, dass Gasreserven vorhanden seien.

"Es ist in erster Linie ein Projekt, bei dem wir uns anschauen, was müssen wir investieren, um diese Reserven zu heben." Das Marktrisiko werde durch Mindestabnahme-Verpflichtungen minimiert.

Investition in Sibirien "unter einer Milliarde"

Das Investitionsvolumen in Sibirien sei für die OMV ebenfalls überschaubar, es liege "unter einer Milliarde, über einen Zeitraum, der über das Jahr 2020 hinweg geht". Die Due Diligence - also die Frage, wie viele Reserven tatsächlich gefördert werden können, wie das zeitliche Produktionsprofil aussieht und wie viel man investieren muss - sei großteils abgeschlossen. "Diese Fragen können wir zu 90 Prozent beantworten. Wenn wir 100 Prozent haben, sprechen wir mit dem Aufsichtsrat."

Bewertung der Ölfelder in der Nordsee dauert noch an

Was die Bewertung der OMV-Assets angeht, ist man noch nicht so weit. "Da muss ein vertiefter Datenraum weiter von den Gazprom-Kollegen studiert werden. Ich gehe davon aus, dass wir den Zeitplan bis zum Sommer dieses Jahres sicherlich halten können."

Neben dem Asset Swap wurde heute auch eine Vereinbarung über russische Rohöl-Lieferungen für die Raffinerie Schwechat unterzeichnet. Derzeit stammt etwa ein Zehntel des in Schwechat verarbeiteten Rohöls aus Russland - dieser Anteil könnte deutlich ausgebaut werden, "darum wollen wir auch einen Anschluss an die Druschba-Pipeline", sagte Seele. Derzeit fehlt dafür ein etwa 60 km langes Verbindungsstück durch die Slowakei, für das dort aber behördlichen Genehmigungen fehlen.

Insgesamt verarbeiten die OMV-Raffinerien pro Jahr 17,5 Mio. Tonnen Öl, rund 10 Mio. davon in Schwechat. 3,6 Mio. Tonnen Öl kauft die OMV von Kasachstan. In der Raffinerie in Rumänien werden 3,7 Mio. Tonnen eigenes Öl verarbeitet. Aus Russland bezog die OMV im vergangenen Jahr 1 Mio. Tonnen Öl, heuer sollen es 1,6 Mio. Tonnen werden.

(APA/red)