Digitalisierung : Miba, Test-Fuchs, Trumpf: Wie digitale Geschäftsmodelle Unternehmen umkrempeln

Das Ergebnis lässt sich sehen. Der Demonstrator 1 - erprobt in der Intralogistik des Logistikspezialisten Knapp - bringt Daten dorthin, wo sie künftig wichtiger werden: Zu Endgeräten wie Tablets, Smartwatches oder eben Datenbrillen, wie sie der steirische Logistiker als eine von mehreren Schlüsseltechnologien entlarvt hat. Nur noch wenige Tage, dann ist die Demo-Technologie noch mächtiger. Sie soll im Rahmen eines Projekts (ASSIST 4.0) um weitere Features ergänzt werden. Dass in der vernetzten Welt intelligente. digitale Assistenzsysteme auf dem Vormarsch sind, kann Peter Stelzer nur bejahen. Er ist Leiter des Business Centers Vision bei Knapp und als solcher vertraut mit der disruptiven Wucht neuer Geschäftsmodelle, die Technologien hervorbringen: "Sie bringen eine völlig neue Form des Wissensmanagements zum Suchen, Konsumieren und Bewerten von Informationen", sagt er.

Umbruch auf allen Ebenen

Von der Produktentwicklung bis zur Fertigung smarter Produkte: Die Digitalisierung krempelt ganze Fertigungszweige um. Betroffen von den Umbrüchen: die ganze Lieferkette. Vom Großkonzern bis zum Mittelständler wird an neuen Geschäftsmodellen, die sich die Stärken digitaler Konzepte zunutze machen, gefeilt. Klassische Maschinenbauer haben sich längst transformiert. Der Stanz-, Biege- und Lasermaschinenhersteller Trumpf ist ein Paradebeispiel. Vier Kilometer vom Stammsitz in Ditzingen enternt liegt das Werk Gerlingen, in dem rund 100 Mitarbeiter Stanzwerkzeuge - allesamt Unikate - für Kunden herstellt. Geschwindigkeit war im Werk immer eine nicht vernachlässigbare Größe. Mit der stärkeren Digitalisierung sparen die Deutchen nun noch mehr Zeit und Ressourcen: Die vier vollautomatischen Bearbeitungsmaschinen werden von Mitarbeitern vor Ort zwar noch bedient, überwacht und gewartet. Für ihre Beschickung sind allerdings bereits die Trumpf-Kunden zuständig: Nachdem sich der Kunde über das Kundenportal ("myTRUMPF") eingeloggt hat, kann er selbst die Konfiguration eines benötigten Stanzwerkzeugs eingeben. "Daraufhin entscheidet das Shop-System autonom, welche Maschine den Auftrag übernimmt und nach welcher Priorität dieser abzuarbeiten ist", heißt es bem Maschinenbauer. Markiert dies also den Aufbruch in ein Zeitalter, in dem neben Maschinen Fertigungskapazitäten stärker zum Produkt werden? "Es gibt natürlich Gedankenspiele", heißt es dazu bei Trumpf. Schon im Vorjahr gab Peter Leibinger, Stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung bei Trumpf zu Protokoll, dass sich das Geschätsmodell der Deutschen erweitern müsse. "Wenn wir für bessere Auslastung sorgen und so etwas wie Machine Sharing fördern, werden unter dem Strich weniger Trumpf-Maschinen für das gleiche Ergebnis gebraucht", sagte er den Stuttgarter Nachrichten. Man könne, wenn die richtigen Daten zusammenfließen, eine optimale Steuerung der Aufträge gleich mit verkaufen. Conclusio: Man werde weiter "als Hauptgeschäft Maschinen entwickeln und verkaufen, aber nicht ausschließlich", so Leibinger.

Transformation in Etappen

"Rasch ins Tun zu kommen, ohne auf der Metaebene mit zig Studien wertvolle Zeit liegen zu lassen". Dies erachtet Michael Schilling, Produktionsleiter des Prüfgeräteherstellers Test-Fuchs für wesentlich im Umgang mit den Möglichkeiten dieser Zeit. Kürzlich habe das Unternehmen ein internes Projekt aufgesetzt, das in exakt diese Kerbe schlägt: Nach der Digitalisierung des Werkzeugkreislaufs in der zerspanenden Fertigung wollen die Niederösterreicher nun etwa auch den Elektroanlagenbau und die Kabelkonfektionierung schrittweise in der virtuellen Welt abbilden. Die Prioritäten sind dabei klar: "Es geht uns nicht um den Riesenwurf, sondern vielmehr darum, mit vielen kleinen Projekten sinnvolle Kapazitäten in der digitalen Welt aufzubauen", sagt Schilling. Deutlich verkürzte Lieferzeiten erwarten unsere Kunden von uns. Mit durchgängigen Datenstrukturen und umgesetzten Lösungen versuchen wir in der Produktion unseren Beitrag in der Wertschöpfungskette zu leisten. Mitbewerber beobachte das Unternehmen mit der seit jeher gebotenen Wachsamkeit eines Mittelständlers, der an Großkonzerne liefert: "Natürlich entgeht es uns nicht, wenn Rolls-Royce und Microsoft eine Allianz zur „advanced operational intelligence to airlines“ ankündigt, so Schilling. Dass man künftig anstrebt, noch näher in den Entwicklungsprozess des Kunden eingebunden zu sein, ist für Schilling klar. Sein privates Engagement mit einem Start-up-Unternehmen ist im Lichte der disruptiven Zeiten nur konsequent: Der Wandel, den die Digitalisierung treibt, macht auch vor Produktionsleitern nicht halt.

Digital Tools als Aktivierungsprozess.

"Wenn ich einen Vortrag halte, dann thematisiert dieser meist den Mensch in der Produktion": Die Rolle der Mitarbeiter im Innovationsprozess ist ein Thema, mit dem sich Manfred Tscheligi nicht erst seit gerstern ausgiebig befasst. Der Gruppenleiter Technology Experience der Abteilung Innovation Systems am Forschungsinstitut AIT untersucht soziotechnische Zusammenhänge. Dabei gehe es auch um die Arbeitsplätze der Zukunft, aber nicht nur: Allgemeiner um optimal austarierte Gesamtsysteme der Wertschöpfung. Auch die Frage nach Stressfaktoren würden untersucht. Die Digitalisierung nimmt er als für Unternehmen lohnenden "Aktivierungsprozess" wahr: "Wenn ein Betrieb dadurch flexibler wird oder es schafft, den Kunden früher bei der Produktgestaltung mitdenken zu lassen, ist das sicherlich ein Erfolg", sagt Tscheligi.

Vorstands-Thema

"Ganz oben" - nämlich beim Vorstandsvorsitzenden Peter F. Mitterbauer - ist das Thema Digitalisierung beim Technologiekonzern Miba aufgehoben. "Wir diskutieren es wirklich täglich", hört man von Mitarbeitern. Die ausgegebene Strategie lautet so etwa, die Vernetzung in der Produktion und in der Produktentwicklung zu treiben. Aber "nicht in Riesenprojekten, die erst nach fünf Jahren evaluiert werden, sondern in Form vieler einzelnerMaßnahmen der Transformation", schildert Roland Hintringer, Vice President Innovation & Technology bei Miba. Es ist ein sehr pragmatischer Ansatz, den die Laakirchener verfolgen - und zwar in allenAnwendungsbereichen wie zB. den Nutzfahrzeugen, Baumaschinen und dem PKW-Bereich. Ein Ziel: Das "frühzeitige Kreieren von Werten" im Rahmen gemeinsamen Entwicklungsprojekte mit den Kunden - Software vermag hier ihren Beitrag zu leisten: "Durch intelligente Sensorik und Big Data zur Zustandsüberwachung von Reibbelägen wollen wir als Technologieführer natürlich zeigen, was technologisch machbar ist", so Hintringer.