Metallindustrie : Metaller-KV mitten in der Coronakrise: "Nullrunde kommt nicht in Frage"

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Die Metalltechnische Industrie erwartet aufgrund der Coronakrise heuer den größten Produktionseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Beim Start der Metaller-KV-Verhandlungen am 24. September wollen die Arbeitgeber über eine Verschiebung diskutieren. Die Gewerkschaft fordert hingegen einen raschen Abschluss mit "nachhaltigen Lohn- und Gehaltserhöhungen".

Fachverband für Verschiebung der Gespräche

"Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es am sinnvollsten, die Lohnverhandlungen in das nächste Jahr zu verschieben", sagte der Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie (FMTI), Christian Knill, bei einer Pressekonferenz in Wien. "Wir sind in einer absoluten Ausnahmesituation und müssen gemeinsam aus dieser Krise finden", so der FMTI-Obmann. Es gebe "heuer nichts zu verteilen, nur Sorgen". Knill verwies auf Deutschland, wo die Tarifgespräche in der Metall- und Elektrobranche wegen der Coronapandemie heuer unterbrochen wurden. In Österreich wurden die Metaller-KV-Verhandlungen bisher noch nie verschoben.

Auftakt am 24. September angesetzt

Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp wollen beim Start der Metaller-KV-Verhandlungen am 24. September mit einem coronabedingt verkleinerten Verhandlungsteam das Forderungsprogramm überreichen und damit die Herbstlohnrunde einläuten. "Aufgrund der Wirtschaftskrise geht es heuer vor allem um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Für einen raschen Kollektivvertragsabschluss sind aber nachhaltige Lohn- und Gehaltserhöhungen notwendig, um die Kaufkraft der Menschen zu sichern", so die beiden gewerkschaftlichen Chefverhandler, Rainer Wimmer (PRO-GE) und Karl Dürtscher (GPA-djp), in einer Aussendung.

"Eine Nulllohnrunde kommt nicht in Frage"

Die Gewerkschaft will keine Verschiebung oder Aussetzung der KV-Verhandlungen akzeptieren. "Eine Nulllohnrunde kommt nicht in Frage. Das wäre in der jetzigen Situation das Schlechteste für die wirtschaftliche Entwicklung", hieß es von den beiden Arbeitnehmervertretern. "Faire Lohn- und Gehaltserhöhungen sind das beste Mittel, um die Kaufkraft zu sichern und eine gesamtwirtschaftliche Abwärtsspirale zu verhindern". Die Gewerkschafter verwiesen auf "die guten Erfahrungen mit den Kollektivvertragsabschlüssen in der letzten Wirtschaftskrise".

Die Coronakrise lässt die Produktion der Metalltechnischen Industrie heuer voraussichtlich um ein Fünftel einbrechen und trifft die Unternehmen stärker als die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09. "Die Corona-Krise wirft unsere Branche um mehr als 10 Jahre zurück. Derzeit erwarten wir für 2021 ein Produktionsniveau, das wir im Jahr 2010 hatten", sagte Knill. Man werde drei bis vier Jahre brauchen, "um wieder auf das Niveau von 2019 zu kommen, so es keine weiter Krise gibt".

Knill: Auf Betriebe kommen große Probleme zu

Die Corona-Kurzarbeit hat den krisenbedingten Beschäftigungsabbau in der Metalltechnischen Industrie verlangsamt, bis Mai sank die Beschäftigung aber bereits um 4,1 Prozent. Arbeitgeber-Vertreter Knill rechnet "für die nächsten Monate und Jahre mit großen Problemen für die Betriebe und in Folge auch für die Arbeitsplätze". Aktuell nutzen 50 Prozent der Unternehmen der Metalltechnischen Industrie die Corona-Kurzarbeit, rund 42.000 Beschäftigte sind davon betroffen.

Der Arbeitgebervertreter appellierte an die Regierung, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Es brauche unter anderem eine Senkung der Lohnnebenkosten, um "Zuversicht zu schaffen". Aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen gebe es "keinerlei Spielräume für KV-Erhöhungen" oder Änderungen im Rahmenrecht, so Knill.

Plus 2,7 Prozent im Vorjahr

Im vergangenen Oktober einigten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter in der fünften Verhandlungsrunde noch auf ein Lohn- und Gehaltsplus von im Schnitt 2,7 Prozent. Die Unternehmen der Metalltechnischen Industrie beschäftigen derzeit rund 134.000 Menschen und erwirtschafteten 2019 einen Produktionswert von knapp 40 Mrd. Euro. Zur Metalltechnischen Industrie in Österreich gehören insgesamt rund 1.200 Unternehmen aus den Bereichen Maschinenbau, Anlagenbau, Stahlbau, Metallwaren und Gießerei.

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Zu den größten Firmen der Branche zählen unter anderem der Anlagenbauer und Technologiekonzern Andritz, der Seilbahnhersteller Doppelmayr, der Beschlägehersteller Julius Blum und der Kranhersteller Palfinger. Die Unternehmen sind stark exportorientiert: Die Metalltechnische Industrie hatte zuletzt einen Exportanteil am gesamten österreichischen Außenhandel von rund einem Viertel. Einige Betriebe sind Weltmarktführer und "Hidden Champions". (apa/red)