Hintergrund : Megaprojekt zwischen Europa und Asien: Die wichtigsten Eckdaten zur Neuen Seidenstraße

China finanziert im Rahmen der Initiative "Neue Seidenstraße" (Belt and Road) Großprojekte im Transportbereich in Asien, Europa, Afrika und bald wohl auch Lateinamerika. Eine offizielle Liste aller Projekte gibt es nicht, es sind aber vor allem Häfen, Bahn- und Straßenverbindungen sowie Pipelines, die von China Geld bekommen - und dann von chinesischen Firmen gebaut werden.

50 Milliarden Euro zur Verfügung

Hauptgeldquellen sind der Seidenstraßenfonds (New Silk Road Fund) und die Asiatische Infrastrukturinvestitionsbank (AIIB). Der Seidenstraßenfonds hat rund 50 Mrd. Euro zur Verfügung und investiert sein Geld in Beteiligungen. Davon wurden von Chinas Staatschef Xi Jinping 40 Mrd. Dollar (35 Mrd. Euro) bei der Gründung 2014 und weitere 100 Mrd. Renminbi (13 Mrd. Euro) bei einer Aufstockung 2017 zugesagt. Die AIIB wiederum ist eine multilaterale Investitionsbank mit knapp 100 Mrd. Dollar Kapital und vergibt langfristige Kredite, an ihr ist auch Österreich mit 500 Mio. Dollar Kapital beteiligt.

Die China Development Bank und die Export-Import-Bank, zwei weitere chinesische Investoren, vergeben Spezialkredite für Infrastrukturprojekte. Hier ist von umgerechnet knapp 50 Mrd. Euro Umfang die Rede. Xi hat aber auch die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) um Finanzierungs-Mithilfe gebeten. Darüber hinaus gibt es zahlreiche bilaterale Finanzabkommen und Kreditvereinbarungen, um Infrastrukturprojekte voranzutreiben.

Nach Angaben der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua hat China bisher 171 Kooperationsvereinbarungen mit über 150 Staaten im Rahmen des Seidenstraßenprojekts unterzeichnet. 82 Sonderwirtschaftszonen sind außerhalb Chinas entstanden, in die über 30 Mrd. Dollar investiert wurden. Elf chinesische Banken haben inzwischen Filialen in Ländern der Seidenstraße eröffnet. Nebenbei wurden auch Kulturabkommen mit mehr als 60 Staaten unterzeichnet und 17 Kulturzentren eröffnet. >> Lesen Sie dazu auch: Neue Seidenstraße: China sieht sich absolut als Chef

Sehr vielfältig sind die Projekte, die mit dem Geld vorangetrieben werden. Ein paar Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Pakistan-China-Korridor

Eine direkte Verbindung zwischen dem Hafen Gwadar und der chinesischen Stadt Kashgar soll die Transportdistanz für Öl aus dem Nahen Osten von 12.000 km auf unter 2.400 km verringern. Die Kosten für den Aufbau des Korridors sollen sich auf 45 Mrd. Dollar (40 Mrd. Euro) belaufen, das ist rund ein Fünftel des pakistanischen BIP und etwa das Zehnfache der US-amerikanischen Investitionen in dem Land. Das Vorzeigeprojekt soll 2030 fertiggestellt werden. Bisher wurden nach Angaben des chinesischen Botschafters in Pakistan, Yao Jing, 19 Mrd. Dollar investiert, davon 13 Mrd. Dollar als Kredite von chinesischen Geschäftsbanken und 6 Mrd. Dollar von chinesischen Energiefirmen. Für das von Ölimporten abhängige China geht es darum, für das Öl eine Alternative zum Transport am Seeweg durch die strategisch heikle Straße von Malakka aufzubauen.

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Von Zentralasien nach China

Eine neue Pipeline führt vom Kaspischen Meer in Kasachstan nach China, seit Ende 2014 ist eine neue Pipeline zwischen Turkmenistan und China im Bau (1.800 km), die jährlich ca. 40 Mrd Kubikmeter Gas nach China transportieren soll. In Korgas in Kasachstan entsteht mit chinesischem Geld eine Anlage, um das effiziente Umfrachten von chinesischen auf kasachische Züge zu ermöglichen.

Malaysia

Mit chinesischem Geld sollen chinesische Staatsfirmen eine Bahnverbindung um 20 Mrd. US-Dollar und zwei Pipelines im Wert von 2,3 Mrd. Dollar bauen. 2018 stoppte Malaysia die Vorhaben und warf China einen neuen Kolonialismus vor. Mitte April kündigte Malaysia aber an, doch mit chinesischem Geld eine abgespeckte Bahnverbindung um immer noch 10 Mrd. Dollar zu bauen. Im Gegenzug soll mehr Palmöl nach China geliefert werden.

Hafen von Piräus in Griechenland

Der Transportkonzern Cosco aus China hat schon 2008 51 Prozent des Containerhafens von Piräus für 40 Jahre gepachtet und 2016 einen Mehrheitsanteil an der griechischen Betreibergesellschaft PPA erworben. Hier soll der größte Containerhafen des Mittelmeeres entstehen. Investiert wurden 1,2 Mrd. Euro.

Balkan

Neubau der Eisenbahn zwischen Belgrad und Budapest mit einem Auftragswert von 3,7 Milliarden Euro.

Afrika

In Sambia, Äthiopien, Gabun, Kamerun und Ghana sind mit chinesischer Hilfe Staudämme entstanden. In Kenia, Nigeria, Äthiopien, Tansania, Angola und Marokko haben die Chinesen wichtige Bahnlinien und tausende Kilometer Straßen gebaut, Krankenhäuser und Regierungsgebäude errichtet. In Angola entsteht eine neue Stadt, die fast neun Quadratkilometer große Nova Cidade de Kilamba. In Südafrika will die Shanghai Zendai Group mit rund 8 Mrd. US-Dollar in der Nähe der Wirtschaftsmetropole Johannesburg ein "New York von Afrika" bauen. Seit 2017 unterhält China bereits seinen ersten Marinestützpunkt im Ausland in Dschibuti am Horn von Afrika.

Lateinamerika

China hat mehreren Staaten Südamerikas in den vergangenen Jahrzehnten schon mehrere Milliarden Dollar geliehen. Venezuela erhielt 62 Milliarden Dollar (55 Milliarden Euro), Brasilien 42 Milliarden, Argentinien 18 Milliarden und Ecuador 17 Milliarden Dollar. Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador erklärte kürzlich, sein Land erwäge auch, sich der Neuen Seidenstraße anzuschließen. Damit würde das Projekt bis an die Grenze der USA heranreichen. In der Karibik stimmte im vergangenen Mai Trinidad und Tobago einer Beteiligung zu. Im September wurde der Vertrag für den Bau eines Trockendocks an ein chinesisches Staatsunternehmen vergeben.

Zentralasien

Die Idee einer wiederbelebten Seidenstraße ist nicht neu. In den 1990er Jahren hatte die EU bereits ein Projekt initiiert, welches sich auf die historische Seidenstraße bezog. TRACECA wurde 1993 durch die EU, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan gegründet. TRACECA steht für "Transport Corridor Europe-Caucasus-Asia" ("Verkehrskorridor Europa-Kaukasus-Asien") und bezeichnet sich selber heute noch als "Seidenstraße des 21 Jahrhunderts". Als Mitglieder dazugekommen sind inzwischen Bulgarien, Iran, Moldawien, Rumänien, Türkei und Ukraine.

2011 taufte Hillary Clinton ein Hilfsprogramm der Vereinigten Staaten für Afghanistan auf den Namen "New Silk Road Initiative", welches später auf Zentral- und Südasien ausgedehnt wurde. (apa/red)