Postgraduale Studiengänge : MBA-Ranking 2012: Die Top-Anbieter postgradualer Studien

MBA 2012
© Gernot Reisigl

Man kann freie Zeit auch lustiger verbringen. „Als ich am Flughafen von Shanghai wieder einmal mit meinen Lehrbüchern gesessen bin, da habe ich mich schon gefragt, was ich hier eigentlich mache“, erinnert sich Tobias Német. „Der Arbeitsaufwand ist extrem hoch. Ich habe das zu Beginn definitiv unterschätzt.“Wer, wie der Chef der Wiener ROI Management Consulting, neben einem Fulltime-Job nahezu die gesamte Freizeit – und mehrere zehntausend Euro – in postgraduale Fortbildung investiert, erwartet eine adäquate Gegenleistung. Executive-MBA-Studiengänge (EMBAs) versprechen diese gleich mehrfach. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Teilnehmer von drei Faktoren profitieren“, sagt Wolfgang Güttel, der Dekan der LIMAK Austrian Business School in Linz. „Erstens entwickeln sie sich in der Tat inhaltlich weiter und bekommen durch die Vortragenden einen Zugang zu neuesten Erkenntnissen der Managementforschung. Zweitens schärfen sie ihre General Management Skills, indem sie vor allem ihre Rolle als Top-Führungskraft reflektieren. Und drittens profitieren die Teilnehmer vom existierenden Alumni-Netzwerk.“ Bestätigung der Vorjahreswerte.Die Nachfrage nach Executive-MBA-Studiengängen steigt stark – wie auch das Interesse an der alljährlichen MBA-Umfrage des INDUSTRIEMAGAZIN. Nicht nur das Leserecho auf unsere Veröffentlichungen, sondern auch die Teilnahmerate an unserer Umfrage: Bei 3000 befragten Personen (im Vorjahr rund 5000) verzeichneten wir einen Rücklauf von 394 Teilnehmern. Das Ergebnis ist eine Bestätigung der Vorjahreswerte: Wie 2011 belegen die Studiengänge der WU Wien, der Donau-Universität Krems, der Montanuniversität Leoben sowie der LIMAK Austrian Business School die Ränge eins bis vier (alle Wertungen: hier, Fotostrecke: hier). Die WU Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien kann damit ihren Spitzenplatz vom Vorjahr souverän verteidigen. Und wieder dominieren jene Anbieter, die einen universitären Background haben. „Marktdifferenzierung“. Bodo Schlegelmilch, Dekan der WU Wien und Leiter des Ranking-Gewinners WU Executive Academy, versteht das Resultat als Bestätigung. „Unsere Studiengänge sind sehr ausgelastet. Wir müssen immer wieder gute Leute – trotz Interventionen seitens verschiedener Vorstände – ablehnen.“ Was für Führungskräfte gilt – steigender Wettbewerb – gelte analog für die Ausbildungen: „Es gibt im Angebot eine riesige Spanne, insgesamt gehen wir von 8.000 bis 12.000 Anbietern weltweit aus, wobei die Definition, was man dazu zählen soll, schwierig ist. Es gibt ja auch eine Reihe so genannter ,Wochenend-EMBAs´, deren Wert natürlich sehr zu hinterfragen ist. Es gibt, das muss man so sagen, auch viel Schrott am Markt.“ Gleichzeitig sieht Schlegelmilch die Nachfrage nach guten Programmen „deutlich im Steigen. Es kommt zu einer vermehrten Marktdifferenzierung.“

Differenzierung, die laut Doris Burger vom Department für Wirtschafts- und Managementwissenschaften der Donau-Universität Krems ein „Set an Kriterien verlangt, das entscheidend ist, um im europäischen Kontext erfolgreich zu sein“. Neben State-of-the-art General-Management-Inhalten, einem intensiven Wissens- und Erfahrungstransfer zwischen Vortragenden und führungserfahrenen Studierenden sowie exzellenter Faculty gehe es auch um die Auswahl erstklassiger Partneruniversitäten, eine modulare Lehrgangsstruktur, die Verschränkung von theoretischem, praktischem und sozialem Wissen sowie „weiche“ Faktoren wie persönliche Betreuung der Studierenden, möglichst kleine Gruppen oder auch das Angebot eines Campus. Fachwissen, persönliche Skills, Netzwerk Befragt nach dem generellen Nutzen eines Executive MBA, nennen die Teilnehmer der diesjährigen INDUSTRIEMAGAZIN-MBA-Umfrage Motive, die sich mit der Einschätzung durch Wolfgang Güttel decken: Fachliche Weiterbildung, die Entwicklung persönlicher Skills sowie der Aufbau eines Netzwerks liegen ungefähr gleichauf.Managementberater Tobias Német, der eine technische Ausbildung absolvierte, hatte irgendwann das Gefühl, „inhaltlich anzustehen. Vor allem die Themen BWL und Marketing waren zuvor relativ zu kurz gekommen, und ich wollte diese Lücken schließen.“Für die Pharmazeutin Alexandra Gruber, heute VP Business Development and Marketing bei Biocrates Life Sciences, ging es vor allem darum, Lücken im BWL-Bereich zu schließen. „Außerdem war meine Arbeit bis dahin sehr österreichlastig, und ich wollte verstärkt international arbeiten. Auch deshalb war mein Ziel, mich im strategisch-analytischen Bereich weiterzuentwickeln; das hat sich stark ausgezahlt und liegt mir auch sehr.“Beide Absolventen betonen den Wert der Interdisziplinarität. „Natürlich setzt man sich einerseits ganz konventionell in die Klasse und lernt von den Vortragenden“, sagt Tobias Német, „aber ebenso viel lernt man von den Kollegen aus anderen Fachbereichen.“ Die Interdisziplinarität wird von den Anbietern ebenso bewusst gesteuert wie die Internationalität der Teilnehmer. Bodo Schlegelmilch: „Die Komposition der Klasse ist durchaus entscheidend, eine gewisse Internationalität ist hier ebenso förderlich wie bei den Vortragenden. Wir entscheiden uns im Zweifelsfall eher für einen Teilnehmer aus einem ,exotischen´ Land als für einen weiteren IT-Spezialisten aus Österreich.“

Karriere-Boost? Bei der Frage, welche konkreten Folgen ein Executive MBA für den Karriereverlauf hat, ergibt die Umfrage des INDUSTRIEMAGAZIN ein uneinheitliches Bild. Rund die Hälfte der Befragten meint, das Zeugnis verhelfe zu Gehaltssteigerungen, viele sagen jedoch, dieser Effekt sei nicht konkret messbar. Der MBA berge aber die Chance, „gläserne Gehaltsdecken“ zu durchbrechen.Auch Sprünge in der Hierarchie sind kein Automatismus – erleichtert werden sie aber offenbar. „Man darf nicht erwarten, dass ein EMBA von heute auf morgen Auswirkungen auf die Karriere hat“, sagt Alexandra Gruber, „vor allem achten die Unternehmen durchaus immer stärker darauf, welcher Ausbildung man den Titel eigentlich verdankt.“LIMAK-Dekan Wolfgang Güttel sieht das ebenso: „Als positiver Nebeneffekt zeigt sich, dass Executive-MBA-Absolventen für Top-Positionen geadelt werden und in ihren Unternehmen für Vorstandspositionen in Betracht gezogen werden beziehungsweise diese erreichen. Nicht der Titel selbst macht den Unterschied, sondern das Wissen im Unternehmen, dass die Qualität der Inhalte, die Intensität der Betreuung und der Austausch zwischen den Teilnehmern eine exzellente Grundlage für die Ausübung von General-Management-Positionen bieten. Wichtig ist daher die Reputation der Business School und weniger der Titel, der irgendwo erworben wird.“Konkreter wird Tobias Német: Seine derzeitige Position habe er definitiv aufgrund des EMBA bekommen, und sein Gehalt habe sich infolge der Ausbildung „sehr deutlich“ verbessert. „Ich glaube, dass ein Executive MBA für einen Arbeitgeber auch ein ganz generelles Signal ist: Hier will sich ein Mitarbeiter weiterentwickeln – und kann es auch.“ Haltbare Verbindung Zur Image-Dimension einer Ausbildung trägt nicht zuletzt das Alumni-Netzwerk bei. „Innerhalb der Klasse entsteht ein unglaublich haltbares Netzwerk, auch zu Menschen, die in anderen Ländern leben und arbeiten“, erzählt Tobias Német. Die großen Anbieter binden die „Ehemaligen“ durchaus intensiv ein. Im Falle der WU Executive Academy etwa geht das so weit, dass die Alumnis in den Auswahlprozess der Kandidaten involviert sind. „Durch das Halten der Qualität des Programms schützen sie ja nicht zuletzt ihre eigene Investition“, sagt Bodo Schlegelmilch.„Wir binden unsere Alumnis sehr intensiv in die bestehenden Kurse ein und offerieren ihnen und den aktuellen Teilnehmern auch die Partizipation an laufenden Veranstaltungen“, erzählt Wolfgang Güttel. „Die Einbindung in die Kurse erfolgt durch Kamingespräche am Abend und über Veranstaltungen zu besonderen Themen.“Was die Kommunikation mit internationalen Ex-Mitschülern deutlich erleichtert, bezeichnet Tobias Német als „nettes Benefit“ des Executive MBA: „Ich habe in dieser Zeit mein Englisch extrem aufpoliert. Sie glauben gar nicht, wie schnell man beginnt, sogar auf Englisch zu denken." Bernhard Fragner